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Ende der Organschaft bei Insolvenz

Der BFH hat die Auswirkungen einer Insolvenz auf die umsatzsteuerliche Organschaft klargestellt. Demnach gilt: Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Organträgers eröffnet, endet die umsatzsteuerliche Organschaft. Unabhängig vom Organträger endet sie mit der Insolvenzeröffnung bei der Organgesellschaft. Auch der Fall einer insolvenzrechtlichen Eigenverwaltung ändert hieran nichts.

Mit Urteil vom 15.12.2016 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, wie sich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unter Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO auf das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft auswirkt.

Grundlagen: Umsatzsteuerliche Organschaft und Eigenverwaltung

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG entsteht eine umsatzsteuerliche Organschaft, wenn ein Unternehmen (Organgesellschaft) in ein anderes Unternehmen (Organträger) finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist. Die beiden Unternehmen werden dann für umsatzsteuerliche Zwecke als eine Einheit betrachtet.
Die Eigenverwaltung stellt eine Besonderheit der seit dem 01.01.1999 geltenden InsO dar. Entgegen dem Regelverfahren wird kein Insolvenzverwalter bestellt, sondern der Schuldner behält seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, allerdings unter der Aufsicht eines Sachverwalters.

Sachlage im Streitfall

Im aktuellen Fall wurde das Insolvenzverfahren über eine GmbH und sechs ihrer Tochtergesellschaften eröffnet. Das Insolvenzgericht ordnete die Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO an. Die GmbH ging ab diesem Zeitpunkt von der Auflösung der Organschaft aus und gab gesonderte Umsatzsteuervoranmeldungen für jede Gesellschaft ab. Das Finanzamt (FA) nahm jedoch ein Weiterbestehen der Organschaft an und fasste die Umsatzsteuervoranmeldungen zusammen. Das angerufene Finanzgericht folgte der Ansicht des FA, woraufhin die GmbH als Klägerin vor den BFH zog.

Insolvenzrecht gilt für jedes einzelne Unternehmen

Anders als im Umsatzsteuerrecht gibt es im Insolvenzrecht nicht die Möglichkeit, ein Konzernunternehmen als Einheit zu betrachten. Es besteht kein einheitliches „Konzerninsolvenzrecht“. Das Insolvenzverfahren wird demnach auf der Ebene jedes einzelnen Beteiligungsunternehmens gesondert durchgeführt und das Vermögen wird auch jeweils einzeln abgewickelt.

Organschaft entfällt bei Insolvenzeröffnung

Der BFH hatte bereits in einem früheren Urteil zu der bis 31.12.1998 geltenden Konkursordnung entschieden, dass bei einer Insolvenz des Organträgers die Organschaft enden kann. Auch nach dem neuen Insolvenzrecht ist laut BFH an diesem Grundsatz festzuhalten. Hieran ändert auch das gegenüber dem alten Recht neue Verfahren der Eigenverwaltung nichts.

Zwar hat der Schuldner hier gewisse Spielräume, jedoch ändert diese Besonderheit der Eigenverwaltung nichts an der grundsätzlichen insolvenzrechtlichen Verfahrenstrennung. Auch dass bei der Eigenverwaltung die Sanierung des Unternehmens und nicht dessen Verwertung im Vordergrund steht, ändert laut BFH nichts. Die Personeneinheit des Sachverwalters bei der Betreuung mehrerer Insolvenzverfahren im selben Konzern ändert ebenfalls nichts an der getrennten Betrachtung.

Verlust der finanziellen Eingliederung bei Insolvenz der Organgesellschaft

Wird über das Vermögen einer Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so endet hiermit die finanzielle Eingliederung. Auch im Fall der Eigenverwaltung haben die Organe der Muttergesellschaft nach § 276a InsO keine weitergehenden Befugnisse als bei der Bestellung eines Insolvenzverwalters im Regelverfahren. Zwar hat die Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft formal noch die Möglichkeit, Mehrheitsbeschlüsse zu fassen, die tatsächliche Kontrolle über die Organgesellschaft obliegt jedoch dem Sachverwalter. Allein die rechtliche Möglichkeit der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft reicht für die Annahme einer finanziellen Eingliederung nicht aus.

Praxishinweis

Während es nach der alten Konkursordnung noch Möglichkeiten gab, dass die Organschaft bei Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen von Organträger und Organgesellschaft bestehen blieb, sieht der BFH diese Möglichkeit nach der InsO nicht mehr. Auch die insolvenzrechtliche Eigenverwaltung eröffnet keine weiteren Spielräume. Bei einem Wegfall der Organschaftsvoraussetzungen ist insbesondere darauf zu achten, dass Innentransaktionen im Organkreis nun als steuerbare Liefer- und Leistungsbeziehungen jeweils auf Ebene der einzelnen Gesellschaften zu behandeln sind.

BFH, Urt. v. 15.12.2016 - V R 14/16

Quelle: StB, Diplom-Wirtschaftsjurist Thorsten Wagemann