Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 2. Mai 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG (nachstehend Schuldnerin), das am 1. Januar 2001 eröffnet wurde. Er verlangt mit seiner am 18. Dezember 2009 beim Landgericht eingegangenen Klage vom Beklagten, der mit einer Einlage von 150.000 DM einziger Kommanditist der Schuldnerin ist, die Erstattung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen (nachstehend auch als Zinsabschläge bezeichnet) i.H.v. von insgesamt 24.589,88 €, die auf Kapitalerträge der Schuldnerin im Zeitraum 2001 bis 2008 wie folgt abgeführt wurden:
Jahr | Kapitalertragssteuer | Solidaritätszuschlag | Summe |
2001 | 3.539,40 € | 194,61 € | 3.734,01 € |
2002 | 6.804,96 € | 374,19 € | 7.179,15 € |
2003 | 2.250,60 € | 123,74 € | 2.374,34 € |
2004 | 1.886,36 € | 103,71 € | 1.990,07 € |
2005 | 1.826,84 € | 100,45 € | 1.927,29 € |
2006 | 2.447,11 € | 134,57 € | 2.581,68 € |
2007 | 2.635,88 € | 144,96 € | 2.780,84 € |
2008 | 1.917,08 € | 105,42 € | 2.022,50 € |
Summe | 23.308,23 € | 1.281,65 € | 24.589,88 € |
Das Landgericht hat der Klage nur hinsichtlich der seit dem Jahr 2005 abgeführten Zinsabschläge in Höhe von 9.312,31 € nebst Zinsen stattgegeben und den Anspruch des Klägers im Übrigen für verjährt gehalten. Die dagegen gerichteten Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag in Höhe der restlichen 15.277,57 € nebst Zinsen weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Über die Revision des Klägers ist, obwohl der Beklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten war, durch streitiges Endurteil (unechtes Versäumnisurteil), nicht durch Versäumnisurteil, zu entscheiden, da sich die Revision auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1993
II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein bereicherungsrechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe der Zinsabschläge für die Jahre 2005 bis 2008 zu. Der Beklagte sei als einziger Kommanditist der Schuldnerin nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 43 Abs. 1 Nr. 7, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Schuldner der auf die Insolvenzmasse zu entrichtenden Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags. Mit der Abführung dieser Steuer tilge die Gesellschaft nicht eine eigene, sondern die Steuerschuld des Gesellschafters, dem die Zinsabschläge nach § 36 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 EStG auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen oder bei einem Überschuss an diesen auszukehren seien. Die Abführung des Zinsabschlags komme bei der werbenden Gesellschaft einer Einnahme der Gesellschaft und einer Entnahme des Gesellschafters gleich, zu der der Beklagte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nach § 15 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags berechtigt gewesen sei. In der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft ändere sich an der steuerrechtlichen Situation grundsätzlich nichts. Allerdings gehöre der gesamte Kapitalertrag zur Insolvenzmasse und das Entnahmerecht des Gesellschafters sei entfallen. Einen anderen zivilrechtlichen Grund, den mit der Abführung des Zinsabschlags verbundenen geldwerten Vorteil behalten zu dürfen, gebe es nicht.
Der Erstattungsanspruch der Schuldnerin könne zwar weder aus dem Gesellschaftsvertrag hergeleitet werden noch bestehe wegen der Nichterstattung des Zinsabschlags ein Schadenersatzanspruch gegen den Gesellschafter wegen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht. Es handele sich vielmehr um einen Fall der Eingriffskondiktion, weil der Beklagte den Vermögensvorteil allein auf Grund der gesetzlichen Pflicht des Kreditinstituts zur Abführung der Quellensteuer erlangt habe. Diese Vermögensverschiebung sei wie bei der werbenden Gesellschaft als Entnahme zu behandeln. Die Rückforderung einer unzulässigen Entnahme erfolge aber nicht auf gesellschaftsrechtlicher, sondern auf bereicherungsrechtlicher Grundlage.
Der Bereicherungsanspruch verjähre nach §§ 195, 199 BGB drei Jahre nach dessen Entstehung und der Kenntnis des Insolvenzverwalters. Für die Kenntnis des Klägers komme es nicht auf den Zugang der Steuerbescheinigungen an, sondern auf den Zugang der Kontoauszüge, in denen die Zinsabschläge ausgewiesen würden.
Es bestehe auch kein auf Erstattung der Zinsabschläge für das Jahr 2001 gerichteter Schadenersatzanspruch. Durch das Verjährenlassen des Bereicherungsanspruchs ändere sich dessen Charakter nicht. Die Festsetzungsverjährung habe keinen Einfluss auf die Verjährung der Erstattungsforderung.
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rückzahlung der Einlage fehle jeder nachvollziehbare Tatsachenvortrag des Klägers. Im Übrigen habe der Kläger mit dem Verweis auf einen Anspruch auf Rückzahlung der Einlage oder nach den Vorschriften zur Kapitalerhaltung erstmals in der Berufung unzulässig neue Streitgegenstände eingeführt.
III. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Erstattung der von der Schuldnerin vor dem Jahr 2005 abgeführten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge besteht, wie das Berufungsgericht zugunsten des Klägers angenommen hat, ob dem Kläger ein Erstattungsanspruch auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zusteht, wie die Revision geltend macht, oder ob das Entnahmerecht des Beklagten auch in der Insolvenz der Schuldnerin besteht. Ein etwaiger Erstattungsanspruch wäre jedenfalls gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (für Kapitalerträge in 2001 ggf. in Verbindung mit Art.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einer werbenden Personenhandelsgesellschaft die gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 EStG durch Abzug auf Kapitalerträge der Gesellschaft erhobene Einkommensteuer (Kapitalertragsteuer) vermögensmäßig als Abzug von Gesellschaftskapital anzusehen und durch deren steuerliche Anrechnung auf die Einkommensteuer des Gesellschafters wie eine Entnahme ihres Gesellschafters zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1995
Ob ein im Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der einbehaltenen Steuerbeträge vereinbartes Entnahmerecht des Gesellschafters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Personenhandelsgesellschaft entfällt, der Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse dann den vollen Kapitalertrag beanspruchen kann und der Gesellschafter ihm somit wie das Berufungsgericht angenommen hat die auf den Kapitalertrag erhobene Einkommensteuer zu erstatten hat, wird unterschiedlich beurteilt. In der Rechtsprechung und von einem Teil des Schrifttums wird mit unterschiedlicher Begründung ein Erstattungsanspruch der Insolvenzmasse gegen den Gesellschafter bejaht (vgl. OLG Dresden, GmbHR 2005,
b) Der Senat muss die Frage, ob und gegebenenfalls auf welcher Rechtsgrundlage der Gesellschafter zur Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlägen verpflichtet ist, die auf Kapitalerträge der Insolvenzmasse abgezogen worden sind, im Streitfall nicht entscheiden. Ein auf Erstattung der abgeführten Zinsabschläge gerichteter Anspruch des Klägers wäre, wenn man ihn bejahen wollte, unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung als bereicherungsrechtlicher oder aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleiteter Anspruch innerhalb von drei Jahren nach seiner Entstehung verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB; Art.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision wäre ein Erstattungsanspruch bereits mit der Abführung der Zinsabschläge entstanden.
(1) Ein Anspruch ist im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 16. September 2010
(2) Der auf Erstattung einer unberechtigten Entnahme gerichtete Anspruch der Gesellschaft ist, wie sich aus § 111 HGB ergibt, mit Herausnahme des Geldes aus der Gesellschaftskasse fällig (Goette in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 111 Rn. 24 mwN). Wird wie im Streitfall zu unterstellen eine einer unberechtigten Entnahme gleichkommende Vermögensverschiebung dadurch bewirkt, dass die Gesellschaft durch die Abführung von Zinsabschlägen eine Vorauszahlung auf eine Steuerschuld des Gesellschafters leistet, entsteht der Anspruch der Gesellschaft auf Erstattung des Geleisteten bereits mit der den Anrechnungsanspruch des Gesellschafters gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auslösenden Erhebung der Kapitalertragsteuer. Mit der Entstehung des Anrechnungsanspruchs ist die für den Erstattungsanspruch maßgebliche Vermögensverschiebung zu Gunsten des Gesellschafters bewirkt.
(3) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Senatsentscheidung vom 30. Januar 1995 (
bb) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger von der Erhebung der Zinsabschläge für die Jahre 2001 bis 2004 vor dem 31. Dezember 2005 Kenntnis. Er kannte damit die mögliche Erstattungsansprüche der Schuldnerin begründenden Tatsachen, so dass diese Ansprüche spätestens mit dem Ablauf des Jahres 2008 verjährt wären, ohne dass der Kläger auf die Hemmung der Verjährung gerichtete Maßnahmen ergriffen hat.
2. Einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten bezüglich der Zinsabschläge für das Jahr 2001 wegen der Nichtrealisierung des Anrechnungsrechts gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Wie oben unter III. 1. c) bb) aufgezeigt, würde ein vom Berufungsgericht angenommener Anspruch der Gesellschaft auf Erstattung der aus ihren Zinseinkünften abgeführten Kapitalertragsteuern unabhängig davon bestehen, ob der Gesellschafter sein daraus folgendes Anrechnungsrecht gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wirtschaftlich im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung verwertet (aA OLG Dresden, GmbHR 2005,
3. Entgegen den Rügen der Revision hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei davon abgesehen, die Berechtigung des Klageanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer Haftung des Beklagten gem. §§ 171, 172 HGB und entsprechend §§ 30, 31 GmbHG zu prüfen. Der Senat hat die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§
Von Rechts wegen
Verkündet am: 16. April 2013