BFH - Urteil vom 12.07.2022
VIII R 8/19
Normen:
FGO § 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; FGO § 135 Abs. 1;
Fundstellen:
BB 2022, 2261
BFH/NV 2022, 1266
DStR 2022, 2002
DStRE 2022, 1273
FR 2023, 36
NJW 2022, 3101
NZM 2022, 987
Vorinstanzen:
FG Münster, vom 11.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 9 K 2384/17

Unangekündigte Besichtigung eines Arbeitszimmers in einer Wohnung durch einen Beamten der SteuerfahndungFeststellung der Rechtswidrigkeit einer OrtsbesichtigungVerstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Mitwirkung des Steuerpflichtigen zur Aufklärung des Sachverhalts

BFH, Urteil vom 12.07.2022 - Aktenzeichen VIII R 8/19

DRsp Nr. 2022/13879

Unangekündigte Besichtigung eines Arbeitszimmers in einer Wohnung durch einen Beamten der Steuerfahndung Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ortsbesichtigung Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Mitwirkung des Steuerpflichtigen zur Aufklärung des Sachverhalts

1. Die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren ist wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt. 2. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige der Ortsbesichtigung zustimmt und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vorliegt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11.07.2018 – 9 K 2384/17 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Ortsbesichtigung seitens des Beklagten am 11.05.2017 rechtswidrig war.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Normenkette:

FGO § 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; FGO § 135 Abs. 1;

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die unangekündigte Besichtigung eines Arbeitszimmers in der Wohnung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) durch einen Beamten der Steuerfahndung rechtswidrig war.