Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Dezember 2017 -
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 8. Juni 2017 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 14.751,60 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2015 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Rechtsmittel der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Der Kläger, der Freistaat S. , macht aus abgetretenem Recht der B. S. GmbH (im Folgenden: Bauunternehmerin) als Restwerklohn einen Anspruch auf Zahlung eines Umsatzsteuerbetrags in Höhe von 14.751,60 € geltend.
Die Bauunternehmerin erbrachte für die Beklagte, einen Bauträger, in den Jahren 2012 und 2013 Stukkateurarbeiten. Vereinbarungsgemäß rechnete sie ihre Leistungen in Gesamthöhe von 77.639,89 € netto ab und führte in den Rechnungen jeweils aus:
"Diese Rechnung ist gemäß § 13b UStG in netto ausgewiesen. Wir weisen darauf hin, dass Sie [= die Beklagte] als Auftraggeber zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet sind."
Dieser Hinweis entsprach der Anwendung von § 13b UStG in der damaligen bundesweiten Praxis der Finanzämter.
Mit Urteil vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243,
Die Beklagte zahlte die Rechnungsbeträge an die Bauunternehmerin, führte jedoch unter Verweis auf das vorgenannte Urteil des Bundesfinanzhofs die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab.
In der Folge korrigierte die Bauunternehmerin auf Veranlassung des Finanzamts ihre gegenüber der Beklagten gelegten Rechnungen und wies nunmehr zusätzlich die Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 14.751,60 € aus.
Am 2. Juni 2015 schlossen der Kläger und die Bauunternehmerin unter Bezug auf § 27 Abs. 19 UStG einen Vertrag, durch den die Bauunternehmerin ihren zivilrechtlichen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe der Umsatzsteuer an Erfüllungs statt an den Kläger abtrat. Mit Schreiben vom 10. August 2015 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung des Umsatzsteuerbetrags auf.
Der Kläger hat im Jahr 2016 Klage erhoben. Die Beklagte, die der Auffassung ist, der Anspruch bestehe nicht, hat vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 14.751,60 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2015 verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Die Revision der Beklagten ist - mit Ausnahme der Höhe des Zinsanspruchs - unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Dem Kläger stehe aus abgetretenem Recht der Bauunternehmerin der Anspruch auf Umsatzsteuernachzahlung zu. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ergebe sich, dass die Beklagte und die Bauunternehmerin eine Freistellungspflicht durch die Beklagte als Besteller hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht vereinbart hätten, die sich nach Abtretung in eine Zahlungspflicht umgewandelt habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob § 27 Abs. 19 UStG eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung aufweise. Der Anspruch sei auch nicht verjährt.
II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung - mit Ausnahme der Höhe des Zinsanspruchs - im Ergebnis stand.
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger aus abgetretenem Recht der Bauunternehmerin als Restwerklohn Zahlung des Umsatzsteuerbetrags in Höhe von 14.751,60 € von der Beklagten verlangen kann.
a) Der Kläger ist kraft Abtretung durch die Bauunternehmerin Inhaber des Restwerklohnanspruchs. Ob und inwieweit die Wirksamkeit dieser Abtretung über die zivilrechtlichen Regeln (§§
Gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme errichtet hatte, Steuerschuldner zu sein. Nach § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG steht § 176 AO der Änderung nicht entgegen. § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG enthält eine Abtretungsregelung, wobei § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG die Erfüllungswirkung dieser Abtretung regelt.
aa) § 27 Abs. 19 UStG ist in der einschränkenden Auslegung durch den Bundesfinanzhof (vgl. BFH, Urteil vom 23. Februar 2017 - V R 16, 24/16 Rn. 24 ff., 62, BFHE 257, 177) sowohl verfassungsgemäß als auch unionsrechtskonform. Der Senat schließt sich der diesbezüglichen Auffassung des Bundesfinanzhofs an. Die Revision zeigt keine Argumente auf, die Anlass zu einer abweichenden Auffassung geben.
bb) Die Wirksamkeit der Abtretung steht vorliegend auch nicht deshalb in Frage, weil § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG für die Inanspruchnahme des Unternehmers tatbestandlich voraussetzt, dass der Leistungsempfänger die Erstattung der von ihm bereits entrichteten Steuer fordert. Die Vorschrift ist auf den Fall, dass der Bauträger als Leistungsempfänger - wie hier - deshalb keinen Erstattungsantrag stellt, weil er die Umsatzsteuer von vorneherein nicht an das Finanzamt abgeführt hat, entsprechend anzuwenden.
Die entsprechende Anwendung einer Vorschrift, die auch als steuerverschärfende Analogie zulässig ist (vgl. BFH, Urteil vom 14. Februar 2007 -
b) Der abgetretene Restwerklohnanspruch besteht in Höhe des Umsatzsteuerbetrags von 14.751,60 €.
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass einem Bauunternehmer bei einem vor dem Erlass des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243,
bb) Diese Grundsätze, von denen abzuweichen das Revisionsvorbringen keinen Anlass gibt, lassen sich auf den vorliegenden Fall übertragen.
(1) Der Senat kann die ergänzende Vertragsauslegung des Berufungsgerichts im Streitfall uneingeschränkt überprüfen, da es sich bei dem in Rede stehenden Vertrag um eine typische Vertragsgestaltung handelt, die über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus regelmäßig mit gleichförmigen Inhalt im geschäftlichen Verkehr verwendet wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17 Rn. 19-21, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).
(2) Die Voraussetzungen der ergänzenden Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17 Rn. 36, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524; zur Anwendbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung nunmehr auch BFH, Urteil vom 27. September 2018 - V R 49/17 Rn. 19, NZI 2018, 947 = DStR 2018, 2423), sind aufgrund der Vergleichbarkeit der Interessenlage der Parteien der Werkverträge vorliegend ebenso erfüllt wie in dem dem Senatsurteil vom 17. Mai 2018 (
Es führt zu keiner anderen Beurteilung, dass hier die Gefahr für die Bauunternehmerin, als Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer herangezogen zu werden, nicht auf einem Erstattungsantrag der Beklagten beruht. Für die Annahme einer solchen Gefahr macht es keinen Unterschied, ob die Bauunternehmerin steuerlich in Anspruch genommen wird, weil die Finanzverwaltung den erhaltenen Umsatzsteuerbetrag wieder an die Beklagte auskehren muss, oder ob die Bauunternehmerin in Anspruch genommen wird, weil die Finanzverwaltung die Umsatzsteuer von der Beklagten nicht erhalten hat und § 27 Abs. 19 UStG deshalb entsprechend anwendet. In beiden Fällen wird der leistende Unternehmer zur Abführung der Umsatzsteuer herangezogen, obwohl nach den Vertragsvereinbarungen der Bauträger als Leistungsempfänger den auf die Werkleistung entfallenden Umsatzsteuerbetrag wirtschaftlich tragen sollte.
c) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Beklagte habe den vom Berufungsgericht angenommenen Freistellungsanspruch bereits durch die an Zahlungs statt wirkende Abtretung gemäß § 27 Abs. 19 UStG erfüllt, kann sie damit nicht durchdringen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist aufgrund der ergänzenden Vertragsauslegung nicht nur ein Freistellungsanspruch, sondern ein Zahlungsanspruch im Verhältnis zwischen der Bauunternehmerin und der Beklagten anzunehmen. Zwar beseitigt die an Zahlungs statt wirkende Abtretung die Gefahr für die Bauunternehmerin, weiter als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen zu werden. Denn im Verhältnis zwischen ihr und der Finanzverwaltung ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 27 Abs. 19 Satz 4 UStG der Steueranspruch erloschen. Diese Wirkung tritt indes nur in diesem Verhältnis ein. Die Abtretung beseitigt nicht den abgetretenen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung des Restwerklohns in Höhe des der Umsatzsteuerbetrags.
d) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht verjährt.
Der Lauf der hier maßgeblichen regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§
2. Keinen Bestand können die Urteile des Berufungsgerichts und des Landgerichts im Hinblick auf die ausgeurteilte, acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz übersteigende Zinshöhe haben. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
Von Rechts wegen
Verkündet am: 10. Januar 2019