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Verfahrensrecht -

Steuerhinterziehung: Hinterziehungszinsen für verkürzte Vorauszahlungen

Wann kann das Finanzamt bei der Nachmeldung nicht erklärter Einkünfte Hinterziehungszinsen festsetzen? Können Zinsen für verkürzte Vorauszahlungen neben den Zinsen für verkürzte Jahreseinkommensteuer fällig werden? Der BFH hat das grundsätzlich für den Fall bejaht, dass sich die jeweiligen Zinsläufe nicht überschneiden und so keine Doppelverzinsung desselben Steueranspruchs bewirkt wird.

Mit Urteil vom 28.09.2021 (VIII R 18/18) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Steuervorauszahlungen sowie auf die jährliche Steuerfestsetzung keine unzulässige Doppelverzinsung darstellt, wenn die Zinsen nicht für dieselben Zinszeiträume festgesetzt werden.

Sachlage im Streitfall

Die Kläger zeigten für die Jahre 2003 bis 2013 dem Finanzamt (FA) nicht versteuerte ausländische Kapitaleinkünfte an. Das FA änderte daraufhin die entsprechenden Einkommensteuerbescheide und setzte die Kapitaleinkünfte erklärungsgemäß an.

Zudem erließ das FA einen Hinterziehungszinsbescheid für die Jahreseinkommensteuer für die geänderten Jahre sowie für die hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlungen für Quartale in den Jahren 2004 bis 2008, 2010 und 2012.

Die gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos. Das FA lehnte die Einsprüche mit dem Verweis auf die bestehende Rechtsprechung des BFH ab.

Die Kläger hätten Einkommensteuervorauszahlungen hinterzogen, indem sie ausländische Kapitalerträge in den Einkommensteuererklärungen seit dem Jahr 2003 nicht angegeben hatten. Dadurch wurden sowohl Jahreseinkommensteuern als auch die entsprechenden Vorauszahlungen zu niedrig angesetzt.

Die gegen die Einspruchsentscheidung vor dem Finanzgericht (FG) eingelegte Klage blieb ebenfalls ohne Erfolg. Und auch der BFH sah die dagegen eingelegte Revision als unbegründet an.

Hinterziehungszinsen auf Einkommensteuervorauszahlungen zulässig

Hinterzogene Steuern werden gem. § 235 AO i.V.m. § 238 AO i.H.v. 0,5 % für jeden Monat der Hinterziehung verzinst. Auf die so ermittelten Hinterziehungszinsen wird die reguläre Verzinsung gem. § 233a AO jedoch vollständig angerechnet, soweit diese für dieselben Zeiträume festgesetzt wurde.

Durch die Hinterziehungszinsen soll der Vorteil von Steuerpflichtigen abgeschöpft werden, die diese durch die verspätete Zahlung der verkürzten Steuern erlangen. Ein derartiger Vorteil wird jedoch nicht nur bei der Festsetzung von Jahressteuern erlangt, sondern nach Auffassung des BFH auch durch die unterbliebene Festsetzung von Vorauszahlungen.

Dies gilt auch dann, wenn sowohl die Vorauszahlungen als auch die Jahressteuern für denselben Zeitraum hinterzogen worden sind und jeweils entsprechende Festsetzungen von Hinterziehungszinsen erlassen werden.

Eine unzulässige Doppelverzinsung desselben Einkommensteuerteilbetrags, wie sie der Kläger geltend gemacht hat, liegt nicht vor, wenn die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf die Jahressteuer bzw. auf die Vorauszahlungen unterschiedliche Zinszeiträume umfasst. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen war im Streitfall somit zulässig.

Praxishinweis

Die Finanzbehörden haben in der Vergangenheit von der Möglichkeit, Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen festzusetzen, nur eingeschränkten Gebrauch gemacht. Nach der durch die Entscheidung geschaffenen Rechtssicherheit dürfte sich dies zukünftig ändern.

Steuerpflichtige sollten beachten, dass die Festsetzung von Hinterziehungszinsen lediglich bei (bedingtem) Vorsatz zulässig ist. Liegt nur eine leichte Fahrlässigkeit bei der Nichtangabe von Einkünften in den Steuererklärungen vor, hat eine Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu unterbleiben.

BFH, Urt. v. 28.09.2021 - VIII R 18/18

Quelle: Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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