Zu hoher Steuerausweis (1)1Weist der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag aus, als der leistende Unternehmer nach dem Gesetz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet der leistende Unternehmer unter Beachtung von Absatz 1 a auch den Mehrbetrag (§ 14 c Abs. 1 Satz 1 UStG). 2Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG aufgeführten Angaben enthält, die abstrakte Gefahr einer Vorsteuerinanspruchnahme ist ausreichend (vgl. BFH-Urteil vom 17. 2. 2011, V R 39/09, BStBl II S. 734). 3Dies ist jedenfalls der Fall, wenn die Rechnung den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer enthält. 4Als Angabe zum Entgelt genügt es bereits, wenn durch die Angabe des Bruttorechnungsbetrags und des gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags das Entgelt ohne weiteres errechnet werden kann. 5Die Vorschrift des § 14 c Abs. 1 UStG gilt für Unternehmer, die persönlich zum gesonderten Steuerausweis berechtigt sind und für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag in der Rechnung gesondert ausgewiesen haben, obwohl sie für diesen Umsatz keine oder eine niedrigere Steuer schulden. 6Hiernach werden von § 14 c Abs. 1 UStG Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erfasst (vgl. BFH-Urteil vom 7. 5. 1981, V R 126/75, BStBl II S. 547): 1. für steuerpflichtige Leistungen, wenn eine höhere als die dafür geschuldete Steuer ausgewiesen wurde; 2. für steuerpflichtige Leistungen in den Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (vgl. Abschnitt 13 b.14 Abs. 1 Satz 5); 3. für steuerfreie Leistungen; 4. für nicht steuerbare Leistungen (unentgeltliche Leistungen, Leistungen im Ausland und Geschäftsveräußerungen im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG) und außerdem 5. für nicht versteuerte steuerpflichtige Leistungen, wenn die Steuer für die Leistung wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) nicht mehr erhoben werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 13. 11. 2003, V R 79/01, BStBl 2004 II S. 375). 7Die zu hoch ausgewiesene Steuer wird vom Unternehmer geschuldet, obwohl der Leistungsempfänger diese Steuer nicht als Vorsteuer abziehen kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. 12. 2007, V R 3/06, BStBl 2009 II S. 203, Abschnitt 15.2 Abs. 1 Sätze 1 und 2). 8Zur Steuerentstehung vgl. Abschnitt 13.7. (1 a)1Die Vorschrift ist unionsrechtskonform einschränkend auszulegen, dass keine Steuer nach § 14 c Abs. 1 UStG entsteht, wenn ein Unternehmer eine Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher (insbesondere Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich) gestellt hat (vgl. EuGH-Urteil vom 08. 12. 2022, C-378/21, Finanzamt Österreich). 2Es bedarf in diesen Fällen keiner Berichtigung des Steuerbetrages nach Absatz 5. 3Die Tatsache, dass die fragliche Rechnung an einen Endverbraucher ausgestellt worden ist, stellt eine den Steueranspruch einschränkende Tatsache dar, die durch den Unternehmer glaubhaft darzulegen bzw. plausibel zu begründen ist. 4In Mischfällen, in denen die gleiche Leistung betreffende Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die vorgenannten Grundsätze nur bezüglich der Rechnungserteilung an Endverbraucher anzuwenden. 5Es kann keine Schätzung der betroffenen Umsätze oder des Anteils der an Endverbraucher ausgestellten Rechnungen, keine Wahrscheinlichkeitsberechnung oder Ähnliches erfolgen. 6Bei der Beurteilung, ob der Leistungsbezieher als Endverbraucher gehandelt hat, kann aber die Art der Leistung berücksichtigt werden. 7Zu Leistungen, die ihrer Art nach mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht für das Unternehmen, sondern für den privaten Gebrauch bestimmt sind, vgl. Abschnitt 3 a.2 Abs. 11 a; dieser Leistungskatalog ist aber unbeachtlich, sofern im Einzelfall feststeht, dass die Leistung nicht an einen Endverbraucher erbracht worden ist. (2)1Ein zu hoher Steuerausweis im Sinne des § 14 c Abs. 1 UStG liegt auch vor, wenn in Rechnungen über Kleinbeträge (§ 33 UStDV) oder in Fahrausweisen (§ 34 UStDV) ein zu hoher Steuersatz angegeben ist. 2Die Angabe einer falschen Beförderungsstrecke nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG führt für sich alleine noch nicht zu einer Steuerschuld nach § 14 c Abs. 1 UStG, da diese nicht zu den Mindestangaben nach § 34 Abs. 1 UStDV gehört. (3)1Die Regelung des § 14 c Abs. 1 UStG ist auch auf Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) anzuwenden, soweit der Gutschriftsempfänger einem zu hohen Steuerbetrag nicht widerspricht (vgl. BFH-Urteil vom 23. 4. 1998, V R 13/92, BStBl II S. 418). 2Zum Widerspruch vgl. Abschnitt 14.3 Abs. 4. 3Wird in einem Dokument der Begriff "Gutschrift" verwendet, obwohl keine Gutschrift im umsatzsteuerrechtlichen Sinne nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG vorliegt (z. B. kaufmännische Gutschrift), führt allein die Bezeichnung als "Gutschrift" nicht zur Anwendung des § 14 c UStG. (4)1§ 14 c Abs. 1 UStG gilt auch, wenn der Steuerbetrag von einem zu hohen Entgelt berechnet wurde (bei verdecktem Preisnachlass vgl. BMF-Schreiben vom 28. 