Problem

Autorin: Diplom-Finanzwirtin Rabea Schwarz

Allgemeine Durchschnittssätze gem. § 23 UStG (zum 01.01.2023 aufgehoben)

Hinweis

Im Rahmen des JStG 2022 wurde § 23 UStG, §§ 69 und 70 UStDV und die Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV mit Wirkung zum 01.01.2023 aufgehoben. Mit Wegfall dieser Vorschriften unterliegen die Unternehmer, die bislang zur Besteuerung nach Durchschnittsätzen gem. § 23 UStG optiert sind, den allgemeinen Regelungen der Umsatzbesteuerung. Begründet wurde die Aufhebung mit deren geringer steuerlicher Bedeutung sowie der geringen Auswirkung der Vorschriften. Im Jahr 2017 machten nur rund 11.000 Unternehmer von dieser Besteuerungsmöglichkeit Gebrauch (vgl. Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022), Art. 9, Nr. 1).

Aus § 23 UStG, §§ 69 und 70 UStDV ergab sich Folgendes (zum 01.01.2023 aufgehoben):

Nicht buchführungspflichtige Unternehmer, die einen in der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgeführten Berufs- und Gewerbezweig ausübten, konnten auf Antrag die Vorsteuern ganz oder teilweise nach Durchschnittssätzen berechnen. Der Vorjahresumsatz in dem jeweils begünstigten Berufs- und Gewerbezweig durfte im vorangegangenen Kalenderjahr 61.356 Euro nicht überstiegen haben. Dieser Vorjahresumsatz umfasste die Summe der steuerbaren Leistungen und unentgeltlichen Wertabgaben, die der Unternehmer im Rahmen des begünstigten Berufs- und Gewerbezweigs ausgeführt hatte. Ausgenommen waren die Einfuhr, der innergemeinschaftliche Erwerb und die nach § 4 Nr. 8, 9 Buchst. a), Nr. 10 und 21 UStG steuerfreien Umsätze. Andere Umsätze außerhalb des begünstigten Berufs- und Gewerbezweigs blieben bei der Betrachtung des Vorjahresumsatzes außen vor und konnten in beliebigem Umfang getätigt werden. Wurde die begünstigte Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr erst aufgenommen, war der Umsatz zur Ermittlung eines Jahresumsatzes entsprechend hochzurechnen und zugrunde zu legen.

Beispiel

U übte seit Jahren eine in der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgeführte begünstigte Tätigkeit aus und ermittelte seine Vorsteuern nach Durchschnittssätzen. Der Jahresumsatz i.S.d. § 69 Abs. 3 UStDV entwickelte sich wie folgt:

2019

48.000 Euro

2020

53.000 Euro

2021

73.000 Euro

2022

59.000 Euro

Lösung: U konnte in den Jahren 2019 und 2020 seine Vorsteuern nach Durchschnittssätzen ermitteln, da mit dem Umsatz des jeweiligen Vorjahres 61.356 Euro nicht überschritten worden waren. 2021 war dies nicht möglich, da der Umsatz 2020 über 61.356 Euro gelegen hatte. Erst 2021 konnten die Vorsteuern wieder nach Durchschnittssätzen berechnet werden. Das Überschreiten des Vorjahresumsatzes war nicht als Widerruf des Antrags auf Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung zu werten.

Praxistipp

Soweit die Vorsteuern (ganz oder teilweise) nach Durchschnittssätzen berechnet wurden, war der Unternehmer von den Aufzeichnungspflichten seiner Eingangsumsätze und Vorsteuern (§ 22 Abs. 2 Nr. 5 UStG) befreit.

Der Antrag für die Anwendung der allgemeinen Durchschnittssätze sowie die Rücknahme konnte bis zur formellen Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung formfrei (z.B. durch schlüssiges Verhalten) gestellt werden, die Berechnung der Vorsteuern nach Durchschnittssätzen in der Voranmeldung oder Jahreserklärung war ausreichend. Der Antrag konnte nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden, eine erneute Besteuerung nach allgemeinen Durchschnittssätzen war dann erst nach Ablauf von fünf Jahren wieder möglich.

Durchschnittssätze für sämtliche Vorsteuern (gültig bis zum 31.12.2022)

Die in Abschn. A der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgeführten Berufs- und Gewerbezweige galten mit der Anwendung des jeweiligen Durchschnittssatzes sämtliche abziehbaren Vorsteuern bezogen auf die begünstigte Tätigkeit ab. Zusatztätigkeiten konnten miteinbezogen werden, wenn diese bei Handelsbetrieben nicht überwiegen und in den anderen Fällen 25 % des gesamten Umsatzes (bezogen auf die begünstigten Umsätze und die Zusatztätigkeit) nicht übersteigen. Bei Überschreiten dieser Anteile wurden die Vorsteuern der Zusatztätigkeit nicht mit dem anzuwendenden Durchschnittssatz abgegolten, sondern waren nach Maßgabe des § 15 UStG in der tatsächlichen Höhe zu berücksichtigen.

Hinweis

Die Vorsteuerpauschalierung zum Zweck der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens nach § 23 UStG i.V.m. § 70 UStDV für bestimmte Berufsgruppen erforderte, dass das Finanzamt den Unternehmer leicht und eindeutig einer der in § 70 UStDV genannten Berufsgruppen zuordnen konnte (BFH, Urt. v. 23.07.2009 - V R 66/07).

Durchschnittssätze für Teile von Vorsteuern (gültig bis zum 31.12.2022)

Die in Abschn. B der Anlage zu §§ 69 und 70 UStDV aufgeführten Berufs- und Gewerbezweige erfassen mit der Anwendung des jeweiligen Durchschnittssatzes nur bestimmte Teile ihrer abziehbaren Vorsteuern. Neben dem Durchschnittssatz konnten die Vorsteuerbeträge für

Gegenstände, die zur Weiterveräußerung erworben oder eingeführt wurden,

Rohstoffe, Halberzeugnisse, Hilfsstoffe und Zutaten,

Lieferungen von Gebäuden, Grundstücken und Grundstücksteilen sowie deren Ausbauten, Einbauten, Umbauten und Instandsetzungen,

Leistungen i.S.d. § 4 Nr. 12 UStG (u.a. Miete und Pacht von Grundstücken)

abgezogen werden.

Die Vorsteuerbeträge durften nicht neben dem Durchschnittssatz berücksichtigt werden, sofern sie mit Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art in Zusammenhang standen, die zu einer Betriebsanlage gehörten (auch wenn diese wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks ist). Diese Vorsteuern waren mit der Anwendung des Durchschnittssatzes bereits abgegolten.

Durchschnittssatz für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gem. § 23a UStG

§ 23a UStG ermöglicht Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen und nicht buchführungspflichtig sind, sämtliche Vorsteuern mit einem pauschalen Durchschnittssatz i.H.v. 7 % des steuerpflichtigen Umsatzes zu berechnen. Die Summe der steuerpflichtigen Umsätze - mit Ausnahme der Einfuhren und der innergemeinschaftlichen Erwerbe - darf bei der Anwendung des Durchschnittssatzes im vorangegangenen Kalenderjahr 35.000 Euro nicht überstiegen haben. Im ersten Kalenderjahr der unternehmerischen Tätigkeit ist der voraussichtliche Umsatz - hochgerechnet auf das gesamte Jahr - maßgebend (BFH, Beschl. v. 27.06.2006 - V B 143/05).

Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung muss spätestens bis zum zehnten Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums des Kalenderjahrs der erstmaligen Berechnung erklärt werden. Diese Entscheidung bindet den Unternehmer mindestens fünf Jahre und kann mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres widerrufen werden. Eine erneute Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ist dann frühestens nach fünf Jahren wieder möglich.

Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gem. § 24 UStG

Für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bestehen in § 24 UStG nationale Sonderregelungen. Die Besteuerung nach § 24 UStG hat den Zweck, im Bereich der Land- und Forstwirtschaft durch die Festsetzung von Durchschnittssätzen dazu beizutragen, die Erfüllung der umsatzsteuerlichen Verpflichtungen zu erleichtern. Grundsätzlich steht der Umsatzsteuer aus allen Ausgangsumsätzen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG pauschalierte Vorsteuer in gleicher Höhe gegenüber, es entstehen folglich weder eine Umsatzsteuerzahllast noch ein Vorsteuererstattungsanspruch. Auf die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und die Umsatzsteuerberechnung kann daher verzichtet werden. Weitere Vorsteuerbeträge können neben dem Durchschnittssatz für land- und forstwirtschaftliche Umsätze nicht geltend gemacht werden. Die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung wurde mit Wirkung zum 01.01.2022 dahingehend eingeschränkt, dass sie nur noch von Unternehmen angewendet werden darf, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen hat.

