Thomas Jansa © Fotolia.de

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Steuerberatung -

Grenzüberschreitender Warenverkehr: Neue Nachweispflichten ab 01.01.2012

 

Durch die im Dezember im BGBl verkündete Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen wurden diverse Vorschriften in der UStDV mit Wirkung ab dem 01.01.2012 neu geregelt.

Das betrifft

 

Zwar hat die Finanzverwaltung eine Nichtbeanstandungsfrist bis zum 31.03.2012 eingeräumt, in der die alte Rechtslage aus dem Vorjahr angewendet werden darf. Dennoch sollten Unternehmer den innerbetrieblichen Aufwand für die Umsetzung der neuen formalen Vorgaben nicht auf die lange Bank schieben. Um die Steuerfreiheit von Ausfuhren in ein Drittland und von innergemeinschaftlichen Lieferungen nachzuweisen, benötigt der Unternehmer bestimmte Belege. Wer den Grenzübertritt seiner Ware nicht ordnungsgemäß nachweisen kann, zahlt im Regelfall Steuer nach.

Im Rahmen der Umstellung sind zwei Fälle zu unterscheiden:

 

  1. Ausfuhren in ein Drittland: Werden Ausfuhren im elektronischen Ausfuhrverfahren ATLAS angemeldet, sind sie durch den Ausgangsvermerk oder den Alternativausgangsvermerk nachzuweisen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Waren vom Lieferer oder Abnehmer selbst transportiert werden oder eine Spedition eingeschaltet ist. Nur wenn in Versendungsfällen die Nachweisführung nicht möglich oder zumutbar ist, kann auf die Spediteursbescheinigung zurückgegriffen werden. Auch die Nachweisführung durch einen vom Frachtführer unterschriebenen Frachtbrief kommt dann in Betracht. Das Dokument muss dann jeweils die Versendungsbezugsnummer der Ausfuhranmeldung enthalten. Für Ausfuhren, die nicht elektronisch angemeldet werden, weil sie zum Beispiel die hierfür relevante Wertgrenze unterschreiten, bleibt im Wesentlichen die Nachweisführung wie bislang erhalten.
  2. Innergemeinschaftliche Lieferungen innerhalb der EU: Hier gilt als einheitliches Nachweisdokument neben einem Doppel der Rechnung die sogenannte Gelangensbestätigung. Hierbei handelt es sich um einen Beleg, der vom Abnehmer des Lieferers ausgestellt sein und folgende Pflichtangaben enthalten muss:
  • Name und Anschrift des Abnehmers
  • Menge des Gegenstands der Lieferung und handelsübliche Bezeichnung einschließlich Fahrzeug-Identifikationsnummer bei Fahrzeugen
  • Tag und Ort des Erhalts des Gegenstands im EU-Ausland oder bei Selbsttransport durch den Abnehmer Tag und Ort des Endes der Beförderung im EU-Ausland
  • Ausstellungsdatum der Bestätigung
  • Unterschrift des Abnehmers

Die Bescheinigung kann entweder direkt gegenüber dem Verkäufer der Ware oder aber gegenüber dem Spediteur abgegeben werden. Wird sie vom Ausfuhrhändler eingeholt, so muss der wiederum gegenüber seinem Auftraggeber schriftlich versichern, dass er über die benötigte Bestätigung des Abnehmers verfügt. Diese Vorgabe verpflichtet also ausländische Unternehmenskunden zur Mitwirkung, um die Nachweisvorschriften des deutschen Fiskus zu erfüllen. Dabei kennen sie diese vielfach gar nicht und die Motivation zur Mitwirkung wird wahrscheinlich nicht allzu eifrig sein.

Der Liefernde steht also vor dem Problem, sich schon bei Kundenbestellung einem Risiko auszusetzen, dass er später die benötigten Unterlagen für die Steuerfreiheit nicht oder nicht korrekt erhält. Es ist zudem ungewiss, ob die beauftragte Spedition bereit sein wird, diese Bestätigungen beim Empfänger einzuholen. Will er diesem Risiko aus dem Weg gehen, muss er vorab vorsichtshalber mit Steuer abrechnen.

Da tröstet auch der kurze Zeitaufschub durch die Übergangsregelung nur wenig. In der Übergangsfrist bis zum 31.03.2012 werden Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen nicht beanstandet, wenn der beleg- und buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung noch auf Grundlage der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage geführt wird.

Viele neue Belegpflichten für den Unternehmer dienen der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, etwa die zwingende Angabe der eindeutig zu identifizierenden Nummern bei Pkws für die Steuerfreiheit von grenzüberschreitenden Lieferungen. Damit nimmt der Aufwand insbesondere dadurch zu, dass es zu einer Umstellung der bisherigen Soll- auf Muss-Vorschriften bei den Nachweiserfordernissen kommt.

Hinweis: Mit Schreiben v. 09.12.2012 wurde den Wirtschaftsverbänden der Entwurf eines BMF-Schreibens zu den neuen Nachweispflichten zur Stellungnahme übersandt. Der Entwurf enthält auch ein Muster einer Gelangensbestätigung in mehreren Sprachen. Das Schreiben beinhaltet die Anpassungen in der UStDV aufgrund der Änderungen. Diese sind auf nach dem 31.12.2011 ausgeführte Umsätze anzuwenden, sofern nicht die Übergangsregelung für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch genommen wird.

Praxishinweis

Durch die Mantelverordnung kommt es auch in zwei weiteren Bereichen zu Änderungen:

  1. Ein Unternehmer, der Banknoten und Münzen im Rahmen von Sortengeschäften an- und verkauft (etwa eine Wechselstube auf einem Flughafen oder im Bahnhof), führt keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen aus. Daher wurde der bisherige Begriff „Lieferungen von gesetzlichen Zahlungsmitteln" ersetzt durch „sonstige Leistungen, die im Austausch von gesetzlichen Zahlungsmitteln bestehen". Damit sind die Bestimmungen über Buch- und Belegnachweise bei Ausfuhrlieferungen nicht mehr anwendbar. Die Neuregelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Aus Vereinfachungsgründen wird es jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer die vor dem 01.10.2011 ausgeführten Umsätze aus dem An- und Verkauf in- und ausländischer Münzen und Banknoten im Rahmen von Sortengeschäften abweichend hiervon noch als Lieferung behandelt.
  2. War die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bislang erst bei der Steuerfestsetzung für das letzte Kalenderjahr des maßgeblichen Berichtigungszeitraums durchzuführen, wenn die Vorsteuer auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Berichtigungsobjekts, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, nicht mehr als 2.500 € beträgt, können bei Wirtschaftsgütern, die ab dem 01.01.2012 angeschafft oder hergestellt werden, die Berichtigungen bereits für den Zeitraum durchgeführt werden, in dem sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse geändert haben, also früher. Die derzeitige Regelung ist weiter gültig für Wirtschaftsgüter, die vor 2012 angeschafft oder hergestellt werden.

Tipp: Auf www.jahressteuergesetz.de können Sie einen aktuellen Überblick zur Gelangensbestätigung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen herunterladen. 

BMF-Schreiben v. 09.12.2011 - IV D 3 - S-7141/11/10003
BMF-Schreiben v. 05.10.2011 - IV D 2 - S-7100/08/10009 :002, BStBl 2011 I 982
Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 02.12.2011, BGBl 2011 I 2416
BFH, Urt. v. 19.05.2010 - XI R 6/09, BStBl 2011 II 831

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 20.12.11