3.2 Sonderbetriebsvermögen I

...

3.2.2.2 Grenzen der korrespondierenden Bilanzierung

3.56

Eine korrespondierende Bilanzierung von Forderungen erfolgt nicht, wenn es sich um eine wertgeminderte Forderung gegenüber einer GmbH & Co. KG handelt, die ein Mitunternehmer dieser KG von einem Dritten unter Nennwert erworben hat. Die Aktivierung in der Sonderbilanz ist auf die Anschaffungskosten begrenzt (§  6 Abs.  1 Nr. 2 EStG).

3.57

Beispiel

Die X-GmbH & Co. KG schuldet der Z-AG aufgrund eines Darlehensvertrags 500.000 Euro zzgl. aufgelaufener Zinsen i.H.v. 50.000 Euro. Angesichts der auch im Fremdvergleich unstreitig bestehenden begrenzten Zahlungsfähigkeit tritt der Kommanditist und zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in den Darlehensvertrag als alleiniger Gläubiger der KG ein und erwirbt die Darlehensforderung zzgl. des aufgelaufenen Zinsanspruchs im Wege der Abtretung zum Preis von 330.000 Euro. Die Vereinbarung hält einem Fremdvergleich stand.

Lösung

1.

Die KG passiviert die Darlehensschuld in Handels- und Steuerbilanz weiterhin zu Recht mit dem Nennwert i.H.v. 500.000 Euro zzgl. der Zinsschuld i.H.v. 50.000 Euro.

2.

Die Forderungen gehören seit ihrem Erwerb zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I. Da die Mittel für den Erwerb der Forderungen aus dem Privatvermögen des Kommanditisten stammen, liegen insoweit Einlagen i.S.d. §  4 Abs.  1 Satz 8 EStG i.H.v. 330.000 Euro vor. Nur in diesem Umfang erfolgt eine Betriebsvermögensmehrung, die in der "Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft" auszuweisen ist. Die Forderungen sind daher in der Sonderbilanz mit 330.000 Euro zu aktiveren. Dem steht die Erhöhung des Sonderkapitals nach Einlage gegenüber.

3.

Bedient die GmbH & Co. KG das Darlehen, handelt es sich hinsichtlich der seit Abtretung entstandenen Zinsen um Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Soweit dagegen eine Tilgung erfolgt, ist diese erfolgsneutral bis zum Betrag von 30.000 Euro als Abgang der Zinsforderung zu beurteilen. Eine Zahlung, die den Betrag von 30.000 Euro übersteigt, ist dem Rechtsgedanken des § 367 Abs. 1 BGB folgend bis zum Betrag von 20.000 Euro als Ertrag in der Sonder-GuV auszuweisen.

Zahlungen der KG, die den Betrag von 50.000 Euro überschreiten, sind als Tilgung der "Altschuld" zu würdigen und bis zur Summe von 300.000 Euro erfolgsneutral zu vereinnahmen. Tilgungen, die 300.000 Euro übersteigen, sind als Ertrag in der Sonder-GuV auszuweisen.

Eine quotale Zuordnung einer Tilgung im Verhältnis des Volumens der abgetretenen Forderung zu deren Nennwert kommt unter Berücksichtigung der Regelung entsprechend § 366 Abs. 2 BGB nicht in Betracht.

4.

Verzichtet der Kommanditist auf den Teil der Forderungen, der objektiv wertlos ist, berührt dies nicht die Bilanzierung der Ansprüche in der Sonderbilanz. Die GmbH & Co. KG hat den Schuldposten - anders als sonst im Fall des Forderungsverzichts aufgrund korrespondierender Bilanzierung (siehe dazu Rdnr. 3.63  ff.) - mit Wirkung für die Bilanz der Gesellschaft gewinnerhöhend im Umfang von 220.000 Euro auszubuchen.

3.58

Eine korrespondierende Bilanzierung einer Forderung in der Sonderbilanz erfolgt ebenfalls nicht, wenn ein Gesellschafterdarlehen bei einem Gesellschafterwechsel unter Nennwert vom Altgesellschafter an den Neugesellschafter abgetreten wird. Das Gesellschafterdarlehen ist mit den (niedrigeren) Anschaffungskosten in der für den Neugesellschafter aufzustellenden Sonderbilanz zu aktivieren. Die korrespondierende Bilanzierung bezogen auf den Altgesellschafter endet mit dem Gesellschafterwechsel. Zu diesem Zeitpunkt entsteht ein Verlust aufgrund der Abtretung unter Nennwert (dazu auch Rdnr. 14.85).42)

3.59

Verpflichtungen der Gesellschaft, die als solche nicht gegenüber dem Gesellschafter bestehen, unterliegen trotz (vermeintlicher) Nähe zum Gesellschafter nicht der korrespondierenden Bilanzierung in der Sonderbilanz. Folgerichtig kommt es auch nicht zur Zurechnung einer Vergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, denn diese kommt nur in Betracht, wenn die Vergütungen Gegenleistung für eine Leistung des Gesellschafters sind.43)Entschieden wurden in diesem Zusammenhang die folgenden Fälle:

3.60

Die Gesellschaft ist verpflichtet, eine von der Behörde angeordnete Entsorgung von Altlasten durchzuführen. Solange die Belastung besteht, ist eine Rückstellung auf Ebene der Gesellschaft zu passivieren. Selbst wenn einer der Gesellschafter über entsprechende Möglichkeiten verfügen sollte, die Entsorgung durchzuführen, ist eine Forderung in der Sonderbilanz erst dann zu aktivieren, wenn der Gesellschafter die notwendigen Arbeiten durchgeführt hat und der Anspruch auf eine Vergütung entstanden ist.

3.61

Die Gesellschaft ist verpflichtet, Bauten, Einbauten etc. bei Miet- bzw. Pachtende zu beseitigen, die sie auf dem Grundstück ihres Gesellschafters mit dessen Zustimmung errichtet hat. Mit der Erfüllung der Verpflichtung, die als Ansammlungsrückstellung zu passivieren ist, kommt die Personengesellschaft ihrer Rechtspflicht aus § 581 Abs. 2, § 539 Abs. 2, § 258 BGB nach, einerseits die geschaffenen Einrichtungen wegnehmen zu dürfen und andererseits den früheren Zustand der Mietsache wieder herstellen zu müssen. Eine Zuwendung an den "duldenden" Gesellschafter ist damit nicht verbunden, so dass insoweit keine Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG vorliegen.44)

3.62

Die Gesellschaft ist verpflichtet, Instandhaltungen an einem Betriebsgrundstück durchzuführen, das zum Sonderbetriebsvermögen ihres Gesellschafters gehört. Für diese Verpflichtung sind in der Handels- und Steuerbilanz Rückstellungen zu passivieren, soweit sich die Gesellschaft im Erfüllungsrückstand befindet.45) Unabhängig von der Frage, ob der Instandhaltungsanspruch überhaupt aktiviert werden kann, kommt jedenfalls eine Aktivierung nur aufgrund der korrespondierenden Bilanzierung in der Sonderbilanz nicht in Betracht. Dafür fehlt es schlicht daran, dass die Übernahme der Instandhaltung keine Gegenleistung für die Verpachtung und folglich keine (Sonder-)Vergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellt.46)