VRD © fotolia.de

Einkommensteuer -

Betriebliche Altersversorgung: Betriebsausgaben bei „Überversorgung“

Wann führt eine jährliche Erhöhung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) zur Kürzung des Betriebsausgabenabzugs? Der BFH hat entschieden, dass solche Dynamisierungen bei der Prüfung einer „Überversorgung“ beachtlich sein können - möglich ist das bei einer über 3 % liegenden jährlichen Steigerungsrate. Für eine bAV über eine Unterstützungskasse gelten die Grundsätze für Pensionszusagen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob die vereinbarte jährliche Dynamisierung einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) zur Überversorgung und damit zum begrenzten Betriebsausgabenabzug führen kann.

Sachlage im Streitfall

Eine Fachärztin gewährte als Arbeitgeberin zweien ihrer Arbeitnehmerinnen eine bAV mit einem Anspruch auf Zahlung einer Altersrente. Die Altersrente erhöhte sich um eine Anwartschaftsdynamik von 5 % pro künftigem Dienstjahr. Für diese bAV machte die Fachärztin Betriebsausgaben geltend. Bei einer Betriebsprüfung wurden die jährlichen Beiträge zur bAV der beiden Arbeitnehmerinnen mangels Schriftform bereits dem Grunde nach nicht als Betriebsausgaben anerkannt.

Der Einspruch dagegen blieb erfolglos, während die folgende Klage teilweise erfolgreich war. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Beiträge der Fachärztin zur bAV ihrer Arbeitnehmerinnen seien zumindest z.T. als Betriebsausgaben anzuerkennen. Eine Berücksichtigung scheide nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis dem Grunde nach aus.

Dagegen legte das Finanzamt (FA) Revision beim BFH ein, weil seiner Auffassung nach – und entgegen der Auffassung des FG – eine weitere Kürzung des Betriebsausgabenabzugs wegen einer zu hohen Dynamisierung der Anwartschaften i.H.v. 5 % pro künftigem Dienstjahr geboten sei. Der BFH folgte dem FA.

Begrenzter Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen für die bAV

Auch bei einer bAV durch eine Unterstützungskasse, wie sie im Streitfall vereinbart war, gilt das Stichtagsprinzip, so dass auf die jeweiligen Verhältnisse am Stichtag – also zum Ende des Veranlagungszeitraums bzw. Kalenderjahres – abzustellen ist.

Dementsprechend sind die zu § 6a EStG entwickelten Maßstäbe einschließlich der sogenannten Überversorgungsgrundsätze anzuwenden. Eine Überversorgung führt zur anteiligen Kürzung der Pensionsrückstellung, und zwar typisierend dann, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. Das Überschreiten dieser Grenze deutet regelmäßig auf einen Verstoß hin.

Fest zugesagte prozentuale Renten- oder Anwartschaftserhöhungen sind zwar keine unzulässigen ungewissen Erhöhungen. Gleichwohl kann eine Anwartschafts- bzw. Rentendynamik bei der Prüfung der 75-%-Grenze steuerlich beachtlich sein:

Liegt die zugesagte Versorgung bereits ohne Berücksichtigung der Dynamisierung deutlich über 75 % des letzten Aktivgehalts, kann ein zusätzlicher Ausgleich künftig ansteigender säkularer Einkommenstrends um einen festen Prozentsatz nur in einem moderaten Umfang anerkannt werden, den der BFH mit nicht mehr als 3 % jährlich annimmt.

Folglich kann eine über 3 % liegende jährliche Steigerungsrate bei der Prüfung einer Überversorgung zu berücksichtigen sein. Dafür reicht es aus, wenn die zugesagte Versorgung ohne Berücksichtigung der Dynamisierung lediglich im Grenzbereich von 75 % liegt.

Daher ist jedenfalls dann, wenn sich die zugesagte Versorgung ohne Berücksichtigung der Dynamisierung im Grenzbereich von 75 % bewegt sowie die Dynamisierung deutlich über 3 % liegt, sie das Versorgungsniveau rechnerisch nicht nur unwesentlich beeinflusst und sich unter Einbeziehung der Dynamisierung insgesamt ein Versorgungsniveau von deutlich über 75 % ergibt, typisierend davon auszugehen, dass auch der Dynamisierungsbetrag insgesamt in die Ermittlung der Überversorgung einzubeziehen ist.

Entscheidung im Streitfall

Das FG hat zwar den Betriebsausgabenabzug zutreffend unter Berücksichtigung der Überversorgung gekürzt. Dabei hat es jedoch die vereinbarte Anwartschaftsdynamisierung von 5 % insgesamt unzutreffend außer Acht gelassen. Denn es ergab sich bereits ohne Berücksichtigung der Anwartschaftsdynamisierung für beide Arbeitnehmerinnen eine Überversorgung.

Daher hielt der BFH die Revision des FA für begründet und wies die ursprüngliche Klage der Fachärztin ab. Allerdings ließ er die Frage offen, ob die fehlende Unterschrift der Arbeitnehmerinnen unter der Versorgungszusage allein schon zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs führen müsste.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH schafft Rechtssicherheit: Auch bei einer bAV über eine Unterstützungskasse gelten die Grundsätze für die Überversorgung, die für Pensionszusagen entwickelt worden sind. Daher sind jährliche Steigerungsraten (Dynamisierungen) bei der Beurteilung der Überversorgung zu berücksichtigen; dabei ist die kritische Grenze eine Dynamisierung von 3 %. Alle Unternehmer bzw. deren steuerliche Berater sollten also bei einer bAV über eine Unterstützungskasse die Verträge auf eine mögliche Überversorgung prüfen, um die steuerliche Abziehbarkeit aller geleisteten Zahlungen sicherzustellen.

BFH, Urt. v. 31.07.2018 - VIII R 6/15

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht