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Umsatzsteuer: Was gilt bei der Unterbringung von Flüchtlingen?

Im Zusammenhang mit der Unterbringung und Beherbergung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern stellen sich auch vermehrt steuerliche Fragen. Die kommunalen und staatlichen Träger gehen hierbei unterschiedliche Vertragsgestaltungen und Leistungsbeziehungen ein. Wann und in welcher Höhe Umsatzsteuer anfällt, hat jetzt das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) näher erläutert.

Die Zahl an Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern steigt stetig. Deshalb mietet auch die öffentliche Hand selbst immer mehr Unterkünfte an bzw. schaltet Privatunternehmen bei der Beherbergung der Asylbewerber ein. Auch die zugrundeliegenden Vertragsvarianten werden immer vielfältiger, ohne dass die sich daraus ergebenen umsatzsteuerlichen Fragen endgültig gelöst wären. Um einen systematischen Überblick zu geben, hat das BayLfSt nun eine Verfügung erlassen.


 

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Grundsätze der Verfügung

Nicht nur die einzelnen vertraglichen Leistungsbeziehungen sind für die umsatzsteuerliche Beurteilung maßgebend, sondern auch die außervertraglichen Umstände. Die Bezeichnung der Verträge als Miet-, Beherbergungs-, Belegungs- oder Rahmenverträge ist dabei nicht allein ausschlaggebend.

Vorab ist zu prüfen, ob die Räume an die öffentliche Hand i.S.d. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG direkt vermietet werden oder ob lediglich ein Rahmenvertrag/eine Belegungsvereinbarung geschlossen wird, bei der der „Staat“ nicht wie ein Mieter/Besitzer über die Räumlichkeiten verfügen kann. Bei letztgenannter Variante werden vertraglich lediglich die Modalitäten einer möglichen Belegung durch Flüchtlinge/Asylbewerber geregelt, so dass rechtlich keine Vermietung/Verpachtung i.S.v. §§ 535, 581 BGB gegeben ist (Abschnitt 4.12.1 Abs. 1 S. 2 UStAE).

Im Folgenden wird lediglich zu den Vermietungsfällen nach bürgerlichem Recht Stellung genommen und in langfristige und kurzfristige Mietverträge unterteilt.

Ausschließliche Wohnraumüberlassung bei langfristigen Mietverträgen

Laut BayLfSt müssen langfristige Mietverträge eine Vertragsdauer von mehr als sechs Monaten haben. Hier greift grundsätzlich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG. Eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG besteht nicht, da die Verwendung als Flüchtlings-/Asylbewerber-Unterkünfte dem nichtunternehmerischen (= hoheitlichen) Bereich zuzuordnen ist.

Wohnraumüberlassung mit Erbringung weiterer Dienstleistungen

Hierbei ist zu prüfen, ob diese zusätzlich erbrachten Dienstleistungen als Nebenleistung zur Vermietungsleistung oder als eigenständige, gesondert zu beurteilende Leistungen (z.B. Mietvermietung von Einrichtungsgegenständen i.S.v. Abschnitt 4.12.1 UStAE) gelten. Eine einfache Standardmöblierung (z.B. je Person ein Bett, ein Stuhl, ein Schrank, ein Tisch je Zimmer, ggf. Gemeinschaftsküche) ist jedoch noch als Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung anzusehen.

Verpflegungsleistungen unterliegen als eigenständige Leistungen stets dem Regelsteuersatz. Haben die zusätzlichen Dienstleistungen einen nicht unerheblichen Umfang (z.B. Wäsche, Raumpflege, Sicherheitsdienst), ist dies ein Vertrag besonderer Art, der dann als unteilbares Ganzes zusammen mit der Raumüberlassung angesehen wird, wenn hierbei die Immobilienüberlassung in den Hintergrund tritt (= Regelsteuersatz).

Kurzfriste Mietverträge/Beherbergungsverträge

Bei Anmietung von Räumen durch die öffentliche Hand zur Beherbergung von Flüchtlingen und Asylbewerbern für eine Dauer von bis zu sechs Monaten handelt es sich um eine ermäßigt zu besteuernde Beherbergungsleistung nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. Zusätzliche Dienstleistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, unterliegen dem Regelsteuersatz. Wenn ein pauschales Entgelt für Raummiete und Zusatzleistung vereinbart wurde, sind diese Leistungen aufzuteilen.

Sonderfall Rahmenverträge/Belegungsvereinbarungen, die keine Miet- oder Pachtverträge sind

Mangels Mietverhältnis begründet ein Rahmenvertrag noch kein konkretes umsatzsteuerliches Leistungsverhältnis, sondern legt nur die einheitlichen Rahmenbedingungen für eine Vielzahl von noch abzuschließenden Einzelmietverhältnissen (zwischen Betreiber und öffentlicher Hand) fest. Erst mit der jeweiligen „Einweisung/Zuweisung“, die auch durch mündlichen oder konkludenten Einzelmietvertrag erfolgen kann, setzt die tatsächliche umsatzsteuerliche Beurteilung ein.

Unterbringung im Bedarfsfall mit einer geplanten Dauer von bis zu sechs Monaten

Denkbar sind hier Fälle zur vorübergehenden Unterbringung als Notunterkunft oder nur saison- oder wetterbedingte Nutzung. Hier greift der ermäßigte Steuersatz für Beherbergungsleistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG; eventuelle Zusatzleistungen unterliegen dem Regelbesteuerungssatz (Abschnitt 12.16 UStAE).

Unterbringung im Bedarfsfall mit einer geplanten Dauer von über 16 Monaten

Hier gelten die gleichen Grundsätze wie bei den o.g. langfristigen Mitverträgen, d.h. steuerfreie Vermietung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG einschließlich der Besonderheiten bei Nebenleistungen und den Verträgen besonderer Art.

Zur vorübergehenden Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern in Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, steuerbegünstigten Körperschaften und Vermietungsgenossenschaften sowie Vermietungsvereinen verweist das BayLfSt auf das einschlägige BMF-Schreiben vom 20.11.2014.

Praxishinweis

Um in den Genuss der vorgenannten Vergünstigungen zu gelangen, ist es unbedingt notwendig, die Überlassungen bereits bei den Vereinbarungen nachvollziehbar und eindeutig den speziellen Vertragsmodellen und -mustern zuzuordnen. Nur mit Hilfe dieser exakten Vorgehensweise können spätere (oft nicht mehr wirtschaftlich durchsetzbare) Nachforderungen vermieden werden.

BayLfSt v. 11.02.2015 - S-7168.1.1-7/9 St33
BMF, Schreiben v. 20.11.2014 - IV C 2 - S 2730/0-01, BStBl 2014 I 1613.

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Quelle: RA und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann