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Gewerbesteuer -

Gewerbesteuermessbetrag bei mehrgemeindlicher Betriebsstätte

Wie wird der Gewerbesteuermessbetrag verteilt, wenn sich Betriebsstätten über mehrere Gemeinden erstrecken? Der BFH hat klargestellt, dass bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags die Eigenart der Betriebsstätte und die Gemeindeinteressen nur typisiert zu berücksichtigen sind. Im Fall eines Gasversorgers hielt der BFH die Menge des jeweils abgegebenen Erdgases für ein zulässiges Kriterium.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 14.12.2023 (IV R 2/21) die Grundsätze zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Klägerin ist die Stadt K, in deren Ortsgebiet Erdgas durch eine Leitung nach Deutschland gelangte. Steuerschuldnerin ist die W-KG, ein Gasversorgungsunternehmen, das u.a. über das nationale Ferngasnetz Erdgas in das gesamte Bundesgebiet einspeiste.

Das Finanzamt (FA) führte die Zerlegung des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags auf die beteiligten Kommunen durch. Dabei wurde das vorhandene Erdgasleitungsnetz als mehrgemeindliche Betriebsstätte behandelt. 

Die Stadt K nahm im Streitzeitraum nur noch über die mehrgemeindliche Betriebsstätte an der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der W-KG teil. Darüber entstand Streit mit der Finanzbehörde. Das Finanzgericht wies die Klage der Stadt K ab, auch der BFH folgte dem im Ergebnis.

Entscheidung im Besprechungsfall

Hat ein Betrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden und befinden sich darunter auch eine oder mehrere mehrgemeindliche Betriebsstätten, so ist eine zweistufige Zerlegung vorzunehmen. 

Im ersten Schritt ist als Hauptzerlegung die Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags auf die verschiedenen Betriebsstätten vorzunehmen. 

Soweit eine oder mehrere dieser Betriebsstätten eine mehrgemeindliche Betriebsstätte darstellen, ist in einem weiteren Schritt als Unterzerlegung der nach der Hauptzerlegung auf diese Betriebsstätte entfallende Zerlegungsanteil auf die an der mehrgemeindlichen Betriebsstätte beteiligten Gemeinden zu verteilen.

Der BFH bestätigte in seinem Urteil zunächst die Ansicht der Beteiligten, dass das Erdgasleitungsnetz mit den angeschlossenen Stationen eine mehrgemeindliche Betriebsstätte begründete. Auch die vom FA vorgenommene Hauptzerlegung wurde vom BFH als sachgerecht eingestuft.

Da es nicht möglich ist, die Belastung der Gemeinden aus der gemeinsamen Betriebsstätte genau zu errechnen, sind nur grobe Schätzungen der Gemeindelasten möglich. 

Nach Art einer Schätzung sind bei der Zerlegung alle Interessen abzuwägen. Danach muss die Auswahl der Zerlegungsfaktoren der Eigenart der mehrgemeindlichen Betriebsstätte und den Interessen der beteiligten Gemeinden in typisierter Form Rechnung tragen. 

Das Gesetz enthält keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Zerlegungsfaktoren, die bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten zu berücksichtigen sind. 

Es muss neben einem Faktor, durch welchen die den Gemeinden durch das Wohnen der in der Betriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer entstehenden Lasten („persönliche Lasten“) berücksichtigt werden, noch mindestens ein weiterer Zerlegungsfaktor angesetzt werden, durch den die sogenannten „sachlichen Lasten“ der Gemeinden aus dem Vorhandensein der mehrgemeindlichen Betriebsstätte berücksichtigt werden.

Nach Ansicht des BFH kann auch für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte, die aus einem Erdgasleitungsnetz besteht, die Abgabemenge ein Zerlegungskriterium sein, durch das die sachlichen Lasten der Gemeinden aus der mehrgemeindlichen Betriebsstätte angemessen berücksichtigt werden. 

Diese Vorgehensweise ist zudem praktikabel. Das FA hat die Unterzerlegung jeweils hälftig nach den Arbeitslöhnen und der Gasabgabemenge vorgenommen. Für den BFH sprechen keine gewichtigen Gesichtspunkte dafür, dem „persönlichen Zerlegungsfaktor Arbeitslöhne“ ein höheres Gewicht einzuräumen als dem sachlichen Kriterium der Abgabemenge vor Ort.

Praxishinweis

Der BFH hat seine Grundsätze wie folgt konkretisiert: Die Auswahl der Zerlegungsfaktoren für die Zerlegung bei einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte muss der Eigenart der Betriebsstätte und den Interessen der beteiligten Gemeinden nur in typisierter Form Rechnung tragen. 

Im Besprechungsfall kann die Menge des in den jeweiligen Gemeinden abgegebenen Erdgases bei einer durch eine Erdgasleitung begründeten mehrgemeindlichen Betriebsstätte ein geeignetes sachliches Zerlegungskriterium sein.

BFH, Urt. v. 14.12.2023 - IV R 2/21

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