R 17 UStR 2005
Stand: 16.12.2004
zuletzt geändert durch:
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Umsatzsteuergesetzes (Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 - UStR 2005), BStBl. I S3/2004
Zu § 2 UStG

R 17 UStR 2005 Selbständigkeit

R 17 Selbständigkeit

UStR 2005 ( Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 )

Allgemeines (1) 1 Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung ausgeübt wird. 2Ob Selbständigkeit oder Unselbständigkeit anzunehmen ist, richtet sich grundsätzlich nach dem Innenverhältnis zum Auftraggeber. 3 Aus dem Außenverhältnis zur Kundschaft lassen sich im allgemeinen nur Beweisanzeichen herleiten (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.1956 - BStBl 1957 III S. 42). 4 Dabei kommt es nicht allein auf die vertragliche Bezeichnung, die Art der Tätigkeit oder die Form der Entlohnung an. 5 Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. 6 Es müssen die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen werden; die gewichtigeren Merkmale sind dann für die Gesamtbeurteilung maßgebend (vgl. BFH-Urteile vom 24.11.1961 - BStBl 1962 III S. 125 - und vom 30.05.1996 - BStBl II 8. 493). 7 Arbeitnehmer kann auch sein, wer nach außen wie ein Kaufmann auftritt (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.1987 - BStBl II S. 746). 8 Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 27.07.1972 - BStBl II S. 810). 9 Wegen der Behandlung der Versicherungsvertreter, Hausgewerbetreibenden und Heimarbeiter vgl. R 134 Abs. 1 und 2 EStR 1998. 10Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, der als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen der Gesellschaft, die sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer, aus dem Anstellungsvertrag und aus den Gesellschafterbeschlüssen - in Verbindung mit den gesetzlichen Vorschriften - ergeben können, zu folgen hat, ist nicht selbständig. 11 Der Geschäftsführer bleibt - ungeachtet der der Regelungen im Anstellungsvertrag - gesellschaftsrechtlich dem Weisungsrecht der Gesellschafter unterworfen (BFH-Urteil vom 09.10.1996 - BStBl 1997 II S. 255). 12 Demgegenüber ist ein Kommanditist als Mitglied eines Beirates, dem vor allem Zustimmungs- und Kontrollrechte übertragen sind, gegenüber der Gesellschaft selbständig tätig (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.1994 - BStBl 1995 II S. 150). 13 Fahrlehrer, denen keine Fahrschulerlaubnis erteilt ist, können im Verhältnis zu dem Inhaber der Fahrschule selbständig sein (vgl. BFH-Urteil vom 17.10.1996 - BStBl 1997 II S. 188). Natürliche Personen (2) 1Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 27. 7. 1972 - BStBl II S. 810). 2Daher ist eine natürliche Person, die als Gesellschafter Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Personengesellschaft erbringt und damit als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht weisungsgebunden ist, selbständig tätig. 3Auch ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Weisungsrecht der Personengesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter kann nicht zu einer Weisungsgebundenheit im Sinne des § 2 Absatz 2 Nr. 1 UStG führen. 4Dagegen schließt die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen einer natürlichen Person als Gesellschafter gegenüber einer Kapitalgesellschaft als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit die selbständige Ausübung der Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG nach § 2 Absatz 2 Nr. 1 UStG aus. Beispiel 1:
Der Komplementär einer aus natürlichen Personen bestehenden KG erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der KG. Der Komplementär ist selbständig tätig.
Beispiel 2:
Der Aktionär einer Aktiengesellschaft (AG) erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der AG. Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsvertrag geschlossen. Der Aktionär ist nicht selbständig tätig.
(3) 1Ein Kommanditist ist als Mitglied eines Beirates, dem vor allem Zustimmungs- und Kontrollrechte übertragen sind, gegenüber der Gesellschaft selbständig tätig (vgl. BFH-Urteil vom 24. 8. 1994 - BStBl 1995 II S. 150). 2Fahrlehrer, denen keine Fahrschulerlaubnis erteilt ist, können im Verhältnis zu dem Inhaber der Fahrschule selbständig sein (vgl. BFH-Urteil vom 17. 10. 1996 - BStBl 1997 II S. 188). 3 Ein Rundfunksprecher, der einer Rundfunkanstalt auf Dauer zur Verfügung steht, kann auch dann nicht als Unternehmer beurteilt werden, wenn er von der Rundfunkanstalt für jeden Einzelfall seiner Mitwirkung durch besonderen Vertrag verpflichtet wird (BFH-Urteil vom 14.10.1976 - BStBl 1977 II S. 50). 4Wegen der Behandlung der Versicherungsvertreter, Hausgewerbetreibenden und Heimarbeiter vgl. R 134 Absatz 1 und 2 EStR 2003. 5Eine natürliche Person ist mit ihrer Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitnehmer-Überlassungsvertrages Arbeitnehmer und nicht Unternehmer im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages (vgl. BFH-Urteil vom 20. 4. 1988 - BStBl II S. 804). (4) 1 Natürliche Personen können zum Teil selbständig, zum Teil unselbständig sein. 2 In Krankenanstalten angestellte Ärzte sind insoweit selbständig tätig, als ihnen für die Behandlung von Patienten ein Liquidationsrecht zusteht. 3Auch die Tätigkeit der Honorarprofessoren ohne Lehrauftrag wird selbständig ausgeübt. 4 Arbeitnehmervertreter, die hauptberuflich unselbständig sind, üben als Mitglied eines Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft eine selbständige Tätigkeit aus (vgl. BFH-Urteil vom 27.07.1972 - BStBl II S. 810). 5 Zur Frage, ob eine Nebentätigkeit selbständig oder unselbständig ausgeübt wird, vgl. H 68 LStH 2004 . Personengesellschaften (5) 1 Nicht rechtsfähige Personenvereinigungen können lediglich als kollektive Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern zwecks Anbietung der Arbeitskraft gegenüber einem gemeinsamen Arbeitgeber unselbständig sein. 2 Eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist stets selbständig (BFH-Urteil vom 08.02.1979 - BStBl II S. 362). Juristische Personen (6) 1Eine Kapitalgesellschaft ist stets selbständig, wenn sie nicht nach § 2 Absatz 2 UStG in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist; dies gilt insbesondere hinsichtlich ihrer gegen Entgelt ausgeübten Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen gegenüber einer Personengesellschaft (BFH-Urteil vom 6. 6. 2002 - BStBl 2003 II S. 36). 2Auch das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer führt nicht zur Unselbständigkeit. Beispiel:
Die Komplementär-GmbH erbringt Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen gegen Sonderentgelt an die KG. Der Kommanditist dieser KG ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Komplementär-GmbH ist mit ihren Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen selbständig tätig. Diese werden von der Komplementär-GmbH an die KG im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches erbracht, auch wenn z. B. die Vergütung unmittelbar an den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gezahlt wird.
(7) 1Regionale Untergliederungen (Landes-, Bezirks-, Ortsverbände) von Großvereinen sind neben dem Hauptverein selbständige Unternehmer, wenn sie über eigene satzungsgemäße Organe (Vorstand, Mitgliederversammlung) verfügen und über diese auf Dauer nach außen im eigenen Namen auftreten sowie eine eigene Kassenführung haben. 2Es ist nicht erforderlich, dass die regionalen Untergliederungen - neben der Satzung des Hauptvereins - noch eine eigene Satzung haben. 3Zweck, Aufgabe und Organisation der Untergliederungen können sich aus der Satzung des Hauptvereins ergeben.