Die Klägerin ist als Holdinggesellschaft tätig. Ihr Satzungszweck ist der Erwerb, die Verwaltung, die Führung und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen sowie die entsprechenden Kreditbeschaffungen und Sicherheitsleistungen.
Die Klägerin hatte bis zum 30.09.2004 ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.10. eines Jahres bis zum 30.09. des Folgejahres. Daran schloss sich ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 01.10.2004 bis zum 31.12. 2004 an. 2005 und 2006 entsprach das Wirtschaftsjahr der Klägerin dem Kalenderjahr.
Am Bilanzstichtag 31.12.2006 hielt die Klägerin () Stück Aktien der A AG ((1) Aktien Altbestand + (2) Aktien, die am 29.04.2003 erworben worden waren) in ihrem Anlagevermögen. In ihrem Beteiligungs-Portefeuille hatten die von ihr gehaltenen Aktien an der A AG … stets einen Anteil von deutlich über 90 % (sowohl Buchwert- als auch Verkehrswertrelation).
a) (1) Aktien
Im Jahresabschluss zum 30.09.2001 war der Altbestand an Aktien der A AG von der Klägerin wertberichtigt worden. Die Klägerin hatte diesen Aktienbestand von den ursprünglichen Anschaffungskosten von 22,71 € pro Aktie auf 18,6539 € pro Aktie abgeschrieben. Diese Teilwertabschreibung hatte den Verlust der Klägerin für 2001 erhöht und zu einer entsprechenden Erhöhung des steuerlichen Verlustvortrags der Klägerin geführt (auf xx €).
b) (2) Aktien
Die am 29.04.2003 für 24,00 € pro Stück erworbenen Aktien waren von der Klägerin zum Bilanzstichtag 30.09.2003 auf 18,6539 € pro Aktie abgeschrieben worden. Diese Teilwertabschreibung berücksichtigte sie nach § 8b Abs. 3 KStG nicht gewinnmindernd.
In 2006 nahm die Klägerin aufgrund der aktuellen Kursentwicklung der …Aktie eine Wertaufholung auf die ursprünglichen Anschaffungskosten vor und erhöhte den Bilanzgewinn 2006 um xx €.
Diesen Betrag ermittelte die Klägerin wie folgt:
()
Den Betrag von xx € zog die Klägerin bei der Ermittlung des Einkommens 2006 nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG zu 95 % (xx €) wieder ab.
Unter Zugrundelegung der eingereichten Erklärung wurde die Körperschaftsteuer für das Jahr 2006 mit Bescheid vom 23.10.2007 auf xx € (25 % von xx €) festgesetzt. Dabei ging der Beklagte von einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von xx € aus und zog davon einen Verlustvortrag in Höhe von xx € ab, so dass sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von xx € ergab.
Der Verlustvortrag in Höhe von xx € wurde wie folgt ermittelt:
()
Der Bescheid vom 23.10.2007 erging nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 13.10.2008 wurde bei der Klägerin mit einer Prüfung durch das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B begonnen, die sich auf den Zeitraum 2004 bis 2006 erstreckte.
Die Betriebsprüfung führte hinsichtlich des Gewinns aus der Wertaufholung der A-Aktien sowie der Beschränkung des Verlustabzugs für den 1.000.000 € übersteigenden Gesamtbetrag der Einkünfte zu keinen Änderungen (siehe Betriebsprüfungsbericht vom 02.12.2008).
Unter Zugrundelegung der übrigen - unstreitigen - Ergebnisse der Betriebsprüfung wurde die Körperschaftsteuer 2006 mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 16.02.2009 auf xx € herabgesetzt. Dabei ging der Beklagte von einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von xx € aus und zog davon einen Verlustvortrag in Höhe von xx € sowie einen Verlustrücktrag aus 2007 in Höhe von xx € ab, so dass sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von xx € ergab.
