BFH - Urteil vom 17.11.2020
VIII R 20/18
Normen:
AktG § 262 Abs. 1 Nr. 3, § 264 Abs. 1; FamFG § 394 Abs. 1 Satz 2; EStG § 17 Abs. 4, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4;
Fundstellen:
AG 2021, 519
BFH/NV 2021, 585
BStBl II 2021, 378
DB 2021, 541
DStR 2021, 599
DStRE 2021, 439
DZWIR 2021, 398
FR 2023, 374
NZI 2021, 485
NZI 2021, 548
ZIP 2021, 631
ZInsO 2021, 1023
Vorinstanzen:
FG München, vom 13.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 9 K 644/18

Berücksichtigung von Verlusten wegen der Insolvenz einer Aktiengesellschaft mit anschließender Löschung im Handelsregister bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

BFH, Urteil vom 17.11.2020 - Aktenzeichen VIII R 20/18

DRsp Nr. 2021/4003

Berücksichtigung von Verlusten wegen der Insolvenz einer Aktiengesellschaft mit anschließender Löschung im Handelsregister bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

1. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 EStG enthalten eine planwidrige Regelungslücke, soweit die dort enthaltenen Realisationstatbestände den Entzug von Aktien aufgrund der Auflösung und Abwicklung einer inländischen AG durch ein Insolvenzverfahren mit anschließender Löschung im Register nicht unmittelbar erfassen. Die planwidrige Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des Veräußerungstatbestands gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu schließen. 2. Von einer "Veräußerung" der Aktien ist danach auszugehen, wenn die AG bei Vermögenslosigkeit gemäß § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG im Register gelöscht wird und das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs erlischt. Bei einer (früheren) Ausbuchung der Aktien aus dem Depot des Steuerpflichtigen durch die Depotbank wird der Tatbestand schon zu diesem Zeitpunkt verwirklicht. 3. Der Veräußerungstatbestand ist noch nicht verwirklicht, wenn der Aktionär schon vor der Löschung der AG mit einer Auskehrung von Vermögen im Rahmen der Schlussverteilung des Vermögens der AG objektiv nicht mehr rechnen kann oder die Notierung der Aktien an der Börse eingestellt oder deren Börsenzulassung widerrufen wird.

Tenor