Grunderwerbsteuer -

Immobilien: Gesellschafterwechsel und geplante Bebauung

Woran bemisst sich die Grunderwerbsteuer bei Gesellschafterwechseln? Wann wird der Wert von Bauvorhaben einbezogen? Der BFH hat entschieden: Der Wert im Zeitpunkt der Fertigstellung eines Gebäudes ist maßgeblich, wenn es für die Bebauung einen festen Plan gibt, von dem sich die Gesellschafter nicht ohne weiteres lösen können. Neugesellschafter müssen wegen dieses Plans Anteile erworben haben.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16.09.2020 (II R 12/18) dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen § 8 Abs. 2 Satz 2 zweite Alternative GrEStG bei einem Gesellschafterwechsel zur Anwendung kommt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Gesellschafter der klagenden GmbH & Co. KG waren die Komplementärin B GmbH, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt war, sowie als Kommanditisten vier natürliche Personen. Die KG plante, einen Lebensmittelmarkt zu errichten. 

Später veräußerte die Komplementärin ihre Komplementärbeteiligung an die M GmbH, und die vier Kommanditisten veräußerten ihre Kommanditbeteiligungen an die M KG. Weder an der M GmbH noch an der M KG waren die bisherigen Gesellschafter beteiligt. Nach der Fertigstellung des Objekts nahm das Finanzamt (FA) die KG auf Grunderwerbsteuer in Anspruch. 

Während die KG der Auffassung war, als Bemessungsgrundlage müsse der Wert des unbebauten Grundstücks dienen, setzte das FA als Bemessungsgrundlage den Grundbesitzwert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes an. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der BFH folgte dem.

Bemessungsgrundlage nach dem Gesetz

Der Wert eines Grundstücks ist nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend, wenn sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude erstreckt oder die Änderung des Gesellschafterbestands auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht. § 8 Abs. 2 Satz 2 zweite Alternative GrEStG (a.F.) verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. 

Zum einen muss es einen vorgefassten Plan zur Bebauung des Grundstücks geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten festgelegt hat. Zum anderen muss die Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise auf diesem Plan beruhen, dass die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

Vorliegen eines Plans beim Gesellschafterwechsel

In zeitlicher Hinsicht muss der Plan vor der Änderung des Gesellschafterbestands und damit unter der Führung der Altgesellschafter gefasst worden sein. Andernfalls wäre er nicht „vorgefasst“ und könnte die Änderung des Gesellschafterbestands auch nicht veranlassen. 

In sachlicher Hinsicht muss sich der Plan auf eine im Wesentlichen feststehende Bebauung beziehen. Der Plan muss nur die Bebauung, nicht auch die Änderung des Gesellschafterbestands zum Gegenstand haben. Der Wortlaut „zur Bebauung“ ist für den BFH insoweit eindeutig. 

Eine Auslegung der Vorschrift in der Weise, dass auch die Änderung des Gesellschafterbestands Teil des Plans sein müsste, hält der BFH nicht für zutreffend. Denn es ist für den BFH erforderlich – und auch ausreichend –, dass aus Sicht der Gesellschaft die geplante Bebauung im Wesentlichen feststeht.

Der Plan zur Bebauung muss sich bei der Gesellschaft in einer solchen Weise verdichtet haben, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen könnte. Wird die Vorschrift auf solche Fälle begrenzt, in denen die Bebauung „im Wesentlichen feststeht“, vermeidet dies ein Ausufern gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 zweite Alternative GrEStG (a.F.) in der Weise, dass reine Vorstellungen und Gedanken über eine nach Art und Umfang ggf. noch gänzlich unbestimmte Bebauung eine steuererhöhende Wirkung hätten. 

Dasselbe gilt für die weitere Voraussetzung, dass die Gesellschaft von der so konkretisierten Bebauung wirtschaftlich nur noch unter Schwierigkeiten Abstand nehmen könnte. Bloße Absichten genügen nicht. Es ist kein Grund erkennbar, demgegenüber im Rahmen von § 8 Abs. 2 Satz 2 zweite Alternative GrEStG (a.F.) die steuerrechtliche Bemessungsgrundlage auf Planungen im Absichtsstadium auszuweiten.

Soweit es hinsichtlich der Bebauung bereits Rechtsbeziehungen zu Dritten gibt, sind diese zum einen gewichtige Indizien für eine gesellschaftsinterne Festlegung auf die Bebauung. Zum anderen sind sie im Regelfall dafür entscheidend, dass sich die Gesellschaft von dem Bauvorhaben nur noch schwer lösen könnte. 

Das gilt für die bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Verhältnisse, für den Abschluss von Bauverträgen, aber auch für Verträge, die das noch zu erstellende Bauobjekt zum Gegenstand haben (Mietverträge, Verwalterverträge etc.). 

Weil sich an der Identität der Gesellschaft zivilrechtlich durch die Anteilsübertragung nichts ändert, ändert sich dadurch grundsätzlich auch nichts an den wirtschaftlichen Zwängen, denen die Gesellschaft unterliegt. Der Plan muss Grund des Gesellschafterwechsels gewesen sein. 

Dafür reicht es aus, wenn der Gesellschafterwechsel wegen des Plans stattfindet. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Bauvorhaben auch ohne Gesellschafterwechsel hätte zu Ende geführt werden können. Grund des Anteilserwerbs muss der Plan aus Sicht der Neugesellschafter sein. 

Es ist erforderlich, aber regelmäßig auch ausreichend, wenn die Neugesellschafter bei Erwerb der Anteile Kenntnis von dem vorgefassten Plan zur Bebauung hatten. In diesem Fall ist der Plan ein integraler Bestandteil des Vorstellungsbilds der Neugesellschafter geworden.

Allein das Interesse der Neugesellschafter kann die künftige Bebauung einschließen. Sie müssen um den in der Gesellschaft vorgefassten Plan zur Bebauung wissen und ihn umsetzen wollen. 

Einer gesonderten Verpflichtung der Neugesellschafter auf die Bebauung durch Abreden mit den Altgesellschaftern bedarf es nicht, da die auf die Bebauung gerichteten wirtschaftlichen Zwänge, denen die Gesellschaft selbst unterliegt, von dem Gesellschafterwechsel unberührt bleiben. 

Damit lehnt der BFH die im Schrifttum vertretene Ansicht ab, dass der vorgefasste Plan als Klammer zu verstehen sei und daher nicht nur die Bebauung, sondern auch den Gesellschafterwechsel erfassen müsse.

Anwendung auf den Besprechungsfall

Die KG hatte einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, von dem sie sich nur unter Schwierigkeiten hätte lösen können. Und sie hatte sich schon vor dem Stichtag auf die Bebauung mit einem Lebensmittelgroßmarkt festgelegt. 

Die Neugesellschafter haben die Gesellschaftsanteile wegen dieses Plans erworben. Die Bauverpflichtung bestand nicht nur nach außen fort. Die Parteien des Anteilskaufvertrags haben das Bauvorhaben überdies zum integralen Bestandteil des Vertrags gemacht und so in ihren rechtsgeschäftlichen Willen aufgenommen. Daher hat der BFH die Revision zurückgewiesen.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung für Rechtssicherheit gesorgt, indem er der bisher in der Literatur herrschenden Ansicht eine Absage erteilt hat: § 8 Abs. 2 Satz 2 zweite Alternative GrEStG (a.F.) verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. 

Zum einen muss es einen vorgefassten Plan geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten so auf die Bebauung eines Grundstücks festlegt, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen könnte. Zum anderen müssen die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.

BFH, Urt. v. 16.09.2020 - II R 12/18

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht