Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Abzug des heimischen Büros bei fehlendem Arbeitsplatz

Über das am 14.12.2010 in Kraft getretene Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) lassen sich die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer rückwirkend ab 2007 von der Steuer absetzen, wenn Arbeitnehmern, Freiberuflern oder Unternehmern für ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Somit ist der Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer jetzt wieder bis zur Höhe von jährlich 1.250 € möglich. Hiervon profitieren insbesondere Lehrer, Dozenten, Handelsvertreter und sonstige Außendienstmitarbeiter. Das betrifft nicht nur  generell die anstehenden Einkommensteuererklärungen für 2010, sondern auch noch offene Fälle aus den Jahren 2007 bis 2009.

Ergänzend zum BMF-Anwendungsschreiben vom 15.12.2010 weist jetzt die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen auf die verfahrensrechtlichen Folgen der Neuregelung hin. Das JStG 2010 enthält keine gesetzliche Regelung zur Durchbrechung der Bestandskraft. Das bedeutet: Soweit Bescheide ab 2007 endgültig und ohne Nachprüfungsvorbehalt ergangen und nicht mehr anfechtbar sind, können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht mehr nachträglich berücksichtigt werden. Insbesondere eine Änderung nach § 173 AO wegen neuer Tatsachen kommt nicht in Betracht. Anträge auf Änderung bestandskräftiger Steuerfestsetzungen im Zusammenhang mit der Neuregelung lehnen die Finanzämter daher ab.

Haben Arbeitnehmer, deren Bescheide einen Vorläufigkeitsvermerk enthalten, die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und weitere Werbungskosten bisher nicht geltend gemacht - weil die Bürokosten bisher dem Grunde nach nicht abziehbar waren und die übrigen Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht überschritten haben -, können sie nunmehr sowohl die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als auch die sonstigen Werbungskosten berücksichtigen lassen. Für die sonstigen Werbungskosten gilt das aber nur bis zu einem Betrag von maximal 920 €, da darüber hinausgehende Werbungskosten auch bisher schon abziehbar gewesen wären.

Außerdem ist zwischen folgenden Fällen zu unterscheiden:

  • Haben Arbeitnehmer in den Steuererklärungen ab 2007 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht, die nicht anerkannt wurden, und ist die Steuerfestsetzung vorläufig ergangen oder steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, werden diese Fälle von der Finanzverwaltung in Kürze automatisch neu aufgerollt.
  • Wer seit 2007 darauf verzichtet hat, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend zu machen, kann bei vorläufigen Bescheiden jetzt noch im Nachhinein bis zum Eintritt der vierjährigen Festsetzungsverjährung eine Änderung beantragen.
  • Sofern noch Rechtsbehelfe zum heimischen Büro anhängig sind, werden diese jetzt von der Finanzverwaltung erledigt oder es ergeht hinsichtlich der weiterhin anerkannten Arbeitszimmerkosten eine Teileinspruchsentscheidung.
  • Zum Streitpunkt der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer wird es keine Allgemeinverfügung zur Zurückweisung der Einsprüche und Änderungsanträge geben.
  • Seit dem 17.01.2011 sind die maschinellen Steuerfestsetzungsprogramme an die Vorgaben im BMF-Schreiben angepasst. Das heißt, dass jetzt alle produzierten Änderungsbescheide, die wegen der Geltendmachung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer vorläufig ergangene Bescheide ändern, maschinell für endgültig erklärt werden. Das gilt unabhängig davon, ob in der Steuerfestsetzung Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer berücksichtigt worden sind oder weiterhin nicht anerkannt werden können.

Praxishinweis

Durch die Neuregelung hat die Frage wieder an Relevanz gewonnen, wann einem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Zur Klärung dieser Frage hatte der BFH in den vergangenen Jahren eine Reihe von Urteilen veröffentlicht. Danach steht ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber einen Büroarbeitsplatz bietet. Dieser muss grundsätzlich nicht räumlich abgeschlossen und kann auch ein Großraumbüro sein. Ausreichend ist, wenn der vorhandene Arbeitsplatz für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit genutzt werden kann.
Das bedeutet also, dass das Abzugsverbot weiterhin gilt, wenn Arbeitnehmer oder Selbständige am Wochenende oder nach Feierabend im heimischen Büro Arbeiten erledigen, weil Sachen liegengeblieben sind oder das Arbeiten in der eigenen Wohnung für einige Aufgaben angenehmer und möglicherweise effektiver erscheint. Dabei handelt es sich lediglich um eine persönliche Entscheidung, die steuerlich nicht berücksichtigt wird.

SenFin Berlin, Erlass v. 13.01.2011 - III E - S 0338 - 2/2008

BMF-Schreiben v. 15.12.2010 - IV A 3 - S 0338/07/10010-03

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 25.01.11