Problem

Autorin: Diplom-Finanzwirtin Rabea Schwarz

Ein Leasingvertrag beinhaltet sowohl Elemente eines Kaufvertrags als auch eines Miet- bzw. Pachtvertrags. Die wirtschaftliche Bandbreite reicht vom normalen Mietvertrag bis zum Ratenkaufvertrag. Entscheidend ist stets der wirtschaftliche Inhalt des zivilrechtlichen Vertragswerks. Der Leasinggeber bleibt auch nach Vertragsabschluss zivilrechtlicher Eigentümer des Leasinggegenstands. Der Leasingnehmer erwirbt durch die vereinbarten Leasingzahlungen ein Nutzungsrecht an dem jeweiligen Wirtschaftsgut und hält dieses instand. Die Zurechnung eines Wirtschaftsguts erfolgt steuerrechtlich (und auch handelsrechtlich) grundsätzlich beim zivilrechtlichen Eigentümer. Wird dieser jedoch für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausgeschlossen, so erfolgt die Zurechnung beim wirtschaftlichen Eigentümer. Dieser muss den Leasinggegenstand in seiner Buchführung erfassen. Das wirtschaftliche Eigentum bestimmt sich bisher nach ertragsteuerlichen Grundsätzen, die den folgenden BMF-Schreiben zu entnehmen sind:

BMF-Schreiben vom 19.04.1971 (S 217, BStBl I, 264), bei Vollamortisation von beweglichen Wirtschaftsgütern

BMF-Schreiben vom 21.03.1972 (S 2170, BStBl I, 188), bei Vollamortisation von unbeweglichen Wirtschaftsgütern

BMF-Schreiben vom 22.12.1975 (IV B 2 - S 2170 - 161/75), bei Teilamortisation von beweglichen Wirtschaftsgütern

BMF-Schreiben vom 23.12.1991 (S 2170, BStBl I 1992, 13), bei Teilamortisation von unbeweglichen Wirtschaftsgütern

Die aufgeführten BMF-Schreiben finden sich sämtlich im Anhang 21 des Einkommensteuer-Handbuchs 2018 (https://bmf-esth.de/esth/2018/home.html).

Die Unterscheidung in Voll- und Teilamortisationsverträge richtet sich nach dem Umfang der vom Leasingnehmer während der Grundmietzeit zu entrichtenden Zahlungen. Bei einer Vollamortisation decken oder übersteigen die während der Vertragslaufzeit erhaltenen Leasingzahlungen die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten einschließlich aller Nebenkosten (z.B. Fracht, Überführung, Montage, Verwaltung, Refinanzierung) des Leasinggebers. Dieser muss sich nach Ablauf der vereinbarten Grundmietzeit wenig Gedanken über die Weiternutzung des Leasinggegenstands machen, da alle seine Kosten bereits gedeckt sind. Derartige Verträge werden häufig abgeschlossen, wenn der Leasinggegenstand einer starken Abnutzung unterliegt und dessen Wert unter einer schnellen technologischen Entwicklung rapide abnimmt. Bei Teilamortisation werden die Aufwendungen des Leasinggebers nicht von den Leasingzahlungen während der vereinbarten Grundmietzeit gedeckt. Dies kann nur durch den Verkauf des Leasinggegenstands nach Ablauf der Grundmietzeit - entweder an den Leasingnehmer oder einen fremden Dritten - erreicht werden.

Nach der ertragsteuerlichen Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums richtet sich die umsatzsteuerliche Behandlung als Lieferung oder sonstige Leistung.

Bei Zurechnung des wirtschaftlichen (und zivilrechtlichen) Eigentums beim Leasinggeber stellt der Leasingvertrag ein Mietverhältnis dar.

Praxistipp

Bei Mietleasing von Immobilien sind die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a) UStG sowie die mögliche Option nach § 9 UStG zu beachten.

Umsatzsteuerlich erbringt der Leasinggeber an den Leasingnehmer eine sonstige Leistung in Form einer Vermietung, die regelmäßig in (monatlichen oder vierteljährlichen) Teilleistungen erbracht wird. Die bei Leasingbeginn häufig geleistete Sonderzahlung ist als Anzahlung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1a Satz 4 UStG bereits im Voranmeldungszeitraum der Vereinnahmung durch den Leasinggeber der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Praxistipp

Werden beim umsatzsteuerpflichtigen Mietleasing Sonderzahlungen geleistet, sollte der Leasingnehmer wegen des möglichen Vorsteuerabzugs auf eine Rechnung bzw. eine Vertragsgestaltung mit entsprechendem Steuerausweis achten.

Erfolgt dagegen die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums beim Leasingnehmer, liegt bei der Übergabe des Leasinggegenstands eine Lieferung vor. Die Summe aller für das Wirtschaftsgut zu leistenden Zahlungen stellt den Kaufpreis inkl. Umsatzsteuer dar. Hierzu rechnet auch der bei Ausübung der Kaufoption noch zu leistende Betrag, unabhängig von der tatsächlichen Wahrnehmung durch den Leasingnehmer.

Bei der Beschaffung von Investitionsgütern kommt es häufig zu einem Dreiecksverhältnis, bei dem der Kunde (als künftiger Leasingnehmer) zunächst einen Kaufvertrag über den Liefergegenstand mit dem Lieferanten und anschließend einen Leasingvertrag mit dem Leasingunternehmen abschließt. Durch Eintritt in den Kaufvertrag (sog. Bestelleintritt) verpflichtet sich das Leasingunternehmen zur Zahlung des Kaufpreises und erlangt den Anspruch auf Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an dem Gegenstand. Für die Frage, von wem in diesen Fällen der Leasinggegenstand geliefert und von wem er empfangen wird, ist darauf abzustellen, wer aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt und verpflichtet ist. Maßgebend dafür sind die Vertragsverhältnisse im Zeitpunkt der Leistungsausführung. Bis zur Ausführung der Leistung können die Vertragspartner mit umsatzsteuerlicher Wirkung ausgetauscht werden, z.B. durch einen Bestelleintritt oder jede andere Form der Vertragsübernahme. Vertragsänderungen nach Ausführung der Leistung sind dagegen umsatzsteuerlich unbeachtlich.

Das bedeutet:

1.

Tritt das Leasingunternehmen vor der Lieferung des Leasinggegenstands an den Kunden in den Kaufvertrag ein (=Bestelleintritt vor der Ausführung der Lieferung), liefert der Lieferant den Leasinggegenstand an das Leasingunternehmen, weil dieses im Zeitpunkt der Lieferung aus dem Kaufvertrag berechtigt und verpflichtet ist. Die körperliche Übergabe des Leasinggegenstands an den Kunden steht dabei einer Lieferung an das Leasingunternehmen nicht entgegen. Das sich anschließende Leasingverhältnis zum Kunden führt je nach ertragsteuerlicher Zurechnung des Leasinggegenstands zu einer Vermietungsleistung oder einer weiteren Lieferung.

2.

Tritt dagegen das Leasingunternehmen in den Kaufvertrag ein, nachdem der Kunde bereits die Verfügungsmacht über den Leasinggegenstand erhalten hat (sog. nachträglicher Bestelleintritt), liegt eine Lieferung des Lieferanten an den Kunden vor. Diese wird durch den Bestelleintritt des Leasingunternehmens nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht. Der Kunde hat die Verfügungsmacht an dem Leasinggegenstand bereits durch die Auslieferung an ihn erlangt und verliert diese anschließend nicht mehr, da ihm der Leasinggegenstand auch nach der Vertragsübernahme durch das Leasingunternehmen zur Nutzung zur Verfügung steht. Die Leistung des Leasingunternehmens an den Kunden besteht in diesen Fällen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse entweder insgesamt in einer Kreditgewährung des Leasingunternehmens an den Kunden oder in einer Lieferung des Kunden an das Leasingunternehmen ("sale") mit anschließender sonstiger Leistung des Leasingunternehmens an den Kunden ("lease-back"); zwischen dem Lieferanten und dem Leasingunternehmen liegt dagegen keine umsatzsteuerrechtlich relevante Leistung vor (BMF-Schreiben v. 02.03.2016 - III C 2 - S 7100/07/10031 :005, Abschn. 3.5 Abs. 7a Satz 7 Nr. 2 UStAE). Eine nur im Innenverhältnis zwischen dem Lieferanten und dem Leasingunternehmen bestehende Rahmenvereinbarung zur Absatzfinanzierung hat im Regelfall keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerlichen Lieferbeziehungen (BMF-Schreiben v. 31.08.2015 - III C 2 - S 7100/07/10031 :005).

Praxistipp

Bei Kaufleasing von Immobilien ist die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. b) UStG sowie die mögliche Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG zu beachten.

Neue Verwaltungsauffassung durch das BMF-Schreiben vom 18.03.2020

Indiziert durch die aktuelle Rechtsprechung des EuGH hat das BMF zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Miet- und Leasingverträgen neue Grundsätze aufgestellt (BMF v. 18.03.2020 - III C 2 - S 7100/19/10008 :003). Die Finanzverwaltung führte die neuen Grundsätze bei der Überlassung von Gegenständen im Rahmen eines Leasingverfahrens ein. Danach ist die Übergabe des Leasinggegenstands nur dann als Lieferung zu behandeln, wenn

der Vertrag ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand durch den Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthält und

aus den - zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung und objektiv zu beurteilenden - Vertragsbedingungen deutlich hervorgeht, dass das Eigentum am Gegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertragsablauf planmäßig ausgeführt wird.

Der Vertrag darf dem Leasingnehmer daneben zum Zeitpunkt der Optionsausübung keine echt wirtschaftliche Alternative in dem Sinne bieten, dass er - je nach Interessenslage - den Gegenstand erwerben, zurückgeben oder weiterhin mieten kann. Nach Verwaltungsauffassung ist dies beispielsweise dann der Fall, wenn nach dem Vertrag zum Optionszeitpunkt die Summe der vertraglichen Raten dem Verkehrswert des Gegenstands einschließlich der Finanzierungskosten entspricht und der Leasingnehmer wegen der Ausübung der Option nicht zusätzlich eine erhebliche Summe leisten muss. Eine solche Summe liegt vor, wenn der zusätzlich zu entrichtende Beitrag 1 % des Verkehrswerts des Gegenstands im Zeitpunkt der Optionsausübung übersteigt. Die geänderte Verwaltungsauffassung ist grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 18.03.2020 abgeschlossene Leasing- und Mietverträge wird es auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs nicht beanstandet, wenn die Beteiligten die frühere Verwaltungsauffassung anwenden.