Den Verlustvortrag in Höhe von xx € ermittelte der Beklagte nunmehr wie folgt:
()
Gegen den entsprechenden Änderungsbescheid für 2006 vom 16.02.2009 legte die Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2009, beim Beklagten eingegangen am selben Tag, Einspruch ein. Sie beantragte, die Erträge aus der Wertaufholung auch in Höhe des auf den Aktienaltbestand entfallenden Betrages von xx € als nach § 8b Abs. 3 Satz 3 2. Alternative KStG steuerfrei zu behandeln und bei der Ermittlung des Verlustabzuges die Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG nicht anzuwenden. Der Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 21.08.2009 als unbegründet zurückgewiesen.
Die dagegen gerichtete Klage ist unter dem Aktenzeichen
Mit Schreiben vom 19.03.2013 beantragte die Klägerin sodann bei dem Beklagten, die Körperschaftsteuer 2006 aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO auf 0 € festzusetzen. Sie begehrte die Erträge aus der Wertaufholung der Aktien der A-AG bei der Ermittlung ihres Einkommens außer Ansatz zu lassen und stattdessen deren direkte Verrechnung mit dem vortragsfähigen Verlust zum 31.12.2005 vorzunehmen.
Der Beklagte lehnte den Billigkeitsantrag mit Bescheid vom 21.06.2013 ab.
Den Einspruch wies er als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage ist unter dem Aktenzeichen
Mit Beschluss vom 2.09.2014 hat das Gericht die Verfahren
Die Klägerin macht geltend, die Erträge aus einer Wertaufholung von in früheren Jahren vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf Aktien der A AG in Höhe von insgesamt xx € seien nach § 8b Abs. 2 Satz 3 2. Alternative KStG grundsätzlich steuerfrei. Eine Versagung der SteuerfreisteIlung komme nach § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG allenfalls dann in Betracht, wenn die in früheren Jahren vorgenommene korrespondierende Teilwertabschreibung steuerwirksam gewesen sei. Hinsichtlich der Erträge aber, die hier bei der Ermittlung des Einkommens nicht außer Ansatz geblieben seien (xx €), fehle es an der Steuerwirksamkeit der seinerzeitigen Teilwertabschreibung. Denn die Teilwertabschreibung hätte lediglich ohnehin entstandene negative Einkünfte erhöht, die sich auch nachfolgend nicht auswirken würden, da sie (die Klägerin) strukturell dauerhaft negative steuerliche Einkünfte erziele. Zu Beginn des Veranlagungszeitraums 2001 (Wirtschaftsjahr 1.10.2000 bis 30.9.2001) habe der verbleibende körperschaftsteuerliche Verlustabzug nach § 10d EStG DM xx betragen. Bereits ohne die im Veranlagungszeitraum 2001 aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes vorzunehmende Teilwertabschreibung auf die Aktien der A AG habe sich ein laufender steuerlicher Verlust ergeben, der sich durch diese Teilwertabschreibung deutlich erhöht habe. Ebenso wäre ohne die Wertaufholung auf die Aktien der A AG der Gesamtbetrag der Einkünfte im Veranlagungszeitraum 2006 negativ gewesen, eine Besteuerung somit nicht eingetreten. Erst die Wertaufholung und deren wegen § 10d Abs. 2 EStG nicht vollständige Verrechnung mit dem im Übrigen in ausreichender Höhe vorhandenen Verlustabzugspotential hätten ein positives zu versteuerndes Einkommen entstehen lassen, das eine Belastung der Klägerin mit Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag ausgelöst habe.
Die nun entstandene Steuerbelastung verletze den Grundsatz der Besteuerung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, denn ohne erkennbare Leistungsfähigkeit werde die Klägerin im Veranlagungsjahr 2006 zur Steuerzahlung herangezogen. Doch wenn der Gesetzgeber nun die durch § 10d EStG herbeigeführte Einschränkung des Periodizitätsprinzips teilweise, nämlich für 40 % des Gesamtbetrags der Einkünfte zurücknehme, den Verlustvortrag also zugunsten des Periodizitätsprinzips wieder einschränken wolle, fehle ihm hierfür der rechtfertigende Grund. Ausschließlich fiskalische Gründe rechtfertigten jedenfalls die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Bei Beeinträchtigungen des objektiven Nettoprinzips, für die rechtfertigende Gründe nicht erkennbar seien, gebiete das Realisationsprinzip in Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips eine Besteuerung des einzigen Besteuerungsgegenstandes „Beteiligung” erst bei dessen Veräußerung. Erst mit der Veräußerung verfüge der Steuerpflichtige über die Leistungsfähigkeit, die ihm die Begleichung von Steuerlasten aus der Wertsteigerung des Besteuerungsgegenstandes ermögliche. Gewichtige Gründe, aufgrund derer der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip an dieser Stelle durchbrechen könne, seien unter keinen Umständen vorstellbar. Insbesondere die zwischenzeitliche Anwendung von Sonderbewertungsregeln wie Teilwertabschreibung und Wertaufholung könnten dieses Prinzip mit verfassungsrechtlicher Wirkung nicht aushebeln. So wie das Anschaffungskostenprinzip die teilwertorientierte Zuschreibung über die Anschaffungskosten hinaus verbiete, könne auch eine Wertaufholung keine Besteuerung auslösen, da die ihr vorangegangene Abschreibung ebensowenig Steuerentlastungen bewirken könne. In solchen Fällen vermögten bilanzielle Bewertungszwänge ihre Berechtigung aus den allgemeinen Jahresabschlussprinzipien erlangen eine vom
Eine verfassungskonforme Auslegung der Norm sei möglich und geboten. So habe bereits das FG Niedersachsen in seinem rechtskräftigen Beschluss vom 28.7.2003 (
Hinsichtlich ihres Billigkeitsantrages führt die Klägerin aus, die Billigkeitsprüfung verlange eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich seien. Der Beklagte könne sich deshalb nicht nur mit der isolierten Wirkung der Mindestbesteuerung auseinandersetzen und die begehrte Billigkeitsmaßnahme allein mit dem Argument ablehnen, sie - die Klägerin - habe weiterhin die abstrakte Möglichkeit der Verlustnutzung.
Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung bisher nicht entschieden habe, ob die rein theoretische, aber faktisch nie realisierbare Möglichkeit einer zukünftigen Verlustnutzung ausreiche, um Billigkeitsmaßnahmen zu versagen, stelle sich vorliegend auch die Frage, wie ein einziger Vermögensgegenstand „Beteiligung”, der im Hinblick auf seine Wertveränderung Leistungsfähigkeit nur ein einziges Mal - nämlich anlässlich seiner Veräußerung - werde generieren können, auch ohne Veräußerung und daraus resultierender Leistungsfähigkeit nur aufgrund steuerlicher Bewertungskunstgriffe (Teilwertabschreibung und Wertaufholung) zur Besteuerung herangezogen werden könne.
Hier bewirke ganz offensichtlich das Ineinandergreifen steuerlicher Regelungen eine Steuerlast, die mit grundlegenden Gerechtigkeitsprinzipien unvereinbar sei und mangels Zuwachs an Leistungskraft gegen das für das gesamte Steuerrecht geltende Übermaßverbot verstoße. Dem könne unter den gegebenen Umständen nur durch Billigkeit begegnet werden, wobei eine Ermessensreduzierung auf null vorläge, die nur die von ihr beantragte Ermessensentscheidung in Betracht kommen lasse.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die Körperschaftsteuer 2006 aus Billigkeitsgründen auf 0 € festzusetzen, indem die Erträge aus der Wertaufholung von in früheren Jahren vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf unter den Beteiligungen ausgewiesene Aktien der A AG i.H.v. xx € bei der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte gemäß § 163 Satz 1 2. Alternative AO unberücksichtigt gelassen und stattdessen direkt mit dem Verlustvortrag zum 31.12.2005 verrechnet werden.
hilfsweise, die Körperschaftsteuer für das Jahr 2006 mit 0 € festzusetzen,
die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Im Streitfall sei die mit dem Gewinn aus der Aufwertung des Altbestandes an Aktien der A AG korrespondierende Teilwertabschreibung in 2001 steuerwirksam gewesen, da sie den Verlust der Klägerin für 2001 erhöht und zu einer entsprechenden Erhöhung des steuerlichen Verlustvortrags der Klägerin geführt habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedeute Steuerwirksamkeit i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG Gewinnminderung (bzw. Verlusterhöhung) und nicht Steuerminderung. Mit der Berücksichtigung der Teilwertabschreibung auf den Altbestand an …Aktien in 2001 als Betriebsausgabe sei die Klägerin - zumindest theoretisch - in die Lage versetzt worden, zukünftige Gewinne mittels Verlustabzug aus 2001 zu kompensieren. Dabei spiele es keine Rolle, dass die Klägerin strukturell dauerhaft negative steuerliche Einkünfte erziele. Denn es bleibe der Klägerin unbenommen, durch Umstrukturierungen die Möglichkeit zur Nutzung des vorhandenen Verlustvortragsvolumens zu erlangen. Der Beklagte habe im Streitjahr auch zutreffend einen Verlustvortrag lediglich in Höhe von xx € zuzüglich 60 % des xx € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte gewährt. Diese Handhabung entspreche dem Wortlaut der Vorschrift des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG. Dass gegen die Anwendung der Vorschrift des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG bei Holdinggesellschaften verfassungsrechtliche Bedenken bestehen könnten, sei für den Beklagten nicht ersichtlich. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werde eine Beschränkung des Verlustausgleichs durch das allgemeine Leistungsfähigkeitsprinzip nicht grundsätzlich ausgeschlossen, solange die tatsächlich entstandenen Verluste auch in einem anderen Veranlagungszeitraum steuerlich berücksichtigt werden könnten (BFH-Beschlüsse vom 15.12.2000 -
Hinsichtlich des Billigkeitsantrags führt der Beklagte aus, er habe bei der Ablehnung des Antrags vom 19.03.2013 auf abweichende Festsetzung der Körperschaftsteuer 2006 aus - sachlichen - Billigkeitsgründen nach § 163 AO nicht ermessensfehlerhaft gehandelt.
Nach § 163 AO könnten Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, könnten bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.
Der Zweck des § 163 AO liege darin, sachlichen - und persönlichen - Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, Rechnung zu tragen.
Sachlich unbillig sei die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspreche, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderlaufe, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheine. So verhalte es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden könne, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte.
Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen habe, rechtfertige dagegen keine Billigkeitsmaßnahme.
Der Gesetzgeber habe Erträgen aus Wertaufholungen in § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG ausdrücklich die Steuerfreiheit versagt, wenn die den Wertaufholungen vorangegangenen Teilwertabschreibungen steuerwirksam gewesen seien. Hierbei sei entscheidend, ob die Teilwertabschreibung sich auf das Einkommen der Körperschaft ausgewirkt habe. Ohne Bedeutung sei es hingegen, ob tatsächlich eine Steuer angefallen bzw. eine Steuerminderung eingetreten sei oder ob die Teilwertabschreibung – wie vorliegend – lediglich Auswirkungen auf einen verbleibenden Verlustvortrag gehabt habe.
In Anbetracht dieser klaren und unmissverständlichen gesetzlichen Regelung – die auch in Rechtsprechung und Literatur unstreitig sei - könne sich die Klägerin zur Erforderlichkeit von Billigkeitsmaßnahmen nicht darauf berufen, dass es sich bei der Besteuerung von Wertaufholungen nach Teilwertabschreibungen um steuerliche „Bewertungskunstgriffe” handeln würde. Die Anwendung der Vorschrift des § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG sei auch deshalb nicht unbillig, weil bei ihr die der Anwendung der Mindestbesteuerung bei der Ermittlung des Verlustabzuges nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG immanenten Nachteile der Verluststreckung hinzukämen. Denn der BFH habe sich in seiner inzwischen insoweit wohl als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung (BFH vom 22.08.2012
Bei der Klägerin könnte deshalb eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO nur dann in Betracht kommen, wenn sich für sie nicht allein aus der Anwendung der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG, sondern dem Zusammenwirken aller Normen, die für die Verwirklichung des in Rede stehenden Steueranspruchs verantwortlich sind, steuerliche Nachteile ergeben würden, die vom Gesetzgeber so nicht gesehen worden waren oder gewollt seien. Dass es sich im Streitfall so verhalte, habe die Klägerin jedoch nicht zur Überzeugung des Beklagten darlegen können.
Die Vorschrift des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG sei vom Gesetzgeber bewusst eingeführt worden, um die Verlustabzugsmöglichkeit bei einem Verlustvortrag von mehr als 1 Million Euro einzuschränken. Sie wirke sich bei jedem Steuerpflichtigen, der unter diese Regelung falle, nachteilig aus.
Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei der Mindestbesteuerung unterscheiden wollte, wodurch die Verluste der Vergangenheit und die späteren Gewinne entstanden seien und inwieweit zwischen den Verlusten der Vergangenheit und den späteren Gewinnen ein Zusammenhang bestehe. Eine solche Regelung würde dem Gerechtigkeitsgedanken entgegenstehen.
Würde im Falle der Klägerin wegen des Zusammenhangs des Verlustes 2001 mit dem Gewinn 2006 (mit der Teilwertabschreibung in 2001 korrespondierende Wertaufholung in 2006) eine Billigkeitsmaßnahme zu gewähren sein, müssten auch die Gesellschaften, die aufgrund hoher, zu Verlusten führender Investitionen in späteren Jahren Gewinne erwirtschaften, Billigkeitsmaßnahmen beanspruchen können. Denn auch in diesen Fällen korrespondierten die Verluste der Vergangenheit mit den späteren Gewinnen.
Da letztere Fälle durchaus nicht ungewöhnlich seien, würde die Vorschrift des § 10d Abs. 2 EStG dann nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. Wenn aber der Gesetzgeber eine Einschränkung der Verlustabzugsmöglichkeit bei einem Verlustvortrag von mehr als 1 Million Euro nur in Ausnahmefällen hätte einführen wollen, so hätte er dies auch in das Gesetz aufgenommen.
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§
Zwar spricht vieles dafür, dass die streitige Körperschaftsteuerfestsetzung einfach - gesetzlichen - hier insbesondere § 10 d Abs. 2 EStG und § 8 b Abs. 2 Sätze 3 und 4 KStG - und auch verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.
Der Beklagte hat die gesetzlichen Regelungen der sog. Mindestbesteuerung (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG, 8b Abs. 2 Satz 3 2. Alternative KStG) ohne Rechtsfehler angewendet. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Die Berechnung des Beklagten nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG ist unstreitig zutreffend. Soweit die Klägerin im Klageverfahren zunächst vorgebracht hat, „steuerwirksam” i.S.d. 8b Abs. 2 Satz 4 KStG bedeute nicht Gewinnminderung (bzw. Verlusterhöhung), sondern Steuerminderung, hat sie in der mündlichen Verhandlung daran nicht mehr festgehalten. Denn steuerwirksam ist die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert bereits dann, wenn sie, wie im Streitfall, im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt wurde und zur Feststellung eines höheren Verlustes geführt hat.
