Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Vorsteuern in einer Gesamthöhe von 351.529,11 € für den Zeitraum Januar bis Dezember 2008.
Die Klägerin ist Unternehmerin mit Sitz in Dänemark.
Am 30.06.2008 stellte sie einen Vorsteuervergütungsantrag für den Zeitraum Januar bis März 2008 i. H. v. 134.681,06 €. Im Antrag war der Abschnitt 9 Buchst. a) nicht ausgefüllt und im Abschnitt 9 Buchst. b) war keine der Alternativen angekreuzt.
Mit Bescheid vom 20.10.2010 lehnte der Beklagte die Vergütung der Vorsteuern ab, da der Antrag nicht durch einen gesetzlichen Vertreter der Klägerin eigenhändig unterschrieben worden sei und darüber hinaus im Abschnitt 9 Buchst. b) keine Angaben gemacht worden seien.
Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 24.11.2010. Die Klägerin machte geltend, sie habe nicht gewusst, welche Angaben sie im Abschnitt 9 Buchst. b) habe auswählen sollen. Darüber hinaus habe sie in der Vergangenheit die Anträge stets in derselben Form gestellt, ohne dass es zu Problemen gekommen sei.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung von 23.01.2013 als unbegründet zurück, da in den Abschnitten 9 Buchst. a) und b) keine Angaben gemacht worden seien und daher der Antrag nicht wirksam gestellt worden sei.
Bezüglich des Vergütungszeitraums April bis Juni 2008 stellte die Klägerin am 24.09.2008 einen Vergütungsantrag i. H. v. 99.450,96 €, der ebenfalls keine Angaben in den Abschnitten 9 Buchst. a) und b) enthielt.
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17.09.2010 ab, worauf hin die Klägerin am 27.10.2010 Einspruch einlegte, welchen der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23.01.2013 aus denselben Gründen wie im vorherigen Vergütungszeitraum zurückwies.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 28.02.2013.
Die Klägerin macht geltend, dass in Abschnitt 9 Buchst. a) Eintragungen nicht zwingend erforderlich seien. Weder aus dem Vordruck, noch aus der Anleitung zum Antrag ergebe sich eine entsprechende Notwendigkeit.
Hinsichtlich der fehlenden Angaben im Abschnitt 9 Buchst. b) sei anzumerken, dass die Klägerin die geforderten Erklärungen konkludent abgegeben habe, indem sie den Vorsteuervergütungsantrag überhaupt gestellt habe. Damit habe sie sinngemäß erklärt, dass sie Umsätze in der Bundesrepublik Deutschland bewirkt habe.
Darüber hinaus sei der Klägerin auch Vertrauensschutz zu gewähren, weil für die vorangegangene Zeiträume ebenfalls keine Angaben in den entsprechenden Feldern des Vorsteuervergütungsantrag gemacht worden seien, ohne dass es hierdurch zu einer Ablehnung des Antrags gekommen sei.
Mit Schriftsatz vom 04.07.2013 erweiterte die Klägerin ihre Klage mit Zustimmung des Beklagten im Hinblick auf den Vergütungszeitraum Oktober bis Dezember 2008.
Für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 beantragte die Klägerin die Vergütung von Vorsteuern i. H. v. 123.355,75 €. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 03.12.2010 ab. Im anschließenden Einspruchsverfahren wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 30.05.2013 zurückgewiesen. Die Begründung entspricht den Einspruchsentscheidungen für den vorangegangenen Vergütungszeitraum des Jahres 2008.
Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 30.06.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.01.2013, den Ablehnungsbescheid vom 24.09.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.01.2013 sowie den Ablehnungsbescheid vom 03.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, für den Vergütungszeitraum Januar bis März 2008 Vorsteuern i. H. v. 134.681,06 €, für den Vergütungszeitraum April bis Juni 2008 Vorsteuern i. H. v. 99.450,96 € und für den Vergütungszeitraum Oktober bis Dezember 2008 Vorsteuern i. H. v. 123.355,75 € zu vergüten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt aus, dass die Vergütungsanträge nicht vollständig ausgefüllt worden seien und daher nicht wirksam gestellt worden seien.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand käme nicht in Betracht, da die Klägerin zu keinem Zeitpunkt die versäumten Handlungen nachgeholt habe.
