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Immobilien: Wann liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor?

Das Finanzgericht Münster hat eine Entscheidung zur steuerlichen Berücksichtigung von Renovierungskosten nach einem Immobilienerwerb gefällt. Demnach gelten Schönheitsreparaturen in unterschiedlichen Wohnungen eines Gebäudes, die in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu Erhaltungsaufwendungen stehen, als anschaffungsnahe Herstellungskosten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG.

Wer ein Gebäude erwirbt, das für die Vermietung renoviert werden muss, sollte die sogenannte 15-%-Grenze im Auge behalten, nach der Baumaßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung zu Herstellstellungskosten führen, wenn sie 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. In einem Streitfall vor dem FG München hatte ein Hauskäufer ein aus mehreren fremdvermieteten Wohnungen bestehendes Objekt für 185.000 € nebst ca. 15.000 € Nebenkosten erworben. Der Käufer gab in seiner Einkommensteuererklärung ca. 162.000 € als Anschaffungskosten an.

In den drei folgenden Jahren wurden umfangreiche Umbau- bzw. Renovierungsmaßnahmen an dem Mehrfamilienhaus durchgeführt:

  • Verkleinerung der Badezimmer im 1. und 2. Obergeschoss
  • Renovierungsarbeiten (Streichen der Wände, Austausch von Türgriffen, Laminatverlegung, Fensterscheibenwechsel in beiden Geschossen)
  • Kleinere Reparaturarbeiten im 3. Obergeschoss (Elektronik, Balkonbrüstung, Erneuerung der Fenstergriffe)
  • teilweise Austausch von Zimmertüren, Fensterscheiben und ganzen Fenstern
  • Dämmung der Kellerdecke
  • Heizungswartung inklusive Erneuerung der Steuerplatine
  • Dachreparatur
  • Erneuerung der Briefkastenanlage, der Gasleitung und der Lüftung
  • Reparatur von Durchlauferhitzern, Sicherungen und Gasheizgeräten

Insgesamt beliefen sich diese Maßnahmen in 2007 auf ca. 9.000 €, in 2008 auf ca. 29.500 € und in 2009 auf ca. 7.500 €.

Der Käufer machte die Kosten in den Jahren 2007, 2008 und 2009 vollumfänglich als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt veranlagte die Jahre 2007 und 2008 antragsgemäß jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 07.12.2010 – nach Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide 2007 und 2008 – teilte das Finanzamt dem Hausbesitzer mit, die in den Jahren 2007 bis 2009 angefallenen Erhaltungsarbeiten seien insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten einzuordnen und lediglich im Rahmen der AfA zu berücksichtigen.

Zur Begründung verwies das Finanzamt auf § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG. Danach sind Baumaßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung dann zu den Herstellstellungskosten zu rechnen, wenn sie 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt für die Jahre 2007 und 2008 Änderungsbescheide und für 2009 den erstmaligen Bescheid.

Der Hausbesitzer legte Einspruch gegen diese drei Bescheide ein und argumentierte damit, dass nicht alle geltend gemachten Kosten anschaffungsnahe Aufwendungen seien, insbesondere wären 21.400 € als Schönheitsreparaturen nicht in die 15-%-Grenze mit einzubeziehen. Gegen die abweisenden Einspruchsentscheidungen legte der Steuerpflichtige zwar Klage vor dem FG ein, dieses wies die Klage jedoch als unbegründet zurück.

Erhaltungsaufwendungen in Verbindung mit Schönheitsreparaturen

Nach Auffassung des FG sind Kosten für Schönheitsreparaturen – also Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln, die durch vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entstanden sind, wie Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Heizkörper, grundsätzlich nicht von § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG erfasst. Kosten für Schönheitsreparaturen sind allerdings dann als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu behandeln, wenn sie in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu Erhaltungsaufwendungen stehen und in ihrer Gesamtheit eine einheitliche Baumaßnahme bilden, wie dies bei einer Modernisierung des Hauses im Ganzen und von Grund auf der Fall ist.

Mängelbeseitigung

Wenn Aufwendungen überwiegend zur Mängelbeseitigung und Herstellung eines zeitgemäßen Zustands erfolgen, so sind sie ebenfalls sog. anschaffungsnahe Aufwendungen. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil sogar die Wartungs- und Anstreicharbeiten in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den anderen Erhaltungsarbeiten standen. Sämtliche Maßnahmen waren darauf gerichtet, eine angemessene Vermietung der einzelnen Wohnungen auch in Zukunft sicherzustellen.

Einheitliche Betrachtungsweise

Ist ein aus mehreren Einheiten bzw. Wohnungen bestehendes Gesamtgebäude – z.B. ein Mehrfamilienhaus – nicht in verschiedene Wirtschaftsgüter aufteilbar, so sind alle diesbezüglichen Aufwendungen einheitlich zu betrachten. Deshalb musste im Streitfall auch nicht geklärt werden, ob vielleicht einzelne Maßnahmen bereits zu einer wesentlichen Verbesserung i.S.v. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB geführt haben.

Somit werden Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, und solche für Schönheitsreparaturen mit Aufwendungen für eine wesentliche Verbesserung gleichgestellt. Das gesetzgeberische Ziel ist es, eine Typisierung in diesem Bereich zu erreichen, deshalb verbietet sich hier die Betrachtung jeder Einzelaufwendung. Es ist also unerheblich, ob einzelne Maßnahmen - wie Wartungsarbeiten an der Heizung oder Anstreicharbeiten - für sich betrachtet als Schönheitsreparaturen einzuordnen wären.

Die Aufteilung der Anschaffungskosten in Gebäude und Grund und Boden sind bei Vermögen, das zum Privatvermögen gehört, nach dem Sachwertverfahren und nicht nach dem Ertragswertverfahren vorzunehmen.

Praxishinweis

Wenn absehbar ist, dass bei Anschaffung von Mietwohnungen erhebliche Renovierungskosten anfallen, so sollte stets an das faktische Wahlrecht des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gedacht werden: Entweder sofortige Absetzbarkeit der Reparaturaufwendungen oder AfA-mäßige Verteilung auf die Nutzungsdauer. Je nach persönlichem Bedarf an Absetzungsmöglichkeiten kann die Steuerschuld dadurch optimiert werden.

FG Münster, Urt. v. 25.09.2014 - 8 K 4017/11 E

Quelle: RA und Dipl. Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann