(a) »... Zur Frage, wo die gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern nach §
Die damit definierte unterhaltsrechtliche Opfergrenze der Eltern gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern erfährt in der Rechtspraxis unter dem Begriff des notwendigen oder kleinen Selbstbehalts (auch notwendiger Eigenbedarf genannt) bei der Bestimmung des Betrages ihre Konkretisierung, der dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen mindestens für den eigenen Unterhalt erhalten bleiben muß. Sie greift aber auch dort ein, wo der Kindesunterhalt Ä wie hier Ä nur aus dem Stamm des Vermögens aufgebracht werden kann. ...
(b) Indessen findet auch die Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstammes dort ihre Grenze, wo der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen tangiert wird... (vgl. Senatsurt., FamRZ 86, 48 [hier: I (167) 336 a-b]). Dabei wird das Maß der für den eigenen Unterhalt benötigten Mittel, soweit es um die erweiterte Unterhaltspflicht nach §
(c) Für die neue Verhandlung wird u. a. auf folgendes hingewiesen:... Im Bereich gesteigerter Unterhaltspflicht hat der BGH.. entschieden, daß ein Elternteil nach §
Entscheidungsbesprechung von Prof. Dr. peter Derleder, Bremen:
»Der Familiensenat des BGH verteilt seit vielen Jahren Sozialeinkommen wie Arbeitseinkommen an die Unterhaltsberechtigten. Beim Schmerzensgeld macht er jetzt Einschränkungen. 1. Der achtundzwanzigjährige geschiedene Ehemann und Vater eines fünfjährigen ehelichen Kindes, nach einem schweren Verkehrsunfall querschnittgelähmt, hatte von einem Haftpflichtversicherer eine Gesamtabfindung von 150 000,Ä DM erhalten, war aber im übrigen nicht rentenberechtigt. Mutter und Kind waren Sozialhilfeempfänger. Vermerkt ist noch, daß der Vater Beifahrer eines betrunkenen Autolenkers gewesen war und der Abfindungsvergleich von einem hälftigen Mitverschulden ausging. Diese unterhaltsrechtlich irrelevante Tatsache brauchte dem Unglücklichen nicht noch einmal vorgehalten zu werden.
Die Abfindung von 150 000,Ä DM war also der Stamm des Vermögens, der von ihm auch zur Organisation eines behindertengerechten Lebens, insbesondere einer entsprechenden Wohnung, herangezogen werden mußte. Die danach verbleibenden möglichen Zinseinkünfte hätten zwar für den Kindesunterhalt zunächst ausgereicht, konnten aber nicht auf Dauer erhalten werden, da der Unterhaltspflichtige seinen Vermögensstamm auch für seine laufende Alimentation angreifen mußte. Dennoch kam das OLG Frankfurt als Vorinstanz zu einer uneingeschränkten Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind, da der Unterhaltspflichtige später ohnehin auf Leistungen Dritter oder »öffentliche Unterstützung« angewiesen sein werde. Es mutete dem Vater somit eher die (in absehbarer Zeit zu gewärtigende) Stellung eines Sozialhilfeempfängers zu als seinem Kind. Hierin wollte ihm der BGH jedoch nicht folgen.
2. Allerdings sind zunächst einmal das Vermögen und die Einkünfte hieraus für die unterhaltsrechtliche Verteilung heranzuziehen. Für die nach §
Der Unterhaltsschuldner muß also Arbeits-, Sozial- und Vermögenseinkünfte im Rahmen des §
Daraus ergibt sich ein Rechenmodell für die Unterhaltsermittlung bei Vermögensverwertung. Hat etwa ein Unterhaltspflichtiger keine Arbeitseinkünfte und auch kein anrechnungsfähiges Sozialeinkommen (wie etwa eine Erwerbsunfähigkeitsrente), sondern ausschließlich ein Vermögen von z. B. 100 000,Ä DM, so ist er gehalten, dieses verzinslich anzulegen. Soweit die Jahreszinsen den Selbstbehalt nicht decken, also nach der Düsseldorfer Tabelle gegenwärtig den Betrag von 12 x 1000,Ä DM für den nicht erwerbstätigen Verpflichteten, muß er den Vermögensstamm angreifen, bei 4 % Jahreszinsen als Nettovermögenseinkünften das Kapital also um gut 8 000,Ä DM reduzieren. Die notwendige monatliche Abhebung wird den Zinszuwachs etwas bremsen, so daß am Ende des Jahres etwas weniger als 92 000,Ä DM zu Buche stehen werden. Unterstellt man für die Folgezeit eine gleich hohe Verzinsung und einen gleichen monatlichen Eigenbedarf, dann läßt sich mit den Methoden der Zinsrechnung leicht ermitteln, daß das Kapital in etwa 10 Jahren aufgebraucht sein wird. Billigt man dem Unterhaltspflichtigen noch eine solche Lebensdauer zu, dann braucht er sein Vermögen nicht für Unterhaltsleistungen zu verwenden. Die Rechtsprechung sollte es aber vor allem aus psychologischen Gründen vermeiden, eine Formel dafür zu verwenden, bei der die voraussichtliche Lebensdauer zahlenmäßig konkretisiert würde. Sie mag sich insoweit an statistischen Durchschnittswerten orientieren, darf diese aber im Einzelfall nicht zur Grundlage einer verbindlichen Rechnung für einen bestimmten Unterhaltspflichtigen machen. Legt man dieses Rechenmodell zugrunde, dann mußte eine Unterhaltsverpflichtung des achtundzwanzigjährigen Querschnittgelähmten mit seiner verbliebenen Abfindungssumme von möglicherweise weniger als 100 000,Ä DM im Hinblick auf seine fehlenden Einkünfte und seine Lebenserwartung ausscheiden.
