3.3 Sonderbetriebsvermögen II

...

3.3.3.4 Betriebsaufspaltung

3.100

In den Fällen einer Betriebsaufspaltung aufgrund personeller und sachlicher Verflechtung gehören die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft, die Gesellschafter der Besitz-GmbH & Co. KG halten, zum Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzpersonengesellschaft.45) Diese steuerrechtlich gebotene Sachbehandlung ist unbestritten.46) Das gilt vor allem auch dann, wenn der Gewinn der Besitzgesellschaft nur von der Tätigkeit der Betriebskapitalgesellschaft geprägt ist.

3.101

Für die Bejahung einer Betriebsaufspaltung sind die durch die Rechtsprechung langjährig geprägten Grundsätze zur personellen und sachlichen Verflechtung maßgebend. Das gilt insbesondere für eine personelle Verflechtung, die nicht auf Beteiligungsidentität, sondern (nur) auf einer Beherrschungsidentität beruht.47) Dabei erzielt eine GmbH & Co. KG als Besitzgesellschaft gewerbliche Einkünfte im Rahmen der Betriebsaufspaltung bereits nach §  15 Abs.  1 Satz 1 Nr. 1, Abs.  2 EStG und nicht lediglich aufgrund ihrer Rechtsform nach §  15 Abs.  3 Nr. 2 Satz 1 EStG.48) Deshalb ist es ohne Bedeutung, ob die wesentlichen Betriebsgrundlagen, die die sachliche Verflechtung begründen, auch ohne Betriebsaufspaltung wegen gewerblicher Prägung nach §  15 Abs.  3 Nr. 2 EStG steuerlich verstrickt wären.

3.102

Beispiel

An der A-KG, die Grundbesitz an die P-GmbH zur Nutzung überlässt, sind neben der Komplementär-GmbH (0 %) die Geschwister XA und YA mit jeweils 50 % als Kommanditisten beteiligt. An der P-GmbH sind XA mit 50 %, YA mit 25 % und Z ebenfalls mit 25 % beteiligt.

Lösung

XA und YA beherrschen sowohl die A-KG als auch die P-GmbH, so dass eine Betriebsaufspaltung zu bejahen ist. Die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse sind dafür grundsätzlich unbeachtlich.

3.103

In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob die Beherrschung der Besitzgesellschaft und/oder der Betriebsgesellschaft durch unmittelbare oder auch nur durch mittelbare Beteiligung an einer (zwischengeschalteten) Kapitalgesellschaft gesichert ist.49) Bezogen auf die nunmehr ebenfalls ausreichende mittelbare Beherrschung des Besitzunternehmens in der Rechtsform einer Personengesellschaft handelt es sich um eine Änderung der Rechtsprechung. Das Verbot des Durchgriffs durch eine Kapitalgesellschaft ist für die Beurteilung einer personellen Verflechtung ohne Bedeutung.50) Sollten die Gesellschafter der zwischengeschalteten GmbH zugleich an der Besitzgesellschaft beteiligt sein, gehören auch diese GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen.

3.104

Angesichts der Abweichung von bisher geltenden Maßstäben hat die Finanzverwaltung mitgeteilt, dass die Beteiligung einer der Besitzgesellschaft vorgeschalteten Kapitalgesellschaft bei der Prüfung der personellen Verflechtung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zu berücksichtigen ist.51) Das gilt auch für den Verlust der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG aufgrund einer Betriebsaufspaltung.52)

3.105

Aus den Verwaltungsanweisungen ergeben sich keine Hinweise, mit welchen Werten die Wirtschaftsgüter der Besitzgesellschaft in Altfällen bei mittelbarer Beteiligung an der Besitzgesellschaft mit Wirkung vom 01.01.2024 anzusetzen sind und künftig steuerverstrickt sein werden. Systematisch zutreffend ist nur eine erfolgsneutrale Bilanzberichtigung der Steuerbilanz der Besitzgesellschaft und der Sonderbilanzen der Besitzgesellschafter mit den Werten, die bei von Anfang an zutreffender Bilanzierung und Bewertung anzusetzen gewesen wären.53) Dies würde dazu führen, dass vor 2024 bereits entstandene stille Reserven in das Betriebsvermögen der dann gewerblich tätigen Besitzgesellschaft verlagert werden. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung auch hinsichtlich der Bewertung eine Übergangsregelung folgen lässt.54)

3.106

Beratungshinweis

Die Änderung der Rechtsprechung zur mittelbaren Beherrschung der Besitzgesellschaft erfordert künftig auch für diejenigen Fälle Aufmerksamkeit, in denen die Anteile an der Besitzgesellschaft von einer rechtsfähigen Familienstiftung gehalten werden und die Gesellschafter der Betriebskapitalgesellschaft aufgrund ihrer beherrschenden Stellung in der Stiftung mittelbar in der Lage sind, ihren Willen in der Gesellschafterversammlung der Besitzgesellschaft durchzusetzen.55)

3.107

Die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen II hat zur Folge, dass auch Dividendenansprüche gegenüber der Betriebskapitalgesellschaft, die aufgrund Ergebnisverwendungsbeschlusses vor Ablauf des Wirtschaftsjahres entstanden, aber noch nicht zur Auszahlung gelangt sind, in der Sonderbilanz erfolgswirksam aktiviert werden müssen.56) Bei Ausschüttungen, für die das steuerliche Einlagekonto als verwendet gilt, liegen Sonderbetriebseinnahmen vor, soweit diese die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.57)

3.108

Neben dem Anteil an der Betriebskapitalgesellschaft können auch andere Wirtschaftsgüter - vor allem Grundstücke58) - zum Sonderbetriebsvermögen II gehören, soweit diese der Betriebs-GmbH zur Nutzung überlassen werden und damit zugleich die Beteiligung an dieser Gesellschaft nicht zuletzt auch durch den Bezug von Ausschüttungen gestärkt wird. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Einsatz des betreffenden Wirtschaftsguts in der Betriebs-GmbH durch die betrieblichen Interessen der Besitzpersonengesellschaft veranlasst und für den Betrieb der GmbH unverzichtbar ist,59) so dass die Überlassung auch der Verbesserung der Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft dient.60) Dies dürfte bei einer Nutzungsüberlassung von Grundstücken, die im Eigentum der Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft stehen, stets zutreffen, weil diese für den Betrieb als wesentliche Betriebsgrundlagen regelmäßig unverzichtbar sind. Das Gleiche gilt für Darlehensforderungen gegenüber der Betriebskapitalgesellschaft, wenn das Schuldverhältnis den wirtschaftlichen Interessen der Besitzpersonengesellschaft dient61) und nicht marktüblich gewährt wird.62)

3.109

Weitergehend kann es sich auch um immaterielle Wirtschaftsgüter (Patentrechte, Urheberrechte, Lizenzen etc.) handeln, die der Gesellschafter der Besitzgesellschaft unmittelbar zur Nutzung überlässt, um dadurch eine wirtschaftliche Stärkung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen, die im Ergebnis der Besitzgesellschaft zum Vorteil gereicht. Entsprechendes kann auch für Sicherheiten in der Form von Bürgschaften als passives Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters der Besitzpersonengesellschaft gelten, die die Vermögens- und Ertragslage der Betriebsgesellschaft verbessern sollen und unentgeltlich und ohne Risikoprämie übernommen werden.63)