(1) 1§ 3 Abs. 3 a Sätze 1 und 2 UStG regelt die Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten. 2Nach § 3 Abs. 3 a Satz 1 UStG werden Unternehmer, die mittels ihrer elektronischen Schnittstelle Lieferungen von Gegenständen durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer (siehe Abschnitt 3 a.1 Abs. 1) unterstützen, deren Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, so behandelt, als ob sie diese Gegenstände für ihr Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätten. 3Gleiches gilt nach § 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG für die Unterstützung von Fernverkäufen von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 € mittels einer elektronischen Schnittstelle. 4Während tatsächlich lediglich ein einziges Verkaufsgeschäft vorliegt, werden für umsatzsteuerliche Zwecke zwei Lieferungen fingiert, indem eine (erste) Lieferung von dem Unternehmer an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle sowie eine (zweite) Lieferung von dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle an den Enderwerber angenommen werden. 5Die Regelungen des § 3 Abs. 3 a Satz 1 und Satz 2 UStG gelten für unterschiedliche Erwerberkreise. 6In den Fällen des § 3 Abs. 3 a Satz 1 UStG muss es sich bei dem Empfänger der Liefergegenstände um eine Person im Sinne des § 3 a Abs. 5 Satz 1 UStG (insbesondere kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird) handeln. 7Dagegen kann ein Erwerber in den Fällen des § 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG ein in § 3 a Abs. 5 Satz 1 UStG bezeichneter Empfänger oder eine in § 1 a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannte Person sein, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet (vgl. § 3 Abs. 3 a Sätze 4 und 5 UStG); Abschnitt 3 c.1 Abs.
Beispiel 1: 1Ein in Südkorea ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör an eine Privatperson in Frankreich. 2Die Ware wird aus einem inländischen Lager eines anderen Unternehmers an den Wohnsitz der Privatperson in Frankreich versendet. 3Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle überschreitet die Umsatzschwelle von 10 000 € (§ 3 c Abs. 4 Satz 1 UStG) bzw. verzichtet auf die Anwendung des § 3 c Abs. 4 Satz 1 UStG (§ 3 c Abs. 4 Satz 2 UStG). 4Es werden eine Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson nach § 3 Abs. 3 a Satz 1 UStG fingiert. 5Die Warenbewegung wird nach § 3 Abs. 6 b UStG der Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle zugeschrieben. 6Die Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland steuerbar, aber nach § 4 Nr. 4 c UStG steuerbefreit (vgl. Abschnitt 4.4 c.1). 7Die Ortsbestimmung der Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson richtet sich nach § 3 c Abs. 1 UStG. 8Danach ist der Ort der Lieferung der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Versendung an die Privatperson befindet (hier: Frankreich). 9Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle kann das besondere Besteuerungsverfahren im Sinne des § 18 j UStG (vgl. Abschnitt 18 j.1) in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären. 10Andernfalls hat der Betreiber der elektronischen Schnittstelle den Umsatz im Bestimmungsland (hier: Frankreich) im allgemeinen Besteuerungsverfahren (Artikel
Beispiel 2: | |
1Ein in Südkorea ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör an eine im Inland ansässige Privatperson. 2Die Ware wird aus einem inländischen Lager eines anderen Unternehmers an den Wohnsitz der Privatperson versendet. | |
3Es werden eine Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson nach § 3 Abs. 3 a Satz 1 UStG fingiert. 4Die Warenbewegung wird nach § 3 Abs. 6 b UStG der Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle zugeschrieben. 5Die Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland steuerbar, aber nach § 4 Nr. 4 c UStG steuerbefreit (vgl. Abschnitt 4.4 c.1). 6Die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson ist gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig. 7§ 3 c Abs. 1 UStG findet keine Anwendung, weil die Ware nicht aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates gelangt (vgl. § 3 c Abs. 1 Satz 2 UStG). 8Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle kann das besondere Besteuerungsverfahren im Sinne des § 18 j UStG (vgl. Abschnitt 18 j.1) in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären. 9Andernfalls hat der Betreiber der elektronischen Schnittstelle den Umsatz in Deutschland im allgemeinen Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs. 1 bis 4 UStG) zu erklären. |
Beispiel 3: | |
1Ein im Inland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör an eine Privatperson in Frankreich. 2Die Ware wird aus einem Lager im Inland an den Wohnsitz der Privatperson in Frankreich versendet. 3H überschreitet die Umsatzschwelle von 10 000 € (§ 3 c Abs. 4 Satz 1 UStG) bzw. verzichtet auf die Anwendung des § 3 c Abs. 4 Satz 1 UStG (§ 3 c Abs. 4 Satz 2 UStG). | |
4Nach § 3 Abs. 3 a Satz 1 UStG wird keine Lieferung zwischen dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und der Privatperson fingiert, da H im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist. 5§ 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG findet keine Anwendung, da die Ware nicht aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wurde. 6Für die Lieferung des H an die Privatperson findet § 3 c Abs. 1 UStG Anwendung. 7Der Ort der Lieferung ist der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Versendung an die Privatperson befindet (hier: Frankreich). 8H kann das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 j UStG (vgl. Abschnitt 18 j.1) in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären. 9Andernfalls hat H den Umsatz im Bestimmungsland (hier: Frankreich) im allgemeinen Besteuerungsverfahren (Artikel |
Beispiel 4: | |
1Ein im Inland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör an eine im Inland ansässige Privatperson. 2Die Ware wird aus einem Fulfillment-Center in Polen an den Wohnsitz der Privatperson versendet. 3H überschreitet die Umsatzschwelle von 10 000 € (§ 3 c Abs. 4 Satz 1 UStG) bzw. verzichtet auf die Anwendung des § 3 c Abs. 4 Satz 1 UStG (§ 3 c Abs. 4 Satz 2 UStG) und nimmt an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 j UStG teil. | |
4Nach § 3 Abs. 3 a Satz 1 UStG wird keine Lieferung zwischen dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und der Privatperson fingiert, da H im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist. 5§ 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG findet keine Anwendung, da die Ware nicht aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wird. 6Für die Lieferung des H an die Privatperson findet § 3 c Abs. 1 UStG Anwendung. 7Der Ort der Lieferung ist der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Versendung an die Privatperson befindet (hier: Inland). 8Der Händler hat die Umsätze über das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 j UStG (vgl. Abschnitt 18 j.1) zu erklären. |
- | Belgien: | 11 200 €, |
- | Bulgarien: | 20 000 BGN, |
- | Dänemark: | 80 000 DKK, |
- | Estland: | 10 000 €, |
- | Finnland: | 10 000 €, |
- | Frankreich: | 10 000 €, |
- | Griechenland: | 10 000 €, |
- | Irland: | 41 000 €, |
- | Italien: | 10 000 €, |
- | Kroatien: | 77 000 HKR, |
- | Lettland: | 10 000 €, |
- | Litauen: | 14 000 €, |
- | Luxemburg: | 10 000 €, |
- | Malta: | 10 000 €, |
- | Niederlande: | 10 000 €, |
- | Österreich: | 11 000 €, |
- | Polen: | 50 000 PLN, |
- | Portugal: | 10 000 €, |
- | Rumänien: | 34 000 RON, |
- | Schweden: | 90 000 SEK, |
- | Slowakei: | 14 000 €, |
- | Slowenien: | 10 000 €, |
- | Spanien: | 10 000 €, |
- | Tschechien: | 326 000 CZK, |
- | Ungarn: | 10 000 €, |
- | Zypern: | 10 251 €. |
Beispiel 1: | |
1Ein in Südkorea ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör (Sachwert: 50 €) an eine im Inland ansässige Privatperson. 2Die Ware wird von H aus einem Lager in Südkorea an den Wohnsitz der Privatperson versendet. 3Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle, welcher im Inland ansässig ist und das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 k UStG (vgl. Abschnitt 18 k.1) in Anspruch nimmt. | |
