I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb in den Streitjahren 1996 bis 2000 ein Taxiunternehmen. Sie unterhält diverse Taxen ("Kraftdroschken"), für die sie Genehmigungen nach §
Nach einer "Vereinbarung der Krankenkassen des Arbeitskreises Gesetzliche Krankenversicherung X" und der AOK Y mit dem Gesamtverband Verkehrsgewerke ... e.V. von 1994 über die Vergütung von Krankenfahrten zahlten die Krankenkassen den in der Stadt und im Landkreis zugelassenen Taxiunternehmen, die fachgerechte Krankenfahrten gewährleisten, fest vereinbarte Vergütungssätze für Krankenfahrten. Für Fernfahrten waren je Kilometer 1,15 DM (bis zum 30. Juni 1996) bzw. 1,18 DM (vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1996) bzw. 1,20 DM (ab 1. Januar 1997) abrechenbar. Vereinbarungsgemäß wurden Wartezeiten mit 7,50 DM je angefangene Viertelstunde vergütet. Die Gebühr für Wartezeiten durfte jedoch insgesamt nicht höher sein als die abrechenbare Gebühr für eine zweite Fahrt. Hinsichtlich der Fahrten, in denen das Taxi auf den Patienten wartete, besteht kein Streit.
Im Anschluss an eine die Streitjahre umfassende Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, für Krankenfahrten, bei denen die Klägerin gegenüber Krankenkassen Fahrten mit einer jeweiligen Gesamtlänge zwischen 100 km bis 200 km abgerechnet habe, sei der begünstigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG 1999 nicht anwendbar, weil die jeweilige Beförderungsstrecke mehr als 50 km betragen habe. Dabei handelt es sich um folgende Sachverhalte: Die Klägerin beförderte den Patienten von seiner Wohnung bis zum Behandlungsort; die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Behandlungsort lag zwischen 25 km und 50 km. Das Taxi wartete nicht vor Ort, sondern stand anderweitig für den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung. Der Patient wurde wieder abgeholt. Für die jeweiligen Leerfahrten stand der Klägerin zusätzlich eine Vergütung nach festen Kilometersätzen zu. Diese --von der Klägerin gegenüber den Krankenkassen mit der Gesamtstrecke abgerechneten-- Fälle beurteilte das FA als eine einheitliche Beförderungsleistung, bei denen die Beförderungsleistung mehr als 50 km betrage. Das FA erfasste in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre die anhand der Rechnungskopien ermittelten Entgelte für diese Fahrten mit dem Regelsteuersatz.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage, mit der sie im Wesentlichen geltend machte, die jeweilige Hinfahrt und Rückfahrt des Patienten sei für sich zu betrachten. Es handele sich um voneinander unabhängige Einzelleistungen, schon deshalb, weil grundsätzlich auch die Gefahr bestehe, dass ein anderer Taxenunternehmer die Rückfahrt übernehme, für die vom betreffenden Arzt eine gesonderte Verordnung ausgestellt werde. Diese sog. Krankentransportscheine seien allerdings mit der jeweiligen Abrechnung an die Krankenkasse weitergegeben worden und deshalb nicht mehr vorhanden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Das Urteil ist in "Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst" (DStRE) 2005, 971 abgedruckt.
Zur Begründung führt das FG im Wesentlichen aus, entscheidend sei allein, ob zwischen den Beteiligten des Leistungsaustausches zwei Beförderungsverträge oder nur ein (einheitlicher) Beförderungsvertrag geschlossen worden sei. Hierfür sei unerheblich,
- ob der jeweilige Fahrgast bereits zeitlich bei Vereinbarung der Fahrt zur Behandlung mit der Klägerin die Rückfahrt vereinbart habe,
- ob zwecks Kostenübernahme durch die jeweilige Krankenkasse der behandelnde Arzt die Notwendigkeit der sog. Krankenfahrt für die Hin- und Rückfahrt auf einem oder zwei Formularen bescheinigt und wann er die Bescheinigung ausgestellt habe (vor Beginn der Hinfahrt, während der Behandlung oder im Nachhinein),
- ob dem jeweiligen Patienten bewusst gewesen sei, dass er mit der Klägerin ein oder zwei Beförderungsverträge abgeschlossen habe; deren Anhörung sei deshalb nicht erforderlich.
Entscheidend sei allein, dass in den streitigen Fällen die Klägerin nach Durchführung der Hinfahrt zur jeweiligen Behandlung am Behandlungsort nicht auf den Patienten zu warten hatte, sondern vielmehr die Rückfahrt zum Firmensitz als Leerfahrt zusätzlich vergütet erhalten habe und sich später erneut mit einem Taxi am Behandlungsort habe einfinden müssen, um den Patienten zum jeweiligen Wohnort zu fahren. Die Beförderung des Patienten zur Behandlung sei rechtlich und auch wirtschaftlich damit abgeschlossen gewesen und deshalb sei von einer Beförderungsstrecke von weniger als 50 km auszugehen. Die der Klägerin zusätzlich vergütete Leerfahrt müsse bei der Frage der maßgeblichen Beförderungsstrecke unberücksichtigt bleiben, weil während der Leerfahrt keine Beförderung von Personen stattfinde.
Hiergegen richtet sich die --vom FG unter Hinweis auf das insoweit abweichende Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 25. September 2001 2 K 137/99 ("Entscheidungen der Finanzgerichte" --EFG-- 2001, 1625) zugelassene-- Revision des FA.
Das FA trägt hierzu vor, Hin- und Rückfahrt seien entweder bei Bestellung des Taxis oder bei Beginn der Hinfahrt vereinbart worden und der Zeitpunkt für die Rückfahrt sei entweder bereits vereinbart oder telefonisch nach Behandlung abgesprochen worden. Der Arzt habe nur einen Krankenbeförderungsschein, der Hin- und Rückfahrt umfasst habe, ausgestellt und dementsprechend habe die Klägerin auch einheitlich mit den Kassen abgerechnet. Es sei, weil die Klägerin Betriebsstätten in L und G unterhalte, nur in L ein weiteres Taxiunternehmen existiere und häufig dieselben Patienten befördert worden seien, für die Beteiligten in gewisser Weise selbstverständlich, dass Hin- und Rückfahrt bei Fahrtantritt vereinbart worden seien.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II. Die Revision ist unbegründet (§
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG 1993 ermäßigt sich der Steuersatz u.a. für