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Finanzminister wollen Selbstanzeige verschärfen

Der Fall Hoeneß hat Bewegung in die Debatte um die strafbefreiende Selbstanzeige gebracht. Jetzt haben sich die Finanzminister von Bund und Ländern auf Eckpunkte zur Verschärfung der Regelungen zur Selbstanzeige geeinigt. Kern der Pläne sind die Erhöhung des bisherigen Strafzuschlags und eine Nacherklärungspflicht für die zurückliegenden zehn Jahre in allen Fällen von Steuerhinterziehung. Die Pläne erhöhen aber nicht nur den Aufwand und die Fehleranfälligkeit einer Selbstanzeige, sondern sind auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht unproblematisch.

Die Finanzminister der Länder haben sich am 27.03.2014 darauf verständigt, die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige auch künftig beizubehalten. Allerdings sollen gleichzeitig die Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige verschärft und die Möglichkeiten von Steuernachforderungen erweitert werden.

Die Einzelheiten der Neuregelung sollen bis Ende Mai 2014 geklärt werden und dann voraussichtlich zum 01.01.2015 in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt soll der Korrekturzeitraum von bisher fünf auf dann zehn Jahre verlängert werden. Zudem soll der zu zahlende Steuerzuschlag, der bisher ab einem Hinterziehungsbetrag von  50.000 € gezahlt werden muss, um 5 % auf 10 % erhöht werden. Gleichzeitig wird in Erwägung gezogen, den Betrag, ab dem dieser erhöhte Zuschlag zu zahlen ist, zu senken. Dann wäre künftig bereits ab einem Hinterziehungsbetrag von  5.000 € ein solcher Zuschlag zu zahlen.

Folgen der Pläne

Die Abgabe einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige könnte durch den verlängerten Korrekturzeitraum deutlich erschwert werden: Eine  geringfügige Unrichtigkeit in der Steuererklärung würde künftig ausreichen, um die gesamte Selbstanzeige unwirksam zu machen und ihre strafbefreiende Wirkung aufzuheben.
Schon bislang war es häufig für den steuerlichen Berater - auch in Zusammenarbeit mit seinem Mandanten - mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, die steuerlichen Verhältnisse der zurückliegenden fünf Jahre zu klären.

Wenn künftig die Verhältnisse der letzten zehn Jahre aufzuarbeiten sind, wird dies sowohl den Berater als auch den Steuerpflichtigen vor noch größere Herausforderungen stellen. Dies gilt v.a. dann, wenn regelmäßig Unterlagen ausländischer Banken beschafft werden müssen. Durch die Verlängerung des Korrekturzeitraums werden also das Risiko einer unrichtigen bzw. unvollständigen Nacherklärung und damit die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns der strafbefreienden Selbstanzeige deutlich gesteigert.

Die Verlängerung des Korrekturzeitraums auf zehn Jahre ist auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht unproblematisch. Denn die Vorschrift des § 371 AO soll die Strafbarkeit für ein Delikt ausschließen, dessen Verjährung selbst nur fünf Jahre beträgt. Gleichwohl muss ein Steuerhinterzieher für die zurückliegenden zehn Jahre seine Steuern nacherklären bzw. nachzahlen. Nur so erhält er für den vergangenen (nicht-verjährten) Zeitraum von fünf Jahren Straffreiheit. Um Straffreiheit für nicht-verjährte Taten zu erlangen, sind also u.U. sogar noch Hinterziehungsdelikte anzugeben, für die bereits Verjährung eingetreten ist.

In der Praxis wird dies dazu führen, dass sich die Verjährung für Steuerhinterziehungstaten faktisch auf zehn Jahre verlängert. Eine derartige Verlängerung der Verjährung ist aber problematisch, nicht zuletzt, weil zehnjährige Verjährungsfristen bisher erst bei „schweren“ Delikte vorgesehen waren. Zu solchen schweren Straftaten zählt die einfache Steuerhinterziehung aber gerade nicht. Die geplanten Neuregelungen sind aus diesem Grund innerhalb der Verjährungsvorschriften systemfremd.

Die Erhöhung des Strafzuschlags auf 10 % verstärkt dessen Sanktionscharakter beträchtlich, denn dieser Zuschlag wird neben dem regulären Hinterziehungszins von 6% p.a. erhoben. Die ursprüngliche Begründung für die Einführung des Zuschlags, nämlich pauschal den mit der Selbstanzeige verbundenen erhöhten Verwaltungsaufwand auszugleichen, kann für den erhöhten Zuschlag von 10 % kaum noch herhalten. Vielmehr soll wohl allein die Sanktionswirkung der Selbstanzeige verstärkt werden.

Die jetzt geplanten Änderungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige legen im Zusammenhang mit der erst vor rund drei Jahren normierten Verschärfung den Verdacht nahe, dass der Gesetzgeber eigentlich nicht mehr das Ziel verfolgt, die Abgabe einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige zu ermöglichen, sondern stattdessen auf das regelmäßige Scheitern solcher Anzeigen spekuliert. Dadurch sollen Steuerhinterzieher für ihre vergangenen Versäumnisse mit voller Härte bestraft werden, anstatt wegen der Rückkehr zur Steuerehrlichkeit Milde walten zu lassen.

Praxishinweis

Die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO kann sich bei Umsetzung der Pläne noch stärker als bisher als Falle erweisen. Die eigentlich beabsichtigte Möglichkeit einer Rückkehr in die Legalität verkehrt sich genau in ihr Gegenteil: Durch die selbstgemachten Angaben wird die Strafverfolgung erst ermöglicht. Dies ist vor dem Hintergrund des strafprozessualen Grundsatzes, dass niemand sich selbst belasten bzw. anklagen muss, fragwürdig.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Finanzminister gerade die gescheiterte Selbstanzeige des ehemaligen Präsidenten eines deutschen Bundesligavereins zum Anlass nehmen, um die Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige weiter zu verschärfen. Die steuerlichen Berater sollten also frühzeitig auf betroffene  Mandanten einwirken, die strafbefreiende Selbstanzeige möglichst noch vor Inkrafttreten der geplanten Verschärfung zu erstatten.

Pressemitteilung des Finanzministeriums Baden-Württemberg v. 27.03.2014

Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Scholz

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