4Nach § 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG werden eine Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die im Inland ansässige Privatperson fingiert. 5Die Einfuhr der Waren ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei. 6Die Warenbewegung wird nach § 3 Abs. 6 b UStG der Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle zugeschrieben. 7Die Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist daher nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar. 8Die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson ist im Inland nach § 3 c Abs. 3 Satz 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig (vgl. Abschnitt 3 c.1 Abs. 4). 9Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle hat diesen Umsatz im besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 k UStG zu erklären (vgl. Abschnitt 18 k.1). |
Beispiel 2: | |
1Ein im Inland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör (Sachwert: 60 €) an eine im Inland ansässige Privatperson. 2Die Ware wird aus einem Lager in der Schweiz an den Wohnsitz der Privatperson versendet. 3Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle, welcher das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 k UStG (vgl. Abschnitt 18 k.1) in Anspruch nimmt. | |
4Nach § 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG werden eine Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die im Inland ansässige Privatperson fingiert. 5Die Einfuhr der Ware ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei. 6Die Warenbewegung wird nach § 3 Abs. 6 b UStG der Lieferung durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle zugeschrieben. 7Die Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist daher nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar. 8Die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson ist im Inland nach § 3 c Abs. 3 Satz 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig. 9Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle hat diesen Umsatz im besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 k UStG zu erklären (vgl. Abschnitt 18 k.1). |
Beispiel: | |
1Eine in Italien ansässige Privatperson K bestellt Handyzubehör (Sachwert: 50 €) bei dem im Inland ansässigen Händler D über die elektronische Schnittstelle des im Inland ansässigen Betreibers B. 2D bestellt die Ware seinerseits bei dem in Südkorea ansässigen Händler H. 3H versendet die Ware direkt an K. 4Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Spediteur S in indirekter Vertretung des H. | |
5Nach § 3 Abs. 3 a Satz 2 UStG werden eine Lieferung des D an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle B und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle B an die in Italien ansässige Privatperson K fingiert. 6Außerdem liegt eine Lieferung von H an D vor. 7Bei der Bestimmung der Warenbewegung geht § 3 Abs. 6 b UStG als speziellere Vorschrift der Regelung des § 3 Abs. 6 a UStG vor. 8Die Warenbewegung wird daher nach § 3 Abs. 6 b UStG der Lieferung durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle B zugeschrieben. 9Der Ort dieser Lieferung liegt nach § 3 c Abs. 2 UStG in Italien. 10Die Lieferungen des H an D und die fingierte Lieferung des D an B sind als ruhende Lieferungen gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar. |
Beispiel 1: | ||
1Der Rechnungsbetrag setzt sich aus dem Preis für die Ware und den Beförderungskosten zusammen: | ||
Preis für die Ware auf der Rechnung: | 140,00 € | |
Beförderungskosten auf der Rechnung: | 20,00 € | |
Rechnungsbetrag insgesamt: | 160,00 € | |
2Der Sachwert der Ware beträgt 140,00 €. |
Beispiel 2: | ||
1Der Rechnungsbetrag beinhaltet die Beförderungskosten. 2Es ist anhand der Rechnung oder sonstiger Unterlagen nicht erkennbar, ob und in welcher Höhe Beförderungskosten im Rechnungspreis enthalten sind: | ||
Rechnungsbetrag insgesamt: | 160,00 € | |
3Der Sachwert der Ware beträgt 160,00 €. |
Beispiel 3: | ||
1Der Rechnungsbetrag setzt sich aus dem Preis für die Ware, den Beförderungskosten und der Umsatzsteuer zusammen: | ||
Preis für die Ware auf der Rechnung: | 140,00 € | |
Beförderungskosten auf der Rechnung: | 20,00 € | |
Umsatzsteuer (19 %) auf der Rechnung: | 30,40 € | |
Rechnungsbetrag insgesamt: | 190,40 € | |
2Der Sachwert der Ware beträgt 140,00 €. |
Beispiel 4: | ||
1Der Rechnungsbetrag setzt sich aus dem Preis für die Ware, den Beförderungskosten und der drittländischen Umsatzsteuer zusammen: | ||
Preis für die Ware auf der Rechnung: | 140,00 € | |
Rechnungsbetrag insgesamt: | 195,00 € | |
2Der Sachwert der Ware beträgt auch in diesem Fall 140,00 €. |