1. Säumnis tritt ein, wenn die Steuer oder die zurückzuzahlende Steuervergütung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird. Sofern - wie bei den Fälligkeitssteuern - die Steuer ohne Rücksicht auf die erforderliche Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung fällig wird, tritt die Säumnis nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder die Steueranmeldung abgegeben worden ist. Bei Fälligkeitssteuern ist daher wie folgt zu verfahren: a) Gibt der Steuerpflichtige seine Voranmeldung oder Anmeldung erst nach Ablauf des Fälligkeitstages ab, so sind Säumniszuschläge bei verspätet geleisteter Zahlung nicht vom Ablauf des im Einzelsteuergesetz bestimmten Fälligkeitstages an, sondern erst von dem auf den Tag des Eingangs der Voranmeldung oder Anmeldung folgenden Tag an (ggf. unter Gewährung der Zahlungs-Schonfrist nach § 240 Abs. 3 AO) zu berechnen. Entsprechendes gilt für den Mehrbetrag, der sich ergibt, wenn der Steuerpflichtige seine Voranmeldung oder Anmeldung nachträglich berichtigt und sich dadurch die Steuer erhöht. b) Setzt das Finanzamt eine Steuer wegen Nichtabgabe der Voranmeldung oder Anmeldung fest, so sind Säumniszuschläge für verspätet geleistete Zahlung nicht vom Ablauf des im Einzelsteuergesetz bestimmten Fälligkeitstages an, sondern erst von dem Tag an (ggf. unter Gewährung der Zahlungs-Schonfrist nach § 240 Abs. 3 AO) zu erheben, der auf den letzten Tag der vom Finanzamt gesetzten Zahlungsfrist folgt. Dieser Tag bleibt für die Berechnung der Säumniszuschläge auch dann maßgebend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Zahlungsfrist seine Voranmeldung oder Anmeldung abgibt. Entsprechendes gilt, wenn das Finanzamt eine auf einer Voranmeldung oder Anmeldung beruhende Steuerschuld höher festsetzt, als sie sich aus der Voranmeldung oder Anmeldung ergibt, oder eine von ihm festgesetzte Steuer durch Korrektur der Steuerfestsetzung erhöht. 2. Im Falle der Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 AO bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge bestehen (§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO). Das gilt auch, wenn die ursprüngliche, für die Bemessung der Säumniszuschläge maßgebende Steuer in einem Rechtsbehelfsverfahren herabgesetzt wird. Säumniszuschläge sind nicht zu entrichten, soweit sie sich auf Steuerbeträge beziehen, die durch (nachträgliche) Anrechnung von Lohn-, Kapitalertrag- oder Körperschaftsteuer entfallen sind, weil insoweit zu keiner Zeit eine rückständige Steuer i. S. d. § 240 Abs. 1 Satz 4 AO vorgelegen hat (BFH-Urteil vom 24. 3. 1992, VII R 39/91, BStBl II S. 956). 3. Der Säumniszuschlag ist von den Gesamtschuldnern nur in der Höhe anzufordern, in der er entstanden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre; der Ausgleich findet zwischen den Gesamtschuldnern nach bürgerlichem Recht statt. 4. Säumniszuschläge sind nicht zu entrichten, wenn Verspätungszuschläge, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder und Kosten (steuerliche Nebenleistungen) nicht rechtzeitig gezahlt werden. 5. Säumniszuschläge sind ein Druckmittel eigener Art. Sie sollen den Steuerschuldner zur pünktlichen Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen anhalten und die Verletzung der Zahlungspflicht sanktionieren; auf ein Verschulden des Steuerschuldners kommt es hierbei nicht an. Sie entstehen kraft Gesetzes allein durch Zeitablauf (vgl. BFH-Urteil vom 17. 7. 1985, I R 172/79, BStBl 1986 II S. 122). Außerdem sind Säumniszuschläge ein Ausgleich für den durch die Pflichtverletzung angefallenen Verwaltungsaufwand. Die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen des säumigen Steuerschuldners und der Ausgleich von Liquiditätsnachteilen des Steuergläubigers sind nur Nebenzweck der Regelung (vgl. BFH-Beschluss vom 28. 