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Vorsicht bei Fehlern in der Steuersoftware!

Benutzt ein Steuerpflichtiger für die Erstellung seiner Steuererklärung eine Steuersoftware, gehen etwaige Programmfehler oder eine unübersichtliche Menü- und Hilfeführung der Software zu seinen Lasten. Eine Änderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel zugunsten des Steuerpflichtigen kommt deshalb nicht in Betracht. Denn nach einem aktuellen Urteil des FG Rheinland-Pfalz müssen sich Steuerpflichtige solche Softwarefehler wie ein Verschulden eines steuerlichen Beraters zurechnen lassen.

Ein bestandskräftiger Steuerbescheid kann geändert werden, wenn nachträglich neue Tatsachen bekannt werden. Führen diese aber zu einer niedrigeren Steuer und trifft den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden am Fehlen der Eintragung, ist eine Änderung ausgeschlossen. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach langjähriger Rechtsprechung des BFH vor, wenn der Steuerpflichtige es unterlässt, die in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung enthaltenen Erläuterungen zu beachten. Dieser Grundsatz wirkt sich nicht nur bei Formularen in Papierform aus, sondern auch bei der Verwendung einer Steuersoftware.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Vater seine Einkommensteuererklärung unter Verwendung einer handelsüblichen Steuersoftware erstellt und sie dann elektronisch an das Finanzamt übermittelt. Nach Bestandskraft des Steuerbescheids beantragte er eine Änderung zu seinen Gunsten, indem er in der Erklärung nicht angegebene Kinderbetreuungskosten nachreichte. Er erklärte, ihm sei damals aufgrund der verwirrenden Vorschriften nicht bewusst gewesen, dass er die Betreuungskosten hätte geltend machen können. Seine Steuersoftware habe das Formular nicht automatisch angezeigt, weil das Programm durch ein eigenes Menü führt.

Nach Ansicht des FG liegt in einem solchen Fall grobes Verschulden vor, das eine Berichtigung der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten als nachträgliche neue Tatsachen ausschließt. Im amtlichen Steuererklärungsformular wird ausdrücklich nach Kinderbetreuungskosten gefragt, und in der dazugehörigen Anleitung werden weitere Einzelheiten erläutert.

Der Vater kann sich auch nicht darauf berufen, die von ihm verwendete Steuersoftware habe wegen einer anderen Menüführung – abweichend von den Eingabemöglichkeiten in ElsterFormular – keine Frage nach Kinderbetreuungskosten angezeigt Denn ein Steuerpflichtiger muss auch ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung vertreten. Diese Grundsätze gelten auch, wenn er zur Anfertigung eine andere als die amtlich bereitgestellte Steuersoftware verwendet. Verfügt dieses Programm nicht über den Funktionsumfang der amtlich bereitgestellten Elster-Software, so trägt er das Risiko einer fehlenden Fragestellung.

Praxishinweis

Anders kann es nach einem Urteil des FG Hamburg aber aussehen, wenn die Steuererklärung elektronisch mit ElsterFormular abgegeben wird. Im Streitfall ging es um nachträglich beantragte Unterhaltszahlungen an die Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Kindes als außergewöhnliche Belastung. Nach Ansicht des Gerichts schließen Hinweise im Kleingedruckten der Steuerformulare eine nachträgliche Geltendmachung nicht ohne weiteres aus.

Eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen ist zwar nur möglich, wenn kein grobes Verschulden an der Unvollständigkeit einer Steuererklärung vorliegt. Sind die Hinweise in ElsterFormular nicht hinreichend deutlich, weil die Erläuterungen zur „Anlage Unterhalt“ sich lediglich mit Zahlungen an unterhaltsberechtigte Personen wie Eltern, Großeltern und Kinder befassen und erst bei genauerer Durchsicht der Anlage am Ende auch eine Erwähnung der Kindesmutter erfolgt, ist dem Benutzer keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Bei dieser Überprüfung darf das Finanzamt keine überzogenen Anforderungen an die Steuerpflichtigen stellen und muss auch berücksichtigen, dass es in ElsterFormular deutlich schwieriger ist als bei einem Papierformular, die auszufüllenden Felder zu überblicken.
Ähnlich hat das FG Rheinland-Pfalz im Falle eines Übertragungsfehlers in die elektronische Bildmaske von Elster entschieden. Auch dieser Umstand kann nicht stets als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen gewertet werden. Gegen diese Entscheidung ist beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 8/11 ein Revisionsverfahren anhängig.

FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 30.08.2011 - 3 K 2674/10
FG Hamburg, Urt. v. 27.09.2011 - 1 K 43/11
FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13.12.2010 - 5 K 2099/09, Rev. BFH: X R 8/11
FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 30.06.2010 - 2 K 742/09, Rev. BFH: VI R 5/11
BFH, Urt. v. 23.01.2001 - XI R 42/00, BStBl 2001 II 379

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 19.10.11