Der Klägerin sei auch kein Vertrauensschutz einzuräumen, soweit in den früheren Vergütungszeitraum gleichlautende Anträge positiv beschieden worden seien. Ein Vertrauenstatbestand könne nicht bereits durch ein Unterlassen der Verwaltung entstehen. Notwendig sei vielmehr eine verbindliche Zusage oder Auskunft, worin sich die Verwaltung gegenüber dem Antragsteller bindend äußere. Hieran fehle es im Streitfall.
Die Klage ist unbegründet.
I. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Vergütung der begehrten Vorsteuern, da sie keine wirksamen Vergütungsanträge gestellt hat.
1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Bei dieser Sechs-Monats-Frist handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 09. Januar 2014 –
2. Die von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsansprüche sind im Jahr 2008 entstanden, so dass die Vergütungsanträge bis zum 30. Juni 2009 zu stellen waren.
In dieser Frist und auch danach hat die Klägerin keine wirksamen Anträge gestellt. Ihre Vergütungsanträge sind unwirksam, da es bereits jeweils an einer Eintragung in Abschnitt 9 Buchst. a) des Antragsvordrucks gemäß der Achten EG-Richtlinie (vom 06. Dezember 1979,
a. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besondere Verfahren regeln.
Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§
b. Ein Antrag auf Vorsteuervergütung, der nicht alle Angaben und Erklärung enthält, die nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck erforderlich sind, ist unwirksam.
aa. Dies gilt insbesondere für die in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks geforderte Erklärung, dass die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens verwendet worden sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 09. Januar 2014 –
Durch diese inhaltlichen Anforderungen an den Vergütungsantrag wird sichergestellt, dass der innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG abzugebende Antrag alle Angaben enthält, die die Finanzverwaltung im Regelfall als entscheidungserheblich ansieht. Ein Vergütungsantrag, der innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist nicht nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gestellt worden ist bzw. in dem nicht alle vorgesehenen entscheidungserheblichen Angaben und Erklärungen abgegeben worden sind, ist daher abzulehnen (vgl. BFH-8eschluss vom 14. Dezember 2012 –
bb. Die in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks geforderten Erklärungen des Antragsteller sind für die Entscheidung über die beantragte Vorsteuervergütung erheblich.
Die Vergütung von Vorsteuerbeträgen nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§
cc. Die streitigen Anträge enthalten nicht alle für einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag erforderlichen Erklärungen. Die Klägerin hat im amtlichen Vordruck in Abschnitt 9 Buchst. a) keine Angaben gemacht.
Eintragungen im Abschnitt 9 Buchst. b) sind ebenfalls für die Wirksamkeit eines Antrags auf Vorsteuervergütung erheblich (FG Köln, Gerichtsbescheid vom 23. März 2015 –
d. Das Erfordernis der Erklärung in Abschnitt 9 Buchst. b) des Vordrucks ergibt sich unmittelbar aus Europarecht.
Um die Erstattung zu erhalten, darf ein nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässiger Steuerpflichtiger gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Elften Richtlinie (2008/9/EG zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie
e. Die Erbringung von Beförderungsleistungen und damit verbundene Nebentätigkeiten, die gemäß den Artikeln 144, 146, 148, 149, 151, 153, 159 oder Artikel160 der Richtlinie
ee. Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen, deren Empfänger nach den Artikeln 194 bis 197 und Artikel
Dies muss der Steuerpflichtige auch erklären (Art. 8 Abs. 1 Buchst. e) der Elften Richtlinie). Hierzu dient Abschnitt 9 Buchst. b) des Vordrucks.
Da es an entsprechenden Erklärungen der Klägerin fehlte, waren die Vergütungsanträge auch aus diesem Grund nicht wirksam gestellt.
f. Die Unwirksamkeit eines Antrages, der nicht alle Angaben und Erklärungen enthält, die nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck erforderlich sind, ist auch gemeinschaftsrechtlich eindeutig vorgegeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 09. Januar 2014 –
Das der Achten Richtlinie des Rates vom 06. Dezember 1979 (
Aus den Erläuterungen in Anhang C Buchst. F der Achten Richtlinie ergibt sich dabei zudem ausdrücklich, dass der Antragsteller unter Nr. 9 Buchst. a) des Formulars die Art der Tätigkeit oder des Gewerbezweigs anzugeben hat, für die er die Güter erworben bzw. die Leistungen erbracht hat, auf die sich der Antrag auf Steuervergütung bezieht. Hierzu werden auch Beispiele angeführt: z.B. „Beteiligung an der internationalen Ausstellung von … in … vom … bis zum …” (so zuletzt auch BFH-Beschluss vom 09. Januar 2014 –
Der BFH hat inzwischen bestätigt, dass es keiner Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) dazu bedarf, dass ein Vorsteuervergütungsantrag, in dem es an einer Eintragung in Abschnitt 9 Buchst. a) mangelt, unwirksam ist (vgl. Beschluss vom 09. Januar 2014 –
Die Mitgliedstaaten sind demnach gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, die Erstattung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge vom Vorliegen der entsprechenden Erklärung des Antragstellers abhängig zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 –
3. Gründe, aus denen der Klägerin Vertrauensschutz dahingehend gewähren werden kann, einen Vorsteuervergütungsantrag ohne Angaben in Abschnitt 9 Buchstabe a) und b) des Vordrucks einreichen zu können, sind nicht ersichtlich.
a. Maßgeblich für den Vertrauensschutz ist der Zeitpunkt der Antragstellung. Die Klägerin hat indes keinen Vertrauenstatbestand dargelegt, der im Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellungen die Schlussfolgerung gerechtfertigt hätte, der Beklagte werde ihren Vergütungsantrag auch ohne die erforderlichen Angaben in Abschnitt 9 Buchst. a) und b) als ordnungsgemäß ansehen. (vgl. FG Köln, Urteil vom 06. Mai 2014 –
b. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte in den Ablehnungsbescheiden nicht auch die fehlende Eintragung im Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks beanstandet hatte. Aus der Nichterwähnung des Abschnitts 9 Buchst. a) sowie dem Fehlen eines nochmaligen Hinweises auf die Ausschlussfrist folgt kein schützenswertes Vertrauen der Klägerin dahingehend, dass die Ausfüllung des Abschnitts 9 Bucht. a) den gesetzlichen Formerfordernissen genügt bzw. bzgl. dieser Angaben die Antragsfrist nicht (mehr) gilt. Die Verantwortung, innerhalb der Frist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag zu stellen, lag nach wie vor in der Sphäre der Klägerin als Steuerpflichtige, die eine Vorsteuervergütung begehrt (vgl. Köln, Urteil vom 12. Dezember 2012 –
4. Der Klägerin ist im Hinblick auf die versäumte Antragsfrist und zur Einreichung eines wirksamen Vergütungsantrags keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO zu gewähren.
a. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm nach § 110 Abs. 1Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO). Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 AO). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).
b. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO ist abgelaufen, ohne dass die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt die versäumte Handlung – nämlich die Erklärung zu Abschnitt 9 Buchst. a) und b) des Antragsvordrucks – nachgeholt oder einen entsprechenden Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat. Maßgebend für den Fristbeginn der Jahresfrist ist die versäumte Frist, was im Streitfall die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist. Die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG endete für die Klägerin mit Ablauf des 30. Juni 2009. Somit endete die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO mit Ablauf des 30. Juni 2010 (§ 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187, 188 BGB)
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §
III. Die Revision wird gemäß §
IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§
Nachinstanz: BFH -