10. 2022, VI B 15/22 (AdV), BStBl 2023 II S. 12). Soweit die Zielsetzung des § 240 AO durch die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr erreicht werden kann, können sie nach § 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen ganz oder teilweise erlassen werden. Ein Erlass kommt hiernach insbesondere in folgenden Fällen in Betracht: a) bei plötzlicher Erkrankung des Steuerpflichtigen, wenn er selbst dadurch an der pünktlichen Zahlung gehindert war und es dem Steuerpflichtigen seit seiner Erkrankung bis zum Ablauf der Zahlungsfrist nicht möglich war, einen Vertreter mit der Zahlung zu beauftragen; b) bei einem bisher pünktlichen Steuerzahler, dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist. Wer seine Steuern laufend unter Ausnutzung der Schonfrist des § 240 Abs. 3 AO zahlt, ist kein pünktlicher Steuerzahler (BFH-Urteil vom 15. 5. 1990, VII R 7/88, BStBl II S. 1007); c) wenn einem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuern wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich war (BFH-Urteil vom 8. 3. 1984, I R 44/80, BStBl II S. 415). Da der säumige Steuerschuldner nicht bessergestellt werden darf als ein Steuerpflichtiger, dem eine nach § 234 AO verzinsliche Stundung gewährt wurde, ist - vorbehaltlich von Buchst. e - grundsätzlich nur die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge zu erlassen (vgl. BFH-Urteil vom 16. 7. 1997, XI R 32/96, BStBl 1998 II S. 7); d) bei einem Steuerpflichtigen, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch nach § 258 AO bewilligte oder sonst hingenommene Ratenzahlungen unstreitig bis an die äußerste Grenze ausgeschöpft worden ist. Da der säumige Steuerschuldner nicht bessergestellt werden darf als ein Steuerpflichtiger, dem eine nach § 234 AO verzinsliche Stundung gewährt wurde, ist - vorbehaltlich von Buchst. e - grundsätzlich nur die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge zu erlassen (vgl. BFH-Urteil vom 22. 6. 1990, III R 150/85, BStBl 1991 II S. 864); e) soweit die Voraussetzungen für einen Erlass der Hauptschuld nach § 227 AO oder für eine zinslose Stundung der Steuerforderung nach § 222 AO im Säumniszeitraum vorliegen, sind die entstandenen Säumniszuschläge insoweit in voller Höhe zu erlassen (vgl. BFH-Urteil vom 23. 5. 1985, V R 124/79, BStBl II S. 489). Lagen nur die Voraussetzungen für eine verzinsliche Stundung der Hauptforderung vor, gilt Buchstabe d) Satz 2 entsprechend. f) soweit die angefochtene Steuerfestsetzung im Rahmen eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben oder zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert wird und der Steuerpflichtige alle außergerichtlichen und gerichtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die Aussetzung der Vollziehung zu erreichen, diese aber - obwohl möglich und geboten - vom Finanzamt und vom Finanzgericht abgelehnt worden ist. Der im Rechtsbehelfsverfahren obsiegende Steuerpflichtige ist dann so zu stellen, als hätte er den gebotenen einstweiligen Rechtsschutz (Aussetzung der Vollziehung) erlangt, weshalb die betroffenen Säumniszuschläge in voller Höhe zu erlassen sind (vgl. BFH-Urteil vom 24. 4. 2014, V R 52/13, BStBl 2015 II S. 106); g) in sonstigen Fällen sachlicher Unbilligkeit. Die Möglichkeit eines weitergehenden Erlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen bleibt unberührt. Zum Erlass von Säumniszuschlägen bei einer Überschneidung mit Nachzahlungszinsen vgl. AEAO zu §