OLG Braunschweig - Urteil vom 22.05.2018
8 U 130/17
Normen:
BGB § 241 Abs. 2; BGB § 315; BGB §§ 315 ff.; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; BGB § 818 Abs. 3; VVG § 86 Abs. 1 S. 1; VVG § 194 Abs. 2; UStG § 4 Nr. 14 Buchst. b; UStG § 14c Abs. 1 S. 2; UStG § 17 Abs. 1 S. 1; AO § 37 Abs. 2; AO § 164 Abs. 2;
Vorinstanzen:
LG Göttingen, vom 21.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 58/16

Anspruch des Patienten auf Erstattung nicht geschuldeter Umsatzsteuer bei der Berechnung der individuellen Herstellung von Zytostatika

OLG Braunschweig, Urteil vom 22.05.2018 - Aktenzeichen 8 U 130/17

DRsp Nr. 2019/85

Anspruch des Patienten auf Erstattung nicht geschuldeter Umsatzsteuer bei der Berechnung der individuellen Herstellung von Zytostatika

1. Hat das Krankenhaus in der Berechnung der individuellen Herstellung der Zytostatika im Rahmen einer ambulanten Behandlung die Umsatzsteuer ausgewiesen, kann darin eine Nettopreisabrede gesehen werden, weil das Krankenhaus mit der Rechnungslegung sein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315 ff. BGB ausübt. 2. Eine solche Nettopreisabrede ist nicht dahingehend auszulegen, dass der Leistungsempfänger bereit und verpflichtet ist, den Nettopreis zuzüglich der tatsächlich festgesetzten Umsatzsteuer zu zahlen (entgegen BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 1 KR 7/08 - NZS 2010, 154, Tz.15 f.). Richtigerweise ist die Nettopreisabrede dahingehend auszulegen, dass neben dem Nettopreis die auf die Lieferung anfallende Umsatzsteuer geschuldet ist. 3. Ist die Umsatzsteuer entgegen der Annahme der Vertragsparteien nicht geschuldet, fehlt für die Zahlung des Umsatzsteuerbetrages der rechtliche Grund, so dass der Leistungsempfänger und damit auch seine private Krankenversicherung vom Krankenhaus die Rückzahlung dieses Betrages nach § 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB verlangen kann. 4. Das Krankenhaus trifft dabei die vertragliche Nebenpflicht, § 241 Abs. 2 BGB, die Rechnungen im Hinblick auf die zu Unrecht erhobene Umsatzsteuer zu berichtigen.