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Reform der Erbschaftsteuer: Was bedeutet der Kompromiss?

Im Vermittlungsausschuss haben sich jetzt die Vertreter von Bund und Ländern auf einen Kompromiss für die Erbschaftsteuerreform geeinigt. Die jüngsten Änderungen betreffen unter anderem die Unternehmensbewertung sowie Regelungen zur Steuerstundung und zur Vermeidung von Missbrauch. Interessant könnte allerdings auch noch die mögliche Reaktion des Bundesverfassungsgerichts sein.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende 2014 die bisher geltenden Regelungen bei der Betriebsnachfolge im Rahmen des ErbStG als verfassungswidrig erklärt hatte, konnte der Gesetzgeber die vom BVerfG auferlegte Frist zur Neuregelung bis zum 30.06.2016 nicht einhalten. Der im Bundestag angenommene Entwurf des Finanzausschusses scheiterte im Bundesrat. Der nun endlich gefundene Kompromiss des Vermittlungsausschusses scheint sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat mehrheitsfähig und wird am 29.09.2016 im Bundestag beraten.

Der vom Vermittlungsausschuss erarbeitete Vorschlag sieht insbesondere folgende Änderungen vor:

  • Anpassung der Unternehmensbewertung
  • Begünstigung von Familienunternehmen durch Vorababschlag
  • Keine Privilegierung von Freizeit- und Luxusgegenständen
  • Vermeidung von Missbrauch
  • Stundung von Erbschaftsteuer
  • Anpassung der Lohnsummenregelung

Unternehmensbewertung

Unternehmen werden für Zwecke der Erbschaftsteuer im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens nach §§ 199 ff. BewG-E bewertet. Der dabei verwendete Kapitalisierungsfaktor nach § 203 BewG-E, der zuletzt bei 17,86 lag, wird i.d.F. des Vermittlungsausschusses auf 13,75 festgelegt. Eine Anpassung an die zukünftige Zinsentwicklung durch Rechtsverordnung ist jedoch explizit vorgesehen.

Begünstigung von Familienunternehmen

Für Familienunternehmen war i.d.F. des Finanzausschusses ein Verschonungsabschlag vorgesehen, der zu einer Steuerbefreiung i.H.v. maximal 30 % bei der Bestimmung des Unternehmenswerts führt. Dabei muss die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung enthalten, die Ausschüttungen oder Entnahmen der Gesellschaft beschränken. Diese Begrenzung wurde in der Neufassung durch den Vermittlungsausschuss von 30 % auf 37,5 % angehoben.

Freizeit- und Luxusgegenstände: Vermeidung von Missbrauch

Die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Maßnahmen sehen für sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände (z.B. Oldtimer, Yachten und Kunstwerke) nach § 13b Abs. 4 ErbStG-E grundsätzlich keine Begünstigung mehr vor – außer der Handel mit diesen Gegenständen ist der Hauptzweck des Betriebs. Bislang waren i.d.F. des Finanzausschusses nur in einer abschließenden Aufzählung spezielle Gegenstände, jedoch nicht generell alle typischerweise der privaten Lebensführung zuzurechnenden Gegenstände ausgenommen.

Darüber hinaus sollen zwar Finanzmittel bis zu einer Höhe von 15 % steuerrechtlich zum begünstigten Vermögen gerechnet werden. Allerdings muss der Hauptzweck der Gesellschaft in der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft liegen, so dass die sogenannten „Cash-Gesellschaften“ (also Gesellschaften, in denen nur Geld geparkt wird) ausscheiden.

Stundung von Erbschaftsteuer

Mit § 28 ErbStG-E soll beim Vorliegen von begünstigtem Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG-E dem Erwerber die Möglichkeit eingeräumt werden, die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu sieben Jahren zu stunden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Erbschaftsteuer ab dem zweiten Jahr nach der Festsetzung der Steuer mit 6 % zu verzinsen ist. Bislang sah der Entwurf des Finanzausschusses eine zinslose Stundung über zehn Jahre vor.

Anpassung der Lohnsummenregelung

Die seit Jahren bekannte optionale Verschonung von 100 % bzw. 85 % des Betriebsvermögens soll nach dem Vermittlungsentwurf nur noch dann möglich sein, wenn das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG-E zu nicht mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG-E besteht. Die Regelung des Finanzausschussentwurfs, dass keine Verschonung ab einem Erwerb von 90 Mio. € (bei der Optionsverschonung mit sieben Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mindestens 700 %) bzw. von 89,75 Mio. € (bei der Regelverschonung mit fünf Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mindestens 400 %) gewährt wird, bleibt auch im Vermittlungsentwurf erhalten.

Keine Begünstigung von Großunternehmern/Ausnahme für Kleinbetriebe

Im Rahmen der stärkeren Besteuerung von Großvermögen soll es nach den durch den Vermittlungsausschuss unveränderten Regelungen des Finanzausschussentwurfs ab einem Betriebsvermögen von 26 Mio. € je Erbfall eine Bedürfnisprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell geben. Dabei muss der Erbe für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags nachweisen, dass ihn die Zahlung der Erbschaftsteuer überfordern würde. Die Verschonung soll jeweils um einen Prozentpunkt sinken für jede volle 750.000 €, die der Wert des begünstigten Vermögens den Betrag von 26 Mio. € übersteigt. Kleinbetriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern sollen weiterhin von der Nachweispflicht des Arbeitsplatzerhalts befreit bleiben.

Praxishinweis

Es ist zu begrüßen, dass der Bund und die Länder im Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt haben. Die seit dem Jahr 2014 bestehende Planungsunsicherheit hinsichtlich der Vermögensnachfolge von Betriebsvermögen lähmte die Nachfolgeüberlegungen von Unternehmern. Die Beschlussempfehlung für die Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, die der Vermittlungsausschuss vorgelegt hat, bedarf jedoch noch der Zustimmung sowohl des Bundestags als auch des Bundesrats. Weiterhin spannend ist ebenfalls die Reaktion des BVerfG auf die neuerliche parlamentarische Beratung: Dieser hatte im Zuge des sehr zähen Ringens um eine Einigung bereits am 12.07.2016 angekündigt, dass sich der erste Senat nach der Sommerpause ab Ende September mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren zum Erbschaftsteuergesetz befassen wird.

Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts v. 22.09.2016, BT-Drucks. 18/9690

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksachen 18/5923, 18/6279, 18/6410 Nr. 4 – Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts v. 22.06.2016, BT-Drucks. 18/8911

Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper