Familienrecht -

Anforderungen an die Geltendmachung von Betreuungsunterhalt

OLG Celle, Beschl. v. 12.05.2011 – 10 WF 135/11

Für eine Geltendmachung von Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB für die Vergangenheit kann sich der Antragsteller nicht auf einen diesbezüglichen Hinweis des Jugendamts in einem Schreiben an den auf Auskunft in Anspruch genommenen Vater berufen.

Darum geht es:

Unterhaltsrückstände können nur unter bestimmten – strengen – Voraussetzungen gerichtlich durchgesetzt werden. Wenn der Unterhaltsberechtigte – oder sein Anwalt – dabei Fehler macht, gerät der Unterhaltspflichtige nicht in Verzug, und der Rückstand ist – unter Umständen für einen längeren Zeitraum – unrettbar verloren. Auch im Hinblick auf eine begehrte Verfahrenskostenhilfe kann es riskant sein, Rückstände erst auflaufen zu lassen und mit der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs zu lange zu warten.

Im entschiedenen Fall hat das seinerzeit als Beistand eines minderjährigen Kindes tätige Jugendamt den Vater ausdrücklich zur Auskunftserteilung aufgefordert, um den – bereits damals dem Grunde nach – unstreitigen und in Höhe von monatlich 220 € laufend erbrachten Kindesunterhalt zu berechnen. Weiter heißt es in diesem Schreiben, die – namentlich bezeichnete – Antragstellerin „möchte auch ihren Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB geltend machen. Wir werden daher die Höhe des Anspruchs mit errechnen und Ihnen mitteilen.“

Die Antragstellerin scheitert jedoch mit dem Versuch, Verfahrenskostenhilfe für die Geltendmachung des rückständigen Betreuungsunterhalts zu erhalten.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Zum einen lehnt das OLG den Eintritt des Verzugs ab. Für eine Geltendmachung des rückständigen Betreuungsunterhalts könne sich die Antragstellerin nicht auf das Schreiben des Jugendamtes stützen. Die darin enthaltene Aufforderung zur Auskunftserteilung habe sich ausschließlich auf den Kindesunterhalt bezogen. Der bloße Hinweis darauf, auch die Antragstellerin wolle ihren Anspruch auf Betreuungsunterhalt geltend machen und das Jugendamt werde dessen Höhe berechnen und mitteilen, enthalte inhaltlich keine weitere Aufforderung zur Auskunftserteilung zum Zwecke der Ermittlung von Betreuungsunterhalt.

Daher sei er auch nicht dazu geeignet, das zuvor in dem Schreiben ausdrücklich allein auf die Ermittlung des Kindesunterhalts gerichtete Auskunftsbegehren um ein solches auf die Geltendmachung von Betreuungsunterhalt zu erweitern. Und schließlich stelle er keine Aufforderung an den Antragsgegner dar, den Betreuungsunterhalt konkret zu leisten.

Auch aus einem anderen Grund verweigert das OLG der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für die Geltendmachung des erheblichen rückständigen Betreuungsunterhalts. Es sei mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, wenn der Berechtigte ohne nachvollziehbaren Grund nicht zeitnah nach einem Auskunfts- oder Zahlungsverlangen einen verfahrenseinleitenden Antrag bei Gericht stellt und aufgrund der Werterhöhung gem. § 51 Abs. 2 FamGKG durch die aufgelaufenen Rückstände erhebliche Mehrkosten entstehen (OLG Celle, Beschl. v. 05.07.2010, 10 WF 209/10, FamRZ 2011, 50).

Hinsichtlich des laufenden Unterhalts verweist das OLG auf die Rechtsprechung des BGH zum Betreuungsunterhalt und die erforderlichen Darlegungen der betreuenden Mutter (BGH, Urt. v. 13.01.2010 – XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444). Hier fehle es an einer ausreichenden Darlegung der Antragstellerin zu kind- oder elternbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus. Auch die Antragstellerin gehe davon aus, dass derartige Gründe derzeit nicht ersichtlich oder feststellbar sind. Daher sei der Betreuungsunterhalt zum dritten Geburtstag des Kindes zu befristen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die Auskunftsaufforderung, die gem. § 1613 BGB zum Verzug führen soll, muss ausreichend konkret sein und den geltend gemachten Unterhaltsanspruch (Kindesunterhalt oder Ehegattenunterhalt) genau bezeichnen. Die gesetzliche Warnfunktion des Verzugs erfordert strenge Maßstäbe. Der Unterhaltspflichtige soll genau wissen, für welche Personen und auf welche Ansprüche er ab wann möglicherweise zahlen muss, damit er entsprechende Vorkehrungen treffen kann und nicht später unvorhersehbaren Nachforderungen ausgesetzt ist.

Quelle: Weiterer aufsichtführender Richter am AG Dr. Wolfram Viefhues - vom 02.08.11