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Kindergeld: Wann liegt eine Erstausbildung vor?

Unter welchen Voraussetzungen besteht für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, in der Ausbildung ein Anspruch auf Kindergeld? Zuletzt hat der BFH hierzu entschieden, dass die Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen der Bundeswehr - den sogenannten Verwendungslehrgängen - nach erfolgreichem Abschluss eines Studiums keine berufliche Erstausbildung mehr darstellt.

Nach §§ 62, 63 i.V.m. § 32 EStG besteht ein Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden, wenn die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergeldes erfüllt sind.

In dem zugrundeliegenden Fall des BFH (Beschl. v. 09.03.2016) ging es um ein 1990 geborenes Kind, dass ab Oktober 2009 in die Laufbahn eines Offiziers bei der Bundeswehr eintrat. Von Oktober 2010 bis September 2013 studierte er außerdem Betriebswirtschaftslehre bei der Bundeswehr. Am 01.10.2012 wurde er, nachdem er die entsprechende Offiziersprüfung abgelegt hatte, zum Leutnant ernannt. Nach Abschluss des Studiums begann die „Ausbildung zum Offizier Truppendienst nach Studium“. Hierzu nahm er bis Dezember 2014 an verschiedenen Lehrgängen teil, die erfolgreich absolviert wurden. In dieser Zeit hatte die Mutter durchgehend Kindergeld bezogen, die Familienkasse hob jedoch die Festsetzung von Oktober 2013 bis Dezember 2014 nachträglich auf und forderte das in dieser Zeit geleistete Kindergeld zurück.

Nachdem der dagegen gerichtete Rechtsbehelf der Mutter abgelehnt worden war, zog diese vor das Finanzgericht. Gegen die vom Finanzgericht abgelehnte Aussetzung der Vollziehung legte die Mutter dann Beschwerde vor dem Finanzgericht ein.

Abschluss des Erststudiums maßgebend

Nach Ansicht des BFH hatte die Beschwerde gegen die Aussetzung der Vollziehung keine Aussicht auf Erfolg. Selbst wenn die truppeninterne Ausbildung als eine Ausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzusehen wäre, so würde dies nicht zu einem Kindergeldanspruch führen. Es würde in diesem Fall dann lediglich eine insoweit unbeachtliche Zweitausbildung vorliegen – auch deshalb, weil das Kind im Rahmen dieser Ausbildung mehr als 20 Wochenstunden erwerbstätig war (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Verwendungslehrgänge sind auch kein Bestandteil der Erstausbildung

Der BFH wies außerdem darauf hin, dass bundeswehrinterne Verwendungslehrgänge generell nicht als Teile der Erstausbildung anzusehen sind. Bei einem Bundeswehrsoldaten, der sich in der Ausbildung zum Feldwebel befand, hatte der BFH am 23.06.2015 geurteilt, dass die Erstausbildung mit Bestehen der Feldwebelprüfung abgeschlossen war. Der BFH orientierte sich an diesem Urteil und erkannte daher die entsprechenden Verwendungslehrgänge nicht mehr als Teil der Erstausbildung an.

Praxishinweis

Ende der Erstausbildung mit Ablegung der Offiziersprüfung?

Im Fall wurde die Offiziersprüfung bereits im Jahr 2012 abgelegt. Ob die Ablegung dieser Prüfung bereits als die Vollendung einer Erstausbildung anzusehen ist, konnte das Gericht vorliegend dahinstehen lassen, da der entsprechende Zeitraum nicht streitbefangen war. Immerhin: die Ausbildung zum Offizier dauert nach den Vorgaben der Laufbahnverordnung der Bundeswehr regelmäßig drei Jahre, was auch der Lehrzeit im Rahmen einer klassischen Berufsausbildung entspricht. Wurden vorher bereits Dienstzeiten erbracht, kann die Offiziersausbildung um bis zu 18 Monate verkürzt werden.

Entsprechendes ist bei einer betrieblichen Berufsausbildung jedoch auch möglich. Ganz aus der Welt wäre der Gedanke, den erfolgreichen Abschluss der Offiziersprüfung als Endpunkt der Erstausbildung anzusehen, jedoch nicht. Das Finanzgericht Sachsen hatte in seinem Urteil vom 19.05.2015 bereits zum Zeitpunkt der Ablegung der Offiziersprüfung die Erstausbildung als beendet angesehen. Die daran anschließende Ausbildung zum Flugverkehrskontrolloffizier berechtigte in diesem Fall nicht mehr zur Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG.

BFH, Beschl. v. 09.03.2016 - III B 146/15
BFH, Urt. v. 23.06.2015 - III R 37/14, BStBl 2016 II 55
FG Sachsen, Urt. v. 19.05.2015 - 6 K 1766/14

Quelle: StB, Diplom-Wirtschaftsjurist Thorsten Wagemann