(1) 1 Ein Leistungsaustausch setzt voraus, daß Leistender und Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht. 2 Für die Annahme eines Leistungsaustausches müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen. 3 Ein Leistungsaustausch kann nur zustande kommen, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst, so daß schließlich die wechselseitig erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sind (BFH-Urteile vom 07.05.1981 - BStBl II S. 495 und vom 30.01.1997 - BStBl II S. 335). 4 Auch wenn die Gegenleistung für die Leistung des Unternehmers nur im nichtunternehmerischen Bereich verwendbar ist (z.B. eine zugewendete Reise), kann sie Entgelt sein. 5 Der Annahme eines Leistungsaustausches steht nicht entgegen, daß sich die Entgeltserwartung nicht erfüllt, daß das Entgelt uneinbringlich wird oder daß es sich nachträglich mindert (vgl. BFH-Urteil vom 22.06.1989 - BStBl II S. 913). 6 Bloße - vorübergehende - Liquiditätsschwierigkeiten des Entgeltschuldners ändern hieran regelmäßig nichts (vgl. BFH-Urteil vom 16.03.1993 - BStBl II S. 562). 7 Auch wenn eine Gegenleistung freiwillig erbracht wird, kann ein Leistungsaustausch vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 17.02.1972 - BStBl II S. 405). 8 Leistung und Gegenleistung brauchen sich nicht gleichwertig gegenüberzustehen (vgl. BFH-Urteil vom 22.06.1989 a.a.O.). 9 An einem Leistungsaustausch fehlt es in der Regel, wenn eine Gesellschaft Geldmittel nur erhält, damit sie in die Lage versetzt wird, sich in Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks zu betätigen (vgl. BFH-Urteil vom 20.04.1988 - BStBl II S. 792). (2) 1 Zur Prüfung der Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen, wenn der Leistungsempfänger die Leistung für Umsätze in Anspruch nimmt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, vgl. BFH-Urteil vom 15.03.1993 - BStBl II S. 728. 2Zur rechtsmißbräuchlichen Gestaltung nach § 42 AO bei "Vorschaltung" von Minderjährigen in den Erwerb und die Vermietung von Gegenständen (vgl. BFH-Urteile vom 21.11.1991 - BStBl 1992 II S. 446 - und vom 04.05.1994 - BStBl II S. 829). 3 Ist der Leistungsempfänger ganz oder teilweise nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist der Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sowohl bei der "Vorschaltung" von Ehegatten als auch bei der "Vorschaltung" von Gesellschaften nach den Grundsätzen der BFH-Urteile vom 22.10.1992 - BStBl 1993 II S. 210 -, vom 04.05.1994 - BStBl II S. 829 - und vom 18.12.1996 - BStBl 1997 II S. 374 - zu prüfen. (3) 1 Der Leistungsaustausch umfaßt alles, was Gegenstand eines Rechtsverkehrs sein kann. 2 Leistungen im Rechtssinne unterliegen aber nur insoweit der Umsatzsteuer, als sie auch Leistungen im wirtschaftlichen Sinne sind, d.h. Leistungen, bei denen ein über die reine Entgeltsentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse des Entrichtenden verfolgt wird. 3 (vgl. BFH-Urteil vom 31.07.1969 - BStBl II S. 637). 4 Die bloße Entgeltsentrichtung, insbesondere die Geldzahlung oder Überweisung, ist keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne. 5 Unter welchen Voraussetzungen bei der Schuldübernahme eine Leistung im wirtschaftlichen Sinne anzunehmen ist vgl. die BFH-Urteile vom 18.04.1962 - BStBl III S. 292 - und vom 31.07.1969 a.a.O. 6 Die Übernahme einer Baulast gegen ein Darlehen zu marktunüblich niedrigen Zinsen kann einen steuerbaren Umsatz darstellen (vgl. BFH-Beschluß vom 12.11.1987 - BStBl 1988 II S. 156). 7 Vereinbart der Bauherr einer Tiefgarage mit einer Gemeinde den Bau und die Zurverfügungstellung von Stellplätzen für die Allgemeinheit und erhält er dafür einen Geldbetrag, so ist in der Durchführung dieses Vertrages ein Leistungsaustausch mit der Gemeinde zu sehen (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.1997 - BStBl 1998 II S. 169). 8 Die Unterhaltung von Giro-, Bauspar- und Sparkonten stellt für sich allein keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne dar (vgl. BFH-Urteil vom 01.02.1973 - BStBl II S. 172). 9 Die geschäftsmäßige Ausgabe nicht börsengängiger sogenannter Optionen (Privatoptionen) auf Warenterminkontrakte gegen Zahlung einer Prämie ist eine steuerbare Leistung (BFH-Urteil vom 28.11.1985 - BStBl 1986 II S. 160). 10 Die entgeltliche Anlage und Verwaltung von Vermögenswerten ist grundsätzlich steuerbar. 11 Dies gilt auch dann, wenn sich der Unternehmer im Auftrag der Geldgeber treuhänderisch an einer Anlagegesellschaft beteiligt und deren Geschäfte führt (BFH-Urteil vom 29.01.1998 - BStBl II S. 413). Das 12Anbieten von Leistungen (Leistungsbereitschaft) kann eine steuerbare Leistung sein, wenn dafür ein Entgelt gezahlt wird (vgl. BFH-Urteil vom 27.08.1970 - BStBl 1971 II S. 6). 13 Zahlt ein Apotheker einem Hauseigentümer dafür etwas, daß dieser Praxisräume einem Arzt (mietweise oder unentgeltlich) überläßt, kann zwischen dem Apotheker und dem Hauseigentümer ein eigener Leistungsaustausch vorliegen (BFH-Urteil vom 20.02.1992 - BStBl II S. 705). (4) 1 Ein Leistungsaustausch liegt nicht vor, wenn eine Lieferung rückgängig gemacht wird (Rückgabe). 2 Ob eine nicht steuerbare Rückgabe oder eine steuerbare Rücklieferung vorliegt, ist aus der Sicht des ursprünglichen Lieferungsempfängers und nicht aus der Sicht des ursprünglichen Lieferers zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.1995 - BStBl II S. 756). (5) 1 Die Freigabe eines Fußballvertragsspielers oder Lizenzspielers gegen Zahlung einer Ablöseentschädigung vollzieht sich im Rahmen eines Leistungsaustausches zwischen abgebenden und aufnehmenden Verein (vgl. BFH-Urteil vom 31.08.1955 - BStBl III S. 333). 2 Das gilt auch, wenn die Ablöseentschädigung für die Abwanderung eines Fußballspielers in das Ausland von dem ausländischen Verein gezahlt wird; zum Ort der Leistung in derartigen Fällen vgl. Abschnitt 39 Abs. 2 Satz 4. (6) 1 Personalgestellungen und -überlassungen gegen Entgelt, auch gegen Aufwendungsersatz, erfolgen grundsätzlich im Rahmen eines Leistungsaustausches. 2 In den folgenden Beispielsfällen liegt bei der Freistellung von Arbeitnehmern durch den Unternehmer gegen Erstattung der Aufwendungen wie Lohnkosten, Sozialversicherungsbeiträge und dgl. jedoch kein Leistungsaustausch vor: Freistellung:
1. für Luftschutz- und Katastrophenschutzübungen; 2. für Sitzungen des Gemeinderates oder seiner Ausschüsse; 3. an das Deutsche Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk, den Malteser Hilfsdienst, die Johanniter Unfallhilfe oder den Arbeiter Samariter Bund; 4. an die Feuerwehr für Zwecke der Ausbildung, zu Übungen und zu Einsätzen; 5. für Wehrübungen; 6. zur Teilnahme an der Vollversammlung einer Handwerkskammer, an Konferenzen, Lehrgängen und dgl. einer Industriegewerkschaft, für eine Tätigkeit im Vorstand des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger e.V., für die Durchführung der Gesellenprüfung im Schornsteinfegerhandwerk; 7. für Sitzungen der Vertreterversammlung und des Vorstandes der Verwaltungsstellen der Bundesknappschaft; 8. für die ehrenamtliche Tätigkeit in den Selbstverwaltungsorganen der Allgemeinen Ortskrankenkassen, bei Innungskrankenkassen und ihren Verbänden; 9. als Heimleiter in Jugenderholungsheimen einer Industriegewerkschaft; 10. von Bergleuten für Untersuchungen durch das Berufsgenossenschaftliche Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA); 11. für Kurse der Berufsgenossenschaft zur Unfallverhütung. (7) 1 Bei der Abgrenzung zwischen steuerbarer Leistung und nicht steuerbarer Beistellung von Personal des Auftraggebers ist unter entsprechender Anwendung der Grundsätze der sog. Materialbeistellung (vgl. Abschnitt 27 Absatz 2 bis 4) darauf abzustellen, ob der Auftraggeber an den Auftragnehmer selbst eine Leistung (als Gegenleistung) bewirken oder nur zur Erbringung der Leistung durch den Auftragnehmer beitragen will. 2Soweit der Auftraggeber mit der Beistellung seines Personals an der Erbringung der bestellten Leistung mitwirkt, wird dadurch zugleich auch der Inhalt der gewollten Leistung näher bestimmt. 