Hinweis

Bei der Gesamtumsatzgrenze von 600.000 Euro ist Folgendes zu beachten: Im Rahmen des Gesamtumsatzes sind alle Umsätze des jeweiligen Unternehmers zu betrachten, nicht nur die Umsätze aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Auch Umsätze, die ein Landwirt zusätzlich beispielsweise aus dem Betrieb einer gewerblich Photovoltaikanlage erwirtschaftet, sind zu den Umsätzen aus Forst- und Landwirtschaft zu addieren.

Der Unternehmer führt einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG, der sich am Anhang VII der MwStSystRL orientiert, soweit er unter planmäßiger Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens Pflanzen und Tiere erzeugt sowie die daraus selbstgewonnenen Erzeugnisse verwertet.

Auch Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG als landwirtschaftlicher Betrieb, soweit die (erzeugten bzw. gehaltenen) Tierbestände ein bestimmtes Verhältnis zu den vorhandenen Flächen nicht überschreiten. Die Tierbestände werden nach dem Futterbedarf in Vieheinheiten umgerechnet (ein Kalb entspricht z.B. 0,7 Vieheinheiten, ein Zuchtbulle 1,2 Vieheinheiten, eine Legehenne 0,02 Vieheinheiten). Der Umrechnungsschlüssel ist in der Anlage 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) aufgeführt, das Verhältnis der vorhandenen Vieheinheiten zu den selbstbewirtschafteten (eigenen und gepachteten) Flächen wird in § 51 BewG in gestaffelten Sätzen geregelt. Diese Berechnungsgrundlagen wurden in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 EStG übernommen. Wenn die Zahl der Vieheinheiten den für die Fläche maßgebenden Höchstsatz überschreitet, ist der Betrieb der Tierzucht bzw. Tierhaltung nicht mehr im landwirtschaftlichen Bereich, sondern im gewerblichen Bereich anzusiedeln. Neben den ertragsteuerlichen Folgen der Umqualifizierung der Einkünfte von § 13 EStG zu § 15 EStG samt dazugehörender Gewerbesteuerpflicht ist umsatzsteuerlich die Anwendung des § 24 UStG nicht mehr möglich. Die getätigten Umsätze fallen dann unter die Regelbesteuerung.

Auch gemeinschaftliche Tierhaltung (z.B. durch eine Mitunternehmerschaft) ist unter dieser Verhältnisberechnung zu betrachten und kann unter diesen und den weiteren Voraussetzungen des § 51a BewG unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG fallen.

Praxistipp

Die Anwendung des § 24 UStG setzt grundsätzlich voraus, dass der landwirtschaftliche Betrieb noch aktiv bewirtschaftet wird.

Auch Land- und Forstwirte, die für ihre Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, haben unter den übrigen Voraussetzungen des § 20 UStG die Möglichkeit, einen Antrag auf Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten zu stellen.

Der Gesetzgeber hat den Landwirt aus folgendem Grund nicht von vornherein aus der Umsatzbesteuerung herausgenommen: Der Vorteil der geltenden Regelung ist, dass der Landwirt, obwohl er selbst keine Umsatzsteuer abführt, seinem Leistungsempfänger Umsatzsteuer gesondert in Rechnung stellen darf, die dieser unter den Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen kann. Darüber hinaus wirkt sich die Durchschnittsbesteuerung als Subvention aus, da die pauschale Vorsteuer i.d.R. höher als die tatsächlich angefallene Vorsteuer ist.

Die Regelungen zu § 24 UStG gelten laut gesetzlicher Grundlage im § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG neben den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben auch für deren Nebenbetriebe.

Ertragsteuerlich liegt ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft vor, wenn überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden oder übernommene Rohstoffe nach Bearbeitung im eigenen Betrieb verwendet werden (R 15.5 Abs. 3 EStR 2012).

Eine umsatzsteuerliche Anbindung an die Ertragsteuer findet gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG auch hinsichtlich der Nebenbetriebe nicht statt. Das Gemeinschaftsrecht kennt allerdings den Begriff des "Nebenbetriebs" aus § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG nicht. Dieser ist daher gemeinschaftsrechtskonform auszulegen: Ein Nebenbetrieb muss daher die Voraussetzungen der MwStSystRL erfüllen. Das heißt, der Nebenbetrieb muss für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie der Hauptbetrieb. Die formale Eigenschaft als "landwirtschaftlicher Erzeuger" i.S.d. Anhangs VII MwStSystRL können von einem Nebenbetrieb meist noch erfüllt werden. Allerdings scheitert er regelmäßig an der Erbringung "landwirtschaftlicher Dienstleistungen" i.S.d. Anhangs VIII MwStSystRL.

Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG, KG auf Aktien) sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG können als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform die Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 UStG nicht anwenden. Laut BFH-Urteil vom 16.04.2008 - XI R 73/07 verletzt diese nationale Regelung das Gemeinschaftsrecht in Form der Art. 295 und 296 MwStSystRL und darf daher nicht zu einer Versagung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen führen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet eine Ungleichbehandlung von Wirtschaftsteilnehmern, z.B. in Form der Nichtanwendbarkeit von steuerlichen Vorschriften bei gleichartigen Umsätzen, allein aufgrund ihrer Rechtsform. Der den Mitgliedstaaten vom Gemeinschaftsgesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum deckt die nationale Regelung gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 UStG nicht ab und führt daher im Urteilsfall zur Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG auf die Umsätze einer Genossenschaft als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform.

Eine Personengesellschaft (z.B. KG, OHG), die ausschließlich einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält, kann die Umsatzbesteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG anwenden. Eine KG kann die Durchschnittssatzbesteuerung nur anwenden, wenn ihre Kommanditisten nach § 51a BewG ertragsteuerlich Mitunternehmer sind (vgl. BFH v. 13.02.2019 - XI R 24/17).

Alle übrigen umsatzsteuerlichen Grundsätze sind ebenso auf die der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegenden Umsätze anzuwenden - beispielsweise die Klassifizierung einer Zahlung als umsatzsteuerbares Entgelt oder als nicht umsatzsteuerbarer Schadenersatz.

So hat der BFH in seinem Urteil vom 22.08.2019 (V R 47/17) entschieden, dass die Rücknahme einer Klage in folgender Konstellation eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung darstellt: Ein Landwirt hatte einen Bahnübergang genutzt. Dieser Bahnübergang war geschaffen worden, damit der Landwirt - trotz gebauter Eisenbahnlinie - Zugang zu seinen landwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen hat. Mit Planfeststellungsbeschluss wurde beschlossen, dass dieser Übergang aus Sicherheitsgründen geschlossen werden soll. Der Landwirt klagte gegen diesen Planfeststellungsbeschluss vor dem Verwaltungsgericht, um die Schließung zu verhindern. Schließlich traf der Landwirt eine Vereinbarung mit der DB Netz AG: Er stimmte der Aufhebung seines privat genutzten Bahnübergangs zu, währenddessen sich die DB Netz AG zum Bau eines Ersatzwegs und zur Zahlung eines "Entschädigungsbetrags" verpflichtete. Der Landwirt nahm im Zuge der Vereinbarung seine verwaltungsgerichtliche Klage zurück. Diese Klagerücknahme qualifizierte der BFH als steuerbare und steuerpflichtige Leistung.

Der allgemeine Durchschnittssatz beträgt ab dem 01.01.2023 gem. § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG 9,0 % (2022: 9,5 %, früher: 10,7 %). Für die Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, ausgenommen Sägewerkserzeugnisse, beläuft sich der Durchschnittssatz auf 5,5 %24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Hinweis

Der Gesetzgeber ist angehalten, jedes Jahr die Höhe des Durchschnittssatzes zu überprüfen. So soll sichergestellt werden, dass dieser keine europarechtswidrige Subvention darstellt. Eine solche Anpassung ist daher im Jahr 2022 erstmalig erfolgt.


Grundsatz - Rechtslage ab 01.01.2022

Landwirtschaftliche Erzeugnisse

Forstwirtschaftliche Erzeugnisse

USt

9,5 %

5,5 %

Vorsteuer

9,5 %

5,5 %

Zahllast

0,0 %

0,0 %


Grundsatz - Rechtslage ab 01.01.2023

Landwirtschaftliche Erzeugnisse

Forstwirtschaftliche Erzeugnisse

USt

9,0 %

5,5 %

Vorsteuer

9,0 %

5,5 %

Zahllast

0,0 %

0,0 %


Ausnahme

Sägewerkserzeugnisse/Getränke, die nicht in Anlage 2 aufgeführt sind, und alkoholische Flüssigkeiten

USt

19,0 %

Vorsteuer

9,5 %

Zahllast

8,3 %


In den Fällen, in denen sich eine Zahllast ergibt, muss der Land- und Forstwirt eine Umsatzsteuererklärung erstellen und den entsprechenden Betrag abführen.

Hinsichtlich der - nicht in der Anlage 2 zu § 12 UStG aufgeführten - Getränke fällt sowohl die Abgabe als Lieferung (z.B. bei Verkauf in einem Hofladen) als auch die Abgabe als sonstige Leistung im Rahmen eines sogenannten "Restaurationsumsatzes" unter § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG. Ein derartiger "Restaurationsumsatz" kann beispielsweise bei der Bewirtung in einem Hofcafé oder in einer Besen- bzw. Straußenwirtschaft erfolgen. Dies gilt nur für Getränke der ersten Verarbeitungsstufe, die aus den eigenen Erzeugnissen hergestellt wurden (z.B. Gemüse- und Fruchtsäfte, Wein, Obstwein, Most und Rohalkohol). Alle übrigen Getränke, die beispielsweise zugekauft wurden oder über die erste Verarbeitungsstufe hinaus bearbeitet wurden (z.B. Obst- und Getreidebrände, Likör, Trinkbranntwein), sind der Regelbesteuerung zu unterwerfen (soweit derartige Umsätze im Kalenderjahr mehr als 4.000 Euro betragen laut Vereinfachungsregel nach Abschn. 24.6 UStAE).

Die Abgabe von Speisen fällt nicht unter § 24 UStG, da es sich nicht um eine landwirtschaftliche Urproduktion handelt. Hierbei ist immer die Regelbesteuerung anzuwenden (soweit derartige Umsätze im Kalenderjahr mehr als 4.000 Euro betragen laut Vereinfachungsregel nach Abschn. 24.6 UStAE).

Die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 1-7 UStG gelten bei der Anwendung des § 24 UStG nicht (§ 24 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Durchschnittssatzbesteuerung erfasst somit auch die Lieferungen des Landwirts in das Ausland (z.B. Verkauf von Gerste nach Frankreich) als auch die Umsätze im Ausland (z.B. Verkauf von Blumen und Gemüse auf einem niederländischen Wochenmarkt).

Aufgrund der pauschalierten Vorsteuerrechnung entsteht allerdings wie auch bei inländischen Lieferungen (außer bei inländischen Lieferungen, wie in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG aufgeführt) keine Zahllast bzw. kein Erstattungsanspruch. Darunter fallen auch die Auslands- und Ausfuhrlieferungen der Getränke und alkoholischen Flüssigkeiten, hier entsteht dann im Gegensatz zur Lieferung im Inland keine Zahllast, da Durchschnittssatz und pauschalierter Vorsteuerbetrag gleich sind. Auf die Anwendung der o.a. Vereinfachungsregel ("Lieferungen von nicht mehr 4.000 Euro im Kalenderjahr") kann somit verzichtet werden.

Die übrigen Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8-28 UStG sind bei der Durchschnittssatzbesteuerung weiterhin anzuwenden.

Schwierigkeiten können sich bei der Besteuerung eines land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens dahingehend ergeben, dass bei der Ertragsteuer ein anderer Besteuerungszeitraum zugrunde zu legen ist als bei der Umsatzsteuer. Der ertragsteuerliche Gewinn wird gem. § 4a EStG nach dem Wirtschaftsjahr ermittelt. Dieser Gewinnermittlungszeitraum weicht bei Land- und Forstwirten unabhängig von der Buchführungspflicht i.d.R. vom Kalenderjahr ab. Im Umsatzsteuerrecht ist der Besteuerungszeitraum gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG immer das Kalenderjahr.

Der Verzicht auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG bindet den Unternehmer für fünf Jahre, bei einer Geschäftsveräußerung innerhalb dieser Frist geht diese auf den Erwerber über.

Der nach § 24 UStG pauschalierende Land- und Forstwirt kann auch Steuerschuldner nach § 13b UStG werden. Auch bei unrichtigem Steuerausweis schuldet er die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer.