10.5 Anteilsübertragung nach erfolgsneutraler Ausgliederung

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10.5.2 Veräußerung des Anteils nach Ausgliederung des Sonderbetriebsvermögens

10.148

Wird der Gesellschaftsanteil im Anschluss an die erfolgsneutrale Ausgliederung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens, das zu den funktional und/oder wegen erheblicher stiller Reserven quantitativ wesentlichen Betriebsgrundlagen der Mitunternehmerschaft gehört hat, veräußert, gilt das Folgende:

10.149

Geht die erfolgsneutrale Ausgliederung des Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen einer (deutlich) späteren Veräußerung des (verbliebenen) Gesellschaftsanteils voran, ist dessen Veräußerung grundsätzlich nach §  16 Abs.  1 Nr. 2 und Abs.  4, §  34 EStG begünstigt, denn dann wird der Vorgang nicht von der "Rechtsfigur eines Gesamtplans" erfasst. Dafür ist eine zeitraumbezogene Betrachtung wie bei einer Betriebsaufgabe maßgebend, wenn ein Veräußerungsplan mehrere Teilakte umfasst.2) Zur Frist liegt keine abschließende Entscheidung des BFH vor. Die Finanzverwaltung unterstellt einen Gesamtplan innerhalb einer Frist von bis zu 18 Monaten.3) Im Allgemeinen ist es dennoch ratsam, zur Vermeidung der Annahme eines Gesamtplans - wenn möglich - einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren einzuhalten.4)

10.150

Abweichend davon findet die Gesamtplanrechtsprechung des BFH5) keine Anwendung, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst für die Übertragung von Wirtschaftsgütern in Einzelakten entscheidet und sich diese Schritte zur Erreichung des "Gesamtziels" als notwendig erweisen, auch wenn dem Ganzen ein vorab erstelltes Konzept zugrunde liegt und eine zeitliche Nähe besteht.

10.151

Steht die erfolgsneutrale Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen aus dem Sonderbetriebsvermögen "aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsübertragung", dann wird wegen der Verwirklichung der Rechtsfigur eines Gesamtplans6) mangels Zusammenballung der insgesamt vorhandenen stillen Reserven hinsichtlich der Anteilsveräußerung ein laufender, nicht nach §  16 Abs.  1 Nr. 2 i.V.m. §  34 EStG begünstigter Gewinn realisiert.7) Grund dafür ist, dass ein Veräußerungsgewinn i.S.d. §  34 Abs.  2 Nr. 1 EStG nur dann der Tarifbegünstigung unterliegt, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des §  34 Abs.  2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus.8)

10.152

Dieses Erfordernis folgt aus dem Zweck der Tarifbegünstigung des §  34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen. Dies setzt folglich voraus, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden.9) Der BFH hat diese Grundsätze allein im Wege der teleologischen Auslegung des §  34 EStG gewonnen und nicht auf §  42 AO gestützt.10) Ein daneben bestehendes oder darüber hinausgehendes Rechtsinstitut eines Gesamtplans gibt es nicht.11) Eine geplante Gestaltung ist deshalb zulässig, wenn damit ein Ergebnis herbeigeführt wird, das durch eine Norm gedeckt ist. Schädlich dagegen ist eine Gestaltung, die im Ergebnis die Anwendung einer konkreten Norm dem Wortlaut nach verhindert oder erst ermöglicht, jedoch nicht von deren Zweck und Zielsetzung gedeckt ist.

10.153

Die Rechtsfigur eines Gesamtplans mit der Folge fehlender Begünstigung nach §  34 EStG greift nicht nur dann, wenn nach der Ausgliederung die verbliebenen Mitunternehmeranteile zeitnah veräußert werden, sondern auch dann, wenn einerseits wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehalten und andererseits zugleich wesentliche Betriebsgrundlagen in eine Schwesterpersonengesellschaft zum Buchwert eingebracht werden und anschließend die Anteile an der Schwestergesellschaft unter Aufdeckung der (nur auf sie übergegangenen) stillen Reserven veräußert werden.12)

10.154

Sollte es sich bei der Ausgliederung nicht um einzelne Wirtschaftsgüter handeln, sondern um die Beteiligung an einer Unterpersonengesellschaft, so ist diese Ausgliederung für die sich anschließende Begünstigung der Veräußerung des verbleibenden Gesellschaftsanteils in jedem Fall unschädlich.13)

10.155

Die vorstehend zur Veräußerung und zur Tarifbegünstigung nach §  34 EStG geltenden Grundsätze sind nicht durch die Entscheidung zu §  6 Abs.  3 EStG 14) beeinflusst, weil die Gesamtplanrechtsprechung im Rahmen des §  6 Abs.  3 EStG nicht greift (siehe dazu unten Rdnr. 10.156  ff.).