3Ohne entsprechende Beistellung ist es Aufgabe des Auftragnehmers, sämtliche Mittel für die Leistungserbringung selbst zu beschaffen. 4Daher sind Beistellungen nicht Bestandteil des Leistungsaustauschs, wenn sie nicht im Austausch für die gewollte Leistung aufgewendet werden. (8) 1 Eine nicht steuerbare Beistellung von Personal des Auftraggebers setzt voraus, dass das Personal nur im Rahmen der Leistung des Auftragnehmers für den Auftraggeber eingesetzt wird. 2 Der Einsatz von Personal des Auftraggebers für Umsätze des Auftragnehmers an Drittkunden muss vertraglich und tatsächlich ausgeschlossen sein. 3Der Auftragnehmer hat dies sicherzustellen und trägt hierfür die objektive Beweislast. 4Die Entlohnung des überlassenen Personals muss weiterhin ausschließlich durch den Auftraggeber erfolgen. 5Ihm allein muss auch grundsätzlich das Weisungsrecht obliegen. 6Dies kann nur in dem Umfang eingeschränkt und auf den Auftragnehmer übertragen werden, soweit es zur Erbringung der Leistung erforderlich ist. 2005 (9) 1 Das Bestehen einer Gewinngemeinschaft (Gewinnpoolung) beinhaltet für sich allein noch keinen Leistungsaustausch zwischen den Beteiligten (vgl. BFH-Urteil vom 26.07.1973 - BStBl II S. 766). 2 Bei einer Innengesellschaft ist kein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaftern und Innengesellschaft, sondern nur unter den Gesellschaftern denkbar (vgl. BFH-Urteil vom 27.05.1982 - BStBl II S. 678). (10) 1 Ein Leistungsaustausch bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen für eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter gegen Vergütung setzt voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht (vgl. BFH-Urteil vom 6. 6. 2002 - BStBl 2003 II S. 36 - und Abschnitt 6). 2 Die Tätigkeit eines Kassenarztes als Vorstandsmitglied einer Kassenärztlichen Vereinigung ist keine sonstige Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches, wie sie von einem Unternehmer durch geschäftliche Betätigung gegenüber Dritten erbracht wird (BFH-Urteil vom 04.11.1982 - BStBl 1983 II S. 156). (11) 1 Werden aufgrund des Baugesetzbuchs (BauGB) Betriebsverlagerungen vorgenommen, so handelt es sich dabei um umsatzsteuerbare Leistungen des betreffenden Unternehmers an die Gemeinde oder den Sanierungsträger; das Entgelt für diese Leistungen besteht in den Entschädigungsleistungen. 2 Reichen die normalen Entschädigungsleistungen nach dem BauGB nicht aus und werden zur anderweitigen Unterbringung eines von der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme betroffenen gewerblichen Betriebs zusätzliche Sanierungsfördermittel in Form von Zuschüssen eingesetzt, sind sie als Teil des Entgelts für die oben bezeichnete Leistung des Unternehmers anzusehen. (12) 1 Nach § 181 BauGB soll die Gemeinde bei der Durchführung des BauGB zur Vermeidung oder zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile, die für den Betroffenen in seinen persönlichen Lebensumständen eine besondere Härte bedeuten, auf Antrag einen Geldausgleich im Billigkeitswege gewähren. 2 Ein solcher Härteausgleich ist, wenn er einem Unternehmer gezahlt wird, nicht als Entgelt für eine steuerbare Leistung des Unternehmers gegenüber der Gemeinde anzusehen; es handelt sich vielmehr um eine nicht steuerbare Zuwendung. 3 Das gleiche gilt, wenn dem Eigentümer eines Gebäudes ein Zuschuß gewährt wird 1. für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach §