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Außenprüfung: BFH begrenzt Datenspeicherung

Der BFH begrenzt die Möglichkeiten der Finanzbehörden, elektronische Steuerdaten zu speichern bzw. auf diese zuzugreifen. Demnach dürfen Steuerdaten nur in den Geschäftsräumen des Geprüften erhoben und zur Auswertung auf einem Rechner in den Diensträumen des Finanzamts gespeichert werden. Nach Abschluss der Außenprüfung sind z.B. Notebooks der Steuerprüfer regelmäßig keine sicheren Speicherorte.

Der Kläger ist selbständiger Steuerberater. Im Rahmen einer Außenprüfung hatte das beklagte Finanzamt die Vorlage der Gewinnermittlungen 2006 und 2007 mit Kontennachweisen und Anlageverzeichnissen in digitaler Form auf einem maschinell verwertbaren Datenträger angeordnet. Diese Daten sollten auch über die Prüfung hinaus bis zur Bestandskraft der aufgrund der Außenprüfung ergehenden Steuerbescheide beim Finanzamt gespeichert werden können. Einen Prüfungsbeginn würde in der Prüfungsanordnung jedoch nicht mitgeteilt.

Als das Finanzamt den Prüfungsbeginn nach Einspruch des Klägers ergänzt hatte, verweigerte der Steuerberater die Herausgabe dieser Daten auf einem digitalen Datenträger. Er legte Einspruch ein und machte die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung geltend. Insbesondere sei die vom Finanzamt vorgesehene Speicherung der Buchführungsdaten unzulässig.

Der BFH setzt der Datenspeicherung eine Grenze

Sowohl der Einspruch als auch die Klage vor dem Finanzgericht waren erfolglos. Mit der Revision beantragte der Steuerpflichtige, die Prüfungsanordnung in Form des finanzgerichtlichen Urteils insoweit aufzuheben, als sie ihn zur Übergabe eines maschinell verwertbaren Datenträgers zur Speicherung auf Datenträgern der Finanzverwaltung über die Prüfungsdauer hinaus verpflichte.

Die Revision ist zulässig und begründet. Das Finanzamt wurde verpflichtet, die Prüfungsanordnung insoweit zu ergänzen, dass die Daten nur für den Zeitraum der Prüfungsdauer in den Geschäftsräumen des Klägers oder zur Auswertung auf einem Rechner in den Diensträumen des Finanzamt gespeichert werden dürfen.

Zu Unrecht hat das Finanzgericht aus § 147 Abs. 6 S. 2 AO das Recht der Finanzverwaltung entnommen, die überlassenen Daten über den Zeitraum der Prüfung außerhalb ihrer Diensträume zu speichern.

Einschränkungen bei Freiberuflern

Eine Anschlussprüfung (= Prüfung im Anschluss an einen bereits geprüften Veranlagungszeitraum) ist auch bei Freiberuflern zulässig, hierbei gelten jedoch folgende Bedingungen:

  • Der Ermessensspielraum der Finanzverwaltung ist durch das Willkür- und Schikaneverbot begrenzt.
  • Der Finanzverwaltung steht nach § 147 Abs. 6 AO das Recht zu, vom Steuerpflichtigen aufzubewahrenden Unterlagen auf maschinell verwertbaren Datenträgern nach § 147 Abs. 6 S. 2 zweite Alternative AO zu verlangen.
  • Diesem Datenzugriff steht nach einer Entscheidung des BVerfG vom 12.04.2005 grundsätzlich nicht das Grundrecht des Steuerpflichtigen auf informationelle Selbstbestimmung entgegen: Der Steuerberater ist hierbei – ungeachtet seiner Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses – auf der Grundlage des § 200 Abs. 1 S. 1 AO – zur steuerlichen Mitwirkung verpflichtet. Diese Entscheidung des BVerfG beruht im Wesentlichen darauf, dass zum einen das Steuergeheimnis (§ 30 AO) uneingeschränkt auch für die Daten gilt, die durch den Datenzugriff während einer Prüfung gewonnen werden. Diese Daten sind jedoch spätestens nach Bestandskraft der aufgrund der Außenprüfung ergangenen Bescheide an den Steuerpflichtigen zurückzugeben und/oder zu löschen.
  • Dem Steuerpflichtigen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, nicht relevante oder dem Berufsgeheimnis unterliegende Daten Zugriffsbeschränkungen zu unterwerfen, um damit sicherzustellen, dass die Außenprüfung auf diese Daten nicht zugreifen kann.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Handlungsgrenze des Finanzamts

Aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf nicht übermäßig in Rechte des Steuerpflichtigen eingriffen werden. Deshalb sind die Befugnisse der Finanzverwaltung aus § 147 Abs. 6 AO eingeschränkt. Sie dürfen nur in dem durch die Zwecke der Außenprüfung gebotenen zeitlichen und sachlichen Umfang unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Steuerpflichtigen am Schutz ihrer persönlichen Daten ausgeübt werden. Im Urteilsfall hatte jedoch das Finanzamt seine Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO durch die Anordnung überschritten.

Praxishinweis

Das Urteil des BFH verdient besondere Aufmerksamkeit, da der Senat festgestellt hat, dass die rechtmäßig erlangten Daten ausschließlich in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen und in den Diensträumen des Finanzamts erhoben und gespeichert werden dürfen. Das Gericht erwähnt ausdrücklich auch das Prüfer-Notebook als Speicherort der Daten und sieht dies als besondere Schwachstelle innerhalb der Gebrauchskette an. Die Daten auf diesem Notebook seien besonders der Gefahr ausgesetzt, dass sie in fremde Hände geraten könnten – etwa durch Diebstahl des Notebooks. Ein Datenmissbrauch muss deshalb hier unbedingt ausgeschlossen werden.

BFH, Urt. v. 16.12.2014 - VIII R 52/12
BVerfG, Beschl. v. 12.04.2005 - 2 BvR 1027/02

Quelle: RA und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann