3.2 Sonderbetriebsvermögen I

...

3.2.2.1 Bilanzausweis und korrespondierende Bilanzierung

3.41

Forderungen der Gesellschafter gegenüber ihrer Personengesellschaft gehören zum Sonderbetriebsvermögen I. Der Rechtsgrund für das Bestehen einer Forderung ist dabei grundsätzlich17) unbeachtlich. Es kann sich ebenso um eine Forderung aufgrund eines Schuldverhältnisses handeln, wie um Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis. Diese Forderungen sind korrespondierend dem Grund und der Höhe nach in der Sonderbilanz zu aktivieren18) und erst bei Zahlung als Entnahme im Sonderbereich zu erfassen. Dafür ist es ohne Bedeutung, ob die Ansprüche handelsrechtlich betrachtet als Forderungen zum Betriebsvermögen eines Betriebs des Mitunternehmers gehören und dort zu bilanzieren sind unabhängig davon, ob es sich um ein Einzelunternehmen, eine Kapitalgesellschaft, wiederum eine Personengesellschaft 19)oder eine atypisch stille Gesellschaft20) (vgl. dazu Rdnr. 8.1  ff.) handelt.

3.42

Diese Grundsätze gelten für Ansprüche aus Darlehensvereinbarungen ebenso wie für Ansprüche auf Auszahlung des Gewinnanteils der Kommanditisten (§  169 Abs.  1 Satz 2 HGB). Diesen Forderungen stehen Einlagen im Sonderbereich gegenüber.21) Der Höhe nach entsprechen diese Forderungen den Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern (Darlehenskonten, Verrechnungskonten etc.) in der Handels- und Steuerbilanz.

3.43

Beratungshinweis

Weicht die Steuerbilanz aufgrund steuerrechtlicher Vorgaben von der Handelsbilanz ab, betrifft dies nicht die Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern, weil insoweit zwingend ein steuerlicher Mehr- oder Mindergewinn anteilig als steuerliches Mehr- oder Minderkapital der Gesellschafter in der Steuerbilanz zu passivieren ist.22) Forderungen der Gesellschafter entstehen im Hinblick auf einen steuerlichen Mehrgewinn nicht, so dass auch eine Aktivierung dieses Betrags in der Sonderbilanz unzulässig wäre. Bei einem steuerlichen Mindergewinn verringern sich nicht die Ansprüche der Gesellschafter, weil diese nur auf Handels- und Gesellschaftsrecht beruhen (siehe dazu oben Rdnr. 2.23 -2.25 und Rdnr. 17.31 bezogen auf §  15a EStG).

3.44

(Sonder-)Vergütungen23) für Leistungen der Gesellschafter i.S.d. §  15 Abs.  1 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG sind dem Gewinnanteil des Mitunternehmers in dem Wirtschaftsjahr hinzuzurechnen, in dem sie als Aufwand den Gewinn der Gesellschaft mindern24) oder als Herstellungskosten zu aktivieren sind. Zu diesem Zeitpunkt ist die Vergütung "bezogen". Der Zuflusszeitpunkt ist unbeachtlich. Er bestimmt lediglich den Zeitpunkt der Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen. Das gilt auch im Hinblick auf §  4 Abs.  4a EStG.

3.45

Ist der Anspruch am Bilanzstichtag bereits entstanden, fehlt es jedoch noch an der Auszahlung, so ist insoweit in der Sonderbilanz nach den Grundsätzen der korrespondierenden Bilanzierung eine Forderung zu aktivieren, die dem Grunde und der Höhe nach der Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter in der Handels- und Steuerbilanz entspricht. Das gilt insbesondere für

noch nicht ausgezahlte Tätigkeitsvergütungen (Gehälter, Tantiemen etc.) der Mitunternehmer,

von der Gesellschaft geschuldete Miet- bzw. Pachtzahlungen,

Zinsansprüche im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen und anderen Forderungen, deren Erfüllung am Bilanzstichtag noch aussteht.

3.46

Beispiel 1

Das Gehalt für die Tätigkeit des Kommanditisten K1 für 12/01 wurde am 10.01.02 überwiesen.

Lösung

Zum 31.12.01 ist gewinnmindernd eine Verbindlichkeit zu passivieren. Das gilt auch bei verbindlicher Zusage von Tantiemen. In der Sonderbilanz sind korrespondierend Forderungen zu aktivieren.

Beispiel 2

Kommanditist K2 hat der KG ein Darlehen gewährt. Die Zinsen für 10/01-12/01 i.H.v. 6.000 Euro wurden am 15.01.02 an K2 überwiesen.

Lösung

Zum 31.12.01 ist gewinnmindernd eine Verbindlichkeit i.H.v. 6.000 Euro zu passivieren. In der Sonderbilanz sind Darlehensforderung und Zinsanspruch zu aktivieren.

3.47

Diese Grundsätze greifen auch in Fällen, in denen die Verpflichtung zwar dem Grunde nach besteht, jedoch der Höhe und dem Fälligkeitszeitpunkt nach noch ungewiss ist. Deshalb steht auch den Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber Gesellschaftern aufgrund von Tantieme- und Pensionszusagen am Bilanzstichtag - bewertet nach §  6 Abs.  1 Nr. 3a bzw. §  6a EStG - in der Sonderbilanz korrespondierend eine erfolgswirksame Aktivierung gegenüber.25) Dabei soll anstelle einer Forderung ein "Ausgleichsposten" auszuweisen sein.26) Dem ist nicht zu folgen. Selbst wenn der Pensionsanspruch noch nicht unverfallbar sein sollte, handelt es sich dennoch um eine Forderung des Gesellschafters, die zwar nicht vom Realisationsprinzip erfasst ist, aber dennoch aufgrund des §  15 Abs.  1 Nr. 2 EStG korrespondierend zu aktivieren ist (siehe dazu auch Rdnr. 6.1  ff.). Das Korrespondenzprinzip gilt auch für eine Pensionszusage an einen bereits ausgeschiedenen Gesellschafter oder dessen Hinterbliebene.27)

3.48

Beratungshinweis

Auf die Bezeichnung des Schuldpostens in der Bilanz der Personengesellschaft kommt es nicht an. Deshalb sind auch Verbindlichkeiten, die auf sogenannten Verrechnungskonten in der Bilanz der Gesellschaft passiviert sind, als Forderungen korrespondierend in der Sonderbilanz zu aktivieren.

3.49

Im Rahmen der korrespondierenden Bilanzierung sind die nachstehenden Grundsätze zu beachten:

Schuldzinsen, die die Personengesellschaft für die Kapitalüberlassung zahlt, sind Aufwand auf Ebene der Personengesellschaft und als Sonderbetriebseinnahmen (Vergütungen) dem Gesellschafter (wieder) zuzurechnen (§  15 Abs.  1 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG). Maßgebend für die Hinzurechnung ist nicht der Zufluss, sondern die periodengerechte Erfassung der Zinserträge.

3.50

§ 8 Nr. 1a GewStG ist auf diese Zinsen nicht anzuwenden, denn sie haben im Ergebnis den Gewerbeertrag nicht gemindert. Weil die Praxis Zinsaufwendungen i.d.R. auf Sachkonten bucht, die mit der elektronischen Brücke zum Gewerbeertrag verknüpft sind, ist eine davon getrennte Buchung zu empfehlen, um "automatischen" Fehlern zu begegnen.

§  4 Abs.  4a EStG ist (aus gleichem Grund) nicht anzuwenden.28)

3.51

Im Fall der Unverzinslichkeit ist die Verbindlichkeit in der Bilanz der Gesellschaft ohne Abzinsung29) zu passivieren (§  6 Abs.  1 Nr. 3 EStG). Die korrespondierende Aktivierung der Forderung in der Sonderbilanz zeigt deutlich, dass die Kapitalüberlassung sich im Ergebnis als Eigenkapital in der Gesamtbilanz (Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft = Bilanz der Gesellschaft + Sonderbilanzen + Ergänzungsbilanzen) der Mitunternehmerschaft erweist.30) Die zu unverzinslichen, ggf. sogar unbefristeten Gesellschafterdarlehen einer GmbH ergangene Rechtsprechung des BFH ist auf die GmbH & Co. KG nicht zu übertragen.31) Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden, wurde die Pflicht zur Abzinsung allgemein aufgehoben.32)

3.52

Refinanziert die Personengesellschaft die Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber ihrem Gesellschafter durch Bankkredit, so liegt jedenfalls nach Auffassung des BFH33) keine "Finanzierung von Entnahmen" vor. Es soll sich um eine Umschuldung handeln, bei der das Bankdarlehen an die Stelle der Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter tritt. Diese Schuldzinsen unterfallen § 8 Nr. 1a GewStG.34) Der BFH ist auf die Frage der korrespondierenden Bilanzierung in der Sonderbilanz - die vermutlich nicht aufgestellt war - nicht eingegangen, obwohl dies nahe gelegen hätte, denn mit der fremdfinanzierten Tilgung der Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter ist gleichzeitig die Forderung in der Sonderbilanz bezahlt. Folglich handelte es sich zwar nicht um eine Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen, wohl aber um eine Entnahme im Sonderbereich und damit um eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft. Vor allem in den Fällen, in denen die getilgte Forderung auf Auszahlung eines Gewinnanspruchs gerichtet ist, dürfte keine betrieblich veranlasste Schuld vorliegen.35)

3.53

Die korrespondierende Bilanzierung verbietet eine Teilwertabschreibung in der Sonderbilanz auch für den Fall, dass die Forderung objektiv ausfallgefährdet ist.36) Das Imparitätsprinzip greift insoweit nicht.37)

3.54

Werden Betriebsteuererklärungen und der Jahresabschluss einer GmbH & Co. KG auftragsgemäß von einem Steuerberater gefertigt, der zugleich unmittelbar oder mittelbar Mitunternehmer dieser Gesellschaft ist, ist gleichwohl eine Rückstellung aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung in der Handels- und Steuerbilanz nach §  249 Abs.  1 HGB zu passivieren. Dieser Verpflichtung steht dem BFH38) zufolge eine Forderung des Steuerberaters gegenüber, die in der Sonderbilanz korrespondierend zu aktivieren ist. Das Honorar des Steuerberaters ist als Vergütung nach §  15 Abs.  1 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG bereits dem Gewinn der Gesellschaft in dem Jahr hinzuzurechnen, in dessen Schlussbilanz die Rückstellung passiviert wurde. Unbeachtlich sei, dass die Leistung am Bilanzstichtag tatsächlich noch gar nicht erbracht worden ist. Aus §  15 Abs.  1 Nr. 2 zweiter Halbsatz EStG folge, dass alles Vergütung sei, was dem Mitunternehmer als Gegenleistung für ein Dienst- oder Auftragsverhältnis gewährt wurde.39)Vorliegend bedeutet dies zweifellos eine Überdehnung der Gleichstellungsthese, denn die Zuführung zur Jahresabschlusskostenrückstellung beruht auf öffentlichem Recht und nicht auf einer Verpflichtung gegenüber dem Steuerberater.40)

3.55

Diese Rechtsfolgen gelten auch im Fall der Beteiligung eines Steuerberaters an einer GmbH oder einer GmbH & Co. KG als atypisch beteiligter stiller Gesellschafter, denn der Steuerberater ist Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft.41)