3. Statt diese Rechtsfolge auszusprechen, entschied der BGH noch zusätzlich über die Anrechnungsfähigkeit des Schmerzensgeldes, das in der Abfindung enthalten war. Obwohl die immaterielle Ausgleichsleistung allenfalls die Rechnung noch zugunsten des Unterhaltsverpflichteten beeinflussen konnte, entschied sich der Senat in einem obiter dictum auch noch für die grundsätzliche unterhaltsrechtliche Verteilung von Leistungen mit immaterieller Ausgleichsfunktion. Schon bei der Anrechnung von Sozialleistungen, die von der Grundrente für Kriegsopfer (BGH, FamRZ 1981, 338 [hier: I (167) 263 a-b]) bis zu den Pflegegeldern für Schwerstbehinderte (BGH, FamRZ 1985, 917) führte, hat der BGH von den Leistungszwecken abgesehen, bei der Grundrente der Kriegsopfer speziell auch von dem immateriellen Ausgleichszweck, und nur bei einem nachgewiesenen Mehrbedarf insoweit die Verteilung eingeschränkt. Die Kritik daran (siehe etwa Scholler-Fuchs, JZ 1984, 304; A. u. P. Derleder, DAV 1984, 101) ist nunmehr jedenfalls insofern auf fruchtbaren Boden gefallen, als einem Schmerzensgeldempfänger bei der Unterhaltsbemessung wenigstens im Falle andauernder schwerwiegender Behinderungen ein maßvoll erhöhter notwendiger Eigenbedarf bleiben soll, also zumindest bei einem Querschnittgelähmten. Das muß dann aber natürlich auch für Kriegs- und Verfolgungsopfer gelten, soweit sie aufgrund schwerster Einbußen an Lebensfreude einen immateriellen Ausgleich erhalten haben. Insofern bedeutet das Urteil also doch eine gewisse Korrektur der bisherigen BGH-Rechtsprechung. Dem liegt die Einsicht zugrunde, daß auch ohne nachweisbaren Mehrbedarf eines solchen Unterhaltspflichtigen ihm wenigstens ein gewisser Ausgleich für tiefgreifendste Verluste bleiben muß. Im übrigen wartet der Senat das gegenwärtig laufende Gesetzgebungsverfahren ab, mit dem durch eine Beweislastverschiebung gesichert werden soll, daß die öffentlich-rechtlichen Zwecke von Sozialleistungen bei der unterhaltsrechtlichen Verteilung nicht völlig ignoriert werden können.
Am Ende bleibt die Frage, warum der Familiensenat des BGH die Unterhaltsklage Ä wie nach seinen Maßstäben geboten Ä nicht abgewiesen, sondern die Entscheidung dem OLG überlassen hat. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, es müsse geprüft werden, ob der unterhaltspflichtige Vater auf Dauer erwerbsunfähig sein werde, da andernfalls eine Unterhaltsverpflichtung in Betracht komme. Nun gibt es gewiß Ausnahmefälle, bei denen auch ein Querschnittgelähmter wieder ins Berufsleben integriert worden ist. Eine Unterhaltsverpflichtung auf eine derartige gerichtliche Prognose zu stützen, verbietet sich jedoch bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage von vornherein. Notfalls muß der Unterhaltsberechtigte eine neue Klage erheben, wenn der Behinderte doch einen Arbeitsplatz erlangt, da die Abänderungsklage ihm nach einer Klagabweisung nicht zur Verfügung steht (BGH, NJW 1982,