Problem

Autor: Prof. Dr. Peter Mann

§ 15 Abs. 1 UStG regelt die Abzugsfähigkeit der Umsatzsteuer dem Grunde nach. Wenn eine Vorsteuer aus einem Eingangsumsatz nach § 15 Abs. 1 UStG grundsätzlich abzugsfähig ist, muss weiterhin geprüft werden, ob nicht ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 2 UStG gegeben ist. Ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn der Eingangsumsatz, bei dem der Vorsteuerabzug begehrt wird, im Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsumsätzen steht. Besteht dieser Zusammenhang mit steuerfreien Umsätzen nur teilweise und werden auch steuerpflichtige Ausgangsumsätze mit dem Gegenstand ausgeführt, muss eine entsprechende Vorsteueraufteilung gem. § 15 Abs. 4 UStG vorgenommen werden. Da eine entsprechende Aufteilung im Ergebnis zu einem Vorsteuerabzug in einer bestimmten Höhe führt, wird die Prüfung nach § 15 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 UStG auch als die Prüfung der Vorsteuerberechtigung der Höhe nach bezeichnet. Zur Vorsteueraufteilung vgl. auch BMF-Schreiben vom 18.11.2022 - III C 2 - S 7306/19/10002 :002 sowie III C 2 - S 7306/19/10001 :003).

Vom Vorsteuerabzug sind grundsätzlich alle Vorsteuern ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit steuerfreien Ausgangsumsätzen stehen. Von dieser Regel macht § 15 Abs. 3 UStG wiederum eine Ausnahme. Denn die dort genannten steuerfreien Ausgangsumsätze schließen den Vorsteuerabzug nicht aus.

Sofern eine steuerfreie Ausgangsleistung den Vorsteuerabzug ausschließt, wird der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer durchbrochen. Denn durch die nicht abzugsfähige Vorsteuer wird im Ergebnis der Unternehmer mit der Umsatzsteuer belastet. Sie geht als Teil seiner Kosten in die Kalkulation ein. Da eine Belastung beim Unternehmer mit der Steuer erfolgt, wird eine Steuerbefreiung der Ausgangsumsätze, die gleichzeitig den Vorsteuerabzug ausschließt, unechte Steuerbefreiung genannt. Gegenüber der unechten Steuerbefreiung gibt es auch Ausgangsumsätze, die zwar steuerfrei sind, aber den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Hier kommt es nicht zu einer Belastung des Unternehmers mit der Umsatzsteuer, da sie wieder neutral für ihn ist. Die Umsatzsteuer stellt für diesen Unternehmer und diese Art von Ausgangsumsätzen keinen Kostenfaktor dar. Es handelt sich mithin um eine sogenannte echte Steuerbefreiung.

Schließlich gibt es bei einigen steuerfreien Ausgangsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen durch Verzicht auf die Steuerbefreiung die Möglichkeit, die Vorsteuer abziehen zu können. Durch den Verzicht werden die Ausgangsumsätze steuerpflichtig.

Um die Abzugsfähigkeit der Vorsteuer eines Eingangsumsatzes prüfen zu können, ergibt sich daher folgende zwingende Prüfungsreihenfolge:

Prüfung des Vorsteuerabzugs dem Grunde nach

Es wird dabei geprüft, ob grundsätzlich ein Vorsteuerabzug möglich ist. Es müssen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG gegeben sein. In diesem ersten Prüfungsschritt wird festgelegt, ob die Leistung überhaupt dem Unternehmen zugeordnet werden kann. Es besteht dabei grundsätzlich die Möglichkeit, einen nur teilweise unternehmerisch genutzten Gegenstand gar nicht, ganz oder nur teilweise dem Unternehmen zuzuordnen. Mit der Zuordnung zum Unternehmensvermögen wird der Rahmen des maximalen Vorsteuerabzugs festgelegt. Zu den Einzelheiten siehe das Schlagwort Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG.

Vorsteuerberechtigung der Höhe nach

Im zweiten Prüfungsschritt ist zu prüfen, ob gem. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG Umsätze getätigt werden, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Liegen keine Ausschlussumsätze vor, ist der Vorsteuerabzug im durch die Zuordnung (Schritt 1) festgelegten Rahmen möglich. Steht die Eingangsleistung nur im Zusammenhang mit Ausschlussumsätzen (vorsteuerschädliche Umsätze), erfolgt im Ergebnis kein Vorsteuerabzug. Liegen sowohl steuerschädliche als auch Umsätze, die einen Vorsteuerabzug ermöglichen, vor, muss eine Aufteilung gem. § 15 Abs. 4 UStG vorgenommen werden.

Die oben angegebene Prüfungsreihenfolge ist einzuhalten. Es muss daher immer erst geprüft werden, ob ein Leistungsbezug für das Unternehmen vorliegt und damit eine Zuordnungsmöglichkeit gegeben ist. Erst dann kann über Ausschlussumsätze entschieden werden.