I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. An ihr waren die Beigeladene (B) und ein weiterer Kommanditist (D) beteiligt. Mit Wirkung zum 28.10.1986 übertrug D seinen Kommanditanteil und seinen Anteil an der persönlich haftenden GmbH in Höhe von 50.000 DM auf B.
B übernahm als Gegenleistung für den Kommanditanteil das negative Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters in Höhe von ./. 269.568,76 DM und zahlte zusätzlich einen Betrag von 25.000 DM. Den GmbH-Anteil übernahm sie zum Nominalwert.
In der zum 31.12.1986 für B erstellten Ergänzungsbilanz wies die Klägerin aus:
- auf der Aktivseite zusätzliche Anschaffungskosten in Höhe von 182.500 DM für den Kommanditanteil und die Beteiligung an der GmbH in Höhe von 50.000 DM sowie einen Verlust aus "Abschreibungen für aufgedeckte stille Reserven" in Höhe von 3.930 DM,
- auf der Passivseite ein Mehrkapital von (294.679,52 DM ./. 116.109,52 DM =) 178.570 DM und Verbindlichkeiten in Höhe von 50.000 DM, die sie zur Finanzierung der Gesellschaftsanteile aufgenommen hatte.
Die zusätzlichen Anschaffungskosten ermittelte die Klägerin auf der Grundlage der stillen Reserven ihres Betriebsvermögens in Höhe von 365.000 DM, von denen nach dem Gesellschaftsvertrag 50 % (182.500 DM) auf den ausscheidenden Kommanditisten entfielen. Das Mehrkapital auf der Passivseite ermittelte sie auf der Grundlage eines in einer "Gewinn- und Verlustrechnung zur Ergänzungsbilanz" ausgewiesenen Verlustes in Höhe von 116.109,52 DM. Der Verlust setzte sich wie folgt zusammen:
Absetzung für Abnutzung (AfA)
"wegen aufgedeckter stiller Reserven"
(zeitanteilig für zwei Monate) 3.930,00 DM
Abfindung "lästiger Gesellschafter" 112.068,76 DM
Schuldzinsen für das Darlehen 110,76 DM
------------------------------------------------------------------
Gesamtverlust 116.109,52 DM.
Die Abfindung für den lästigen Gesellschafter ermittelte die Klägerin aus der Differenz zwischen dem Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters an den stillen Reserven des Betriebsvermögens und dessen negativem Kapitalkonto zusätzlich der an ihn geleisteten Barzahlung. Die AfA schätzte die Klägerin auf der Grundlage einer durchschnittlichen Restnutzungsdauer "der aufgedeckten stillen Reserven" von acht Jahren.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) behandelte diesen Verlust mit Feststellungsbescheid vom 30.05.1988 als nichtausgleichsfähig gemäß § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der Einspruch hatte insoweit Erfolg, als das FA nunmehr die Schuldzinsen als ausgleichsfähigen Verlust anerkannte.
Die Klage mit dem Antrag, "das FA zur Feststellung eines ausgleichs-/abzugsfähigen Verlustes in Höhe von 116.000 DM zu verpflichten", hatte Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) vertritt die Ansicht, daß die Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung des § 15a EStG für Ergänzungsbilanzen nicht gelte. Das Tatbestandsmerkmal "Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft" in § 15a Abs. 1 EStG betreffe nur das Ergebnis der Steuerbilanz der Gesellschaft, nicht aber die Ergebnisse etwaiger Ergänzungs- und/oder Sonderbilanzen der Gesellschafter. Eine Erstreckung der Rechtsfolgen des § 15a EStG über den äußersten Wortsinn des dort genannten "Anteils am Verlust der Kommanditgesellschaft" sei als Analogie zu Lasten des Steuerpflichtigen unzulässig.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 15a Abs. 1 EStG).
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und die Beigeladene haben keine Anträge gestellt.
II. Die Revision ist teilweise begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur teilweisen Stattgabe der Klage (§
I.
Die Klägerin ist gemäß §
II.
Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nur teilweise vor.
1. Die geltend gemachten Verluste sind insoweit ausgleichs- bzw. vortragsfähig, als sie die Abfindung für einen "lästigen Gesellschafter" und die Schuldzinsen betreffen. Bei diesen Aufwendungen handelt es sich um Verluste im Sonderbetriebsvermögen, die nicht der Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung unterliegen.
a) Erwirbt ein Gesellschafter (Mitunternehmer) den Gesellschaftsanteil eines Mitgesellschafters, so hat er seine Aufwendungen, soweit sie den Buchwert des Gesellschaftsanteils übersteigen, als zusätzliche Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz zur Steuerbilanz der Gesellschaft zu aktivieren; auf der Passivseite der Ergänzungsbilanz ist ein entsprechendes Mehrkapital gegenüber der Steuerbilanz der Gesellschaft auszuweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 05.10.1989
b) Das gilt allerdings nicht ausnahmslos. Der Aktivierung der zusätzlichen Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz liegt die widerlegbare tatsächliche Vermutung zugrunde, - daß die bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens stille Reserven enthalten oder daß nichtbilanzierte immaterielle Einzelwirtschaftsgüter oder ein originärer Geschäftswert vorhanden sind, an denen der eintretende Gesellschafter teilhat, und - der den Buchwert übersteigende Teil der Abfindung Entgelt für den Anteil des neuen Gesellschafters an den stillen Reserven und/oder an einem Geschäftswert ist.
Diese Vermutung ist - wie der erkennende Senat zuletzt in seinem Urteil in BFHE 167, 309, BStBl II 1992, 647 [Verweis FU: "BStBl II 1992, 647 "] ausgeführt hat - widerlegt, wenn und soweit feststeht, daß die bilanzierten und nichtbilanzierten Einzelwirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens keine stillen Reserven enthalten und/oder kein Geschäftswert vorhanden ist, oder daß der neue Gesellschafter gesellschaftsrechtlich an den stillen Reserven und/oder am Geschäftswert nicht beteiligt ist. In diesen Fällen kommt keine Aktivierung der Mehranschaffungskosten, sondern ihr sofortiger Abzug als Sonderbetriebsausgaben in Betracht. Die in der Gewinn- und Verlustrechnung zur Ergänzungsbilanz als Aufwand behandelten Abfindungszahlungen sind nur unter diesen Voraussetzungen sofort abziehbar.
Ob diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind, läßt sich auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht beurteilen.
c) Es bedarf jedoch insoweit keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts, weil der Senat an die bestandskräftige Feststellung des laufenden Gewinns der KG gebunden ist.
aa) Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes bleibt auch dann eine selbständige Feststellung, wenn sie mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte verbunden wird. Es handelt sich um zwei Verwaltungsakte (BFH in BFHE 150,
Die Bestandskraft umfaßt die Feststellung des Anteils eines Gesellschafters am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft und das Ergebnis aus der Ergänzungsbilanz, die zusammen den Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG ausmachen (vgl. dazu BFH in BFHE 167, 309, BStBl II 1992, 647 [Verweis FU: "BStBl II 1992, 647 "]), sowie das Ergebnis aus einer Sonderbilanz des Gesellschafters.
bb) Die bestandskräftige Feststellung des Anteils der B am laufenden Gewinn des Streitjahrs hat zur Folge, daß auch dann, wenn die gesamten von B erbrachten Zahlungen zu den Anschaffungskosten des Gesellschaftsanteils gehören sollten, hinsichtlich der Abfindungszahlungen von sofort abziehbaren Betriebsausgaben auszugehen ist, und daß ungeachtet des Verstoßes gegen die Verpflichtung zur individuellen Aufteilung der Anschaffungskosten die AfA mit dem von der Klägerin angesetzten durchschnittlichen Satz zu berücksichtigen ist. Das hat auf die von der Klägerin erstellte "Ergänzungsbilanz" folgende Auswirkungen:
- Die Abfindungszahlungen gehören nicht in diese Bilanz. Abfindungszahlungen für einen "lästigen Gesellschafter" sind außerhalb der Ergänzungsbilanz zu erfassen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.01.1979
- Zu den Sonderbetriebsausgaben gehören auch die Finanzierungskosten für den Erwerb des GmbH-Anteils (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.11.1984
- Nicht von der Bestandskraft der Gewinnfeststellung erfaßt wird die Aktivierung des GmbH-Anteils und die Passivierung des Darlehens in der "Ergänzungsbilanz" der Klägerin. Sie erhöhen bzw. vermindern den Mehrkapitalanteil in dieser Bilanz deshalb nicht, weil sie zum Sonderbetriebsvermögen II und damit in eine Sonderbilanz der Beigeladenen gehören (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31.10.1989
- Die bei der Weiterentwicklung dieser berichtigten Ergänzungsbilanz zu berücksichtigende AfA (vgl. dazu Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs - OFH - vom 07.12.
2. Der Verlust aus der Ergänzungsbilanz in Höhe der AfA erhöht den "Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft" und ist deshalb nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähig, sondern nur verrechenbar. Bei der Ermittlung der Höhe des Kapitalkontos i.S. von § 15a Abs. 1 EStG ist das Ergebnis aus der für einen Gesellschafter geführten Ergänzungsbilanz miteinzubeziehen.
a) Im Schrifttum werden dazu unterschiedliche Meinungen vertreten.
aa) Nach einer Mindermeinung ist auf das Kapitalkonto in der Handelsbilanz abzustellen (Walzer, Betriebs-Berater - BB - 1981,
Die Frage kann hier offenbleiben. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil in BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167 [Verweis FU: "BStBl II 1992, 167 "] entschieden, daß Kapitalkonto i.S. von § 15a Abs. 1 EStG das nach steuerrechtlichen Grundsätzen ermittelte Kapitalkonto ist.
bb) Ein Teil des Schrifttums (vgl. dazu die Nachweise in BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167 [Verweis FU: "BStBl II 1992, 167 "], unter 2. a, cc) vertritt darüber hinaus die Ansicht, daß Kapitalkonto i.S. des § 15a Abs. 1 EStG das unter Einschluß des Sonderbetriebsvermögens I und II in der "Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft" auszuweisende Kapitalkonto ist. Zu diesem Kapitalkonto der "Gesamtbilanz" gehört auch das Mehrkapitalkonto in der Ergänzungsbilanz.
cc) Nach Ansicht der Finanzverwaltung (Abschn. 138d Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien -
b) Er bejaht die Frage nunmehr aus folgenden Gründen:
aa) Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Anteil des Gesellschafters am "Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft" in zwei Stufen zu ermitteln (vgl. etwa BFH-Urteile vom 14.11.1985
bb) Bedenken gegen diese Auffassung könnten allerdings deshalb bestehen, weil in der Ergänzungsbilanz zusätzliche Anschaffungskosten des Gesellschafters aktiviert werden, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in der Steuerbilanz der Gesellschaft nicht ausgewiesen werden dürfen. In dieser Bilanz können als (nachträgliche) Anschaffungskosten nur Aufwendungen der Gesellschaft erfaßt werden (vgl. z.B. Institut der Wirtschaftsprüfer, Stellungnahme des Arbeitskreises "Besteuerung von Personengesellschaften", Beilage 3 zu den Fachnachrichten 1990, 80 b, und Herrmann in Institut der Wirtschaftsprüfer - IDW -, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 184 ff., sowie Clemm, BB 1992,
cc) Der Senat braucht die Frage nach der Stellung der Ergänzungsbilanz im System der Gewinnermittlung der Personengesellschaften im Streitfall aber nicht allgemein zu entscheiden. Die Antwort ergibt sich für den Anwendungsbereich des § 15a EStG bereits aus dessen besonderem Normzweck. Mit dieser Vorschrift soll der Verlustausgleich des Kommanditisten seinem Haftungsumfang angeglichen werden (vgl. BTDrucks 8/3648, S. 15 ff.; BFH in BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167 [Verweis FU: "BStBl II 1992, 167 "], unter 2. b).
Dieser Haftungsumfang wird - hinsichtlich der im Streitfall die Haftung allein bestimmenden Pflichteinlage - nach Gesellschaftsrecht zunächst durch die Einlage in das Gesellschaftsvermögen zu Buchwerten und damit nach dem Stand des Kapitalkontos in der Handelsbilanz bestimmt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 11.12.1989 II ZR 78/89, BGHZ 109, 334 ff., 339 ff., m.w.N.). Er darf aber auch nach Handelsrecht nicht nur unter diesem Gesichtspunkt gesehen werden. Die Haftung des Kommanditisten als Gesellschafter geht über die in § 171, § 172 des Handelsgesetzbuches (HGB) getroffene Regelung hinaus. Sie erfaßt über die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen auch die stillen Reserven. Denn ein Gesellschafter - auch der Kommanditist - darf im Falle des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen (vgl. dazu BGH-Urteil vom 21.03.1988
An dieses Ausfallrisiko knüpft auch das Einkommensteuerrecht an. Der Gesellschafter wird u.a. vor allem deshalb zum Mitunternehmer, weil er dieses Risiko der Teilhabe an den stillen Reserven trägt (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 25.06.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 [Verweis FU: "BStBl II 1984, 751 "], unter C V. 3. c, cc - 2. -; Urteil vom 10.11.1987
Das Kapitalkonto i.S. von § 15a Abs. 1 EStG setzt sich damit aus dem Kapitalkonto des Gesellschafters in der Gesellschaftsbilanz und dem Mehr- oder Minderkapitalkonto des Gesellschafters in der Ergänzungsbilanz zusammen. Dagegen wird von dem, nach § 15a EStG zu berücksichtigenden Haftungsumfang nicht das Mitunternehmerrisiko erfaßt, das der Gesellschafter mit den Wirtschaftsgütern seines Sonderbetriebsvermögens trägt. Der Ausschluß der Kapitalkonten der Sonderbilanzen aus dem in § 15a Abs. 1 EStG verwendeten Begriff "Kapitalkonto" ergibt sich - wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung in BFHE 164, 516, BStBl II 1992, 167 [Verweis FU: "BStBl II 1992, 167 "] ausgeführt hat - aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Begriff "Anteil am Verlust der KG" in dieser Vorschrift. Dieser Verlust bezieht sich nach Wortsinn und Zweck des § 15a Abs. 1 EStG nur auf das Gesellschaftsvermögen der KG.