Die sog. Mindestbesteuerung in ihrer Grundkonzeption einer zeitlichen Streckung des Verlustvortrags verstößt ungeachtet von dadurch ausgelösten Zins- und Liquiditätsnachteilen nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. zuletzt: BFH Urteil vom 26. Februar 2014
Auch die von der Klägerin begehrte verfassungskonforme Auslegung, dahingehend, dass die Mindestbesteuerung im Streitfall nicht zur Anwendung kommt, ist letztlich nicht möglich. Denn der Gesetzgeber hat auf der Rechtsfolgenseite der Normen eine Differenzierung nach Verlustursachen bzw. nach Zusammenhängen mit der Gewinnentstehung nicht vorgesehen. Damit ist im Ergebnis eine Gesetzesreparatur im Wege telelogischer Reduktion verbaut (BFH
Dies kann jedoch dahinstehen, denn die Billigkeitsentscheidung, die der Senat aufgrund des seiner Überzeugung nach auf Null reduzierten Ermessens selber aussprechen kann, stellt einen Grundlagenbescheid für die Körperschaftsteuerfestsetzung dar (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 12. Juli 2012 –
Persönliche Billigkeitsgründe hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
Aus sachlichen Gründen ist die Festsetzung einer Steuer unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft (z.B. BFH Urteil vom 21. Oktober 2009
Der (im Grundsatz) ausgleichsfähige Verlust beruht auf der stichtagsbezogenen (30.09.2001) Teilwertabschreibung der Aktien an der A AG (von 22,71 € pro Aktie auf 18,6539 € pro Aktie) und der Ertrag aus der zeitlich nachfolgenden ebenfalls stichtagsbezogenen (31. Dezember 2006) Teilwertzuschreibung eben dieser Wertpapiere in Höhe der vorhergehenden Teilwertabschreibung (auf 22,71 € pro Aktie). Insoweit beruhen Aufwand und Ertrag auf demselben Grund. Der Ertrag erscheint dabei nur als zeitverschobener actus contrarius zum Aufwand. Teilwertabschreibung und Wertaufholung eines Bilanzpostens lösen daher wegen der unterschiedlichen Ermittlungsperioden erst im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung eine Steuerschuld aus („Besteuerung von per Saldo nicht erzielten Gewinnen” – so Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. vom 20. Juni 2013, DB 2013,
Im Streitfall, den der Senat als speziell gelagerten Einzelfall ansieht, entsteht erst aus dem Zusammenwirken von Mindestbesteuerung und dem actus contrarius der Teilwertaufholung, vor dem Hintergrund der neu eingeführten Steuerfreiheit von Beteiligungserträgen, eine als Ausnahme (§ 8 b Abs. 2 Satz 4 KStG) anzusehende Steuerlast, ohne dass dieser eine – wie sonst typischerweise in Fällen, in denen die Mindestbesteuerung greift – neu gewonnene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zugrunde liegen würde.
Nicht ersichtlich ist, dass die Besteuerung von per Saldo nicht erzielten Gewinnen aus zeitverschobenem actus contrarius vom Gesetzgeber berücksichtigt worden ist. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist lediglich davon die Rede, Zielpunkt der Normen sei nur eine Verluststreckung, nicht aber ein Verlustausschluss (s. zu § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 n.F.: BT-Drucks 15/1518, S. 13). Die Gesetzesmaterialien lassen zwar erkennen, dass die an der Gesetzgebung beteiligten Organe Fälle der Definitivbesteuerung infolge der Mindeststeuer erkannt und bei der Ausgestaltung des Gesetzes berücksichtigt haben (BFH, Urteil vom 20. September 2012 –
Der Senat geht daher davon aus, dass der Gesetzgeber die Besteuerung von per Saldo nicht erzielten Gewinnen aus zeitverschobenem actus contrarius jedenfalls in Fällen, in denen keine weitere wesentliche Ertragsquelle existiert, nicht berücksichtigt hat und daher auch nicht als im Rahmen der Typisierung als hinzunehmen erachtet haben kann.
Wie der BFH in seinem Urteil vom 26.2.2014 (
Einen Ausschluss des Billigkeitsverfahren, wie ihn der BFH in seinem Urteil vom 26.2.2014 (
Die Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nach §
Die Kostenentscheidung beruht auf §
Die Zulassung der Revision beruht auf §
Revision zugelassen durch das FG