8. 2020, BStBl I S. 928). 2Die Folgen des § 14 c Abs. 1 UStG treten nicht ein, wenn in Rechnungen für nicht steuerpflichtige Leistungen lediglich der Gesamtpreis einschließlich Umsatzsteuer in einem Betrag angegeben wird. 3Das Gleiche gilt, wenn der für eine Leistung geschuldete Kaufpreis auf Grund einer nachträglichen Vereinbarung wirksam herabgesetzt wird. 4Zu Anzahlungen vgl. Abschnitt 13.5 Abs. 4. 5Sind für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt worden, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet wurden, schuldet der leistende Unternehmer den hierin gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag (vgl. BFH-Urteil vom 27. 4. 1994, XI R 54/93, BStBl II S. 718). 6Dies gilt nicht, wenn inhaltlich identische (s. § 14 Abs. 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. 7Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden. (4 a)1Soweit der Aussteller eines Dokuments mit diesem nicht über eine von ihm erbrachte Leistung, sondern über eine Entgeltminderung abrechnet und dies zusätzlich durch ein Minuszeichen bei dem offen ausgewiesenen Betrag zum Ausdruck bringt, wird dieser negative Betrag nicht nach § 14 c Abs. 1 UStG geschuldet (vgl. BFH-Urteil vom 26. 06. 2019 - XI R 5/18, BStBl II 2023 S. 521). 2Zu einem Schriftstück, das keine Rechnung, sondern Grundlage für den Zahlungsverkehr ist, siehe Abschnitt 14.1 Abs. 1 Satz 4. 3Bei der Prüfung, ob ein Dokument (nur) über Leistungen oder (auch) über Entgeltminderungen abrechnet, sind unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung des Steueraufkommens weitere Dokumente nur dann ergänzend heranzuziehen, wenn die Abrechnung auf diese verweist. Berichtigung eines zu hohen Steuerausweises (5)1Der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte kann den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen (vgl. Absatz 7). 2In diesem Fall ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. 3Die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags ist folglich für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde; die Rechnungsberichtigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 12. 10. 2016 - XI R 43/14, BStBl II 2022 S. 566). 4Wurde ein zu hoch ausgewiesener Rechnungsbetrag bereits vereinnahmt und steht dem Leistungsempfänger aus der Rechnungsberichtigung ein Rückforderungsanspruch zu, ist die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags erst nach einer entsprechenden Rückzahlung an den Leistungsempfänger zulässig (vgl. BFH-Urteile vom 18. 09. 2008 - V R 56/06, BStBl II 2009 S. 250, vom 02. 09. 2010 - V R 34/09, BStBl II 2011 S. 991, und vom 16. 05. 2018 - XI R 28/16, BStBl II 2022 S. 570). 5Die Rückzahlung an den Leistungsempfänger kann auch im Wege der Abtretung erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 12. 10. 2016 - XI R 43/14, a. a. O.).
Beispiel: 1Ein Unternehmer berechnet für eine Lieferung die Umsatzsteuer mit 19 %, obwohl hierfür nach § 12 Abs. 2 UStG nur 7 % geschuldet werden. Entgelt 1 000,- € + 19 % Umsatzsteuer 190,- € Rechnungsbetrag 1 190,- € 2Wird der Rechnungsbetrag um die zu hoch ausgewiesene Steuer herabgesetzt, ergibt sich folgende berichtigte Rechnung: Entgelt 1 000,- € + 7 % Umsatzsteuer 70,- € Rechnungsbetrag 1 070,- € 3Diese berichtigte Rechnung ist für Zwecke der Berichtigung des Steuerbetrags nur anzuerkennen, soweit der leistende Unternehmer vom bereits vereinnahmten Rechnungsbetrag den Differenzbetrag in Höhe von 120 € (= 1 190 € - 1 070 €) an den Leistungsempfänger zurück gewährt. 4Bleibt der Rechnungsbetrag in der berichtigten Rechnung unverändert, ergibt sich die richtige Steuer durch Herausrechnen aus dem bisherigen Rechnungsbetrag: Rechnungsbetrag mit Steuer 1 190,- € darin enthaltene Steuer auf der Grundlage des ermäßigten Steuersatzes von 7 % = 7/107 77,85 € Rechnungsbetrag ohne Steuer 1 112,15 € Berichtigte Rechnung: Entgelt 1 112,15 € + 7 % Umsatzsteuer 77,85 € Rechnungsbetrag 1 190,- € 5Diese Rechnungsberichtigung ist für Zwecke der Berichtigung des Steuerbetrags auch ohne Rückgewähr des Entgelts anzuerkennen.
Beispiel: | |
1Ein Unternehmer berechnet für eine Lieferung die Steuer mit 7 %, obwohl hierfür nach § 12 Abs. 1 UStG eine Steuer von 19 % geschuldet wird. | |
Berechnetes Entgelt 400,- € | |
+ 7 % Umsatzsteuer 28,- € | |
Gesamtrechnungsbetrag 428,- € | |
Herausrechnung der Steuer mit 19/119 ./. 68,34 € | |
Entgelt 359,66 € | |
Vom Unternehmer gesetzlich geschuldete Steuer: | |
19 % von 359,66 € = 68,34 € | |
2Der Leistungsempfänger darf als Vorsteuer nur den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag abziehen. 3Es bleibt aber dem leistenden Unternehmer unbenommen, den zu niedrig ausgewiesenen Steuerbetrag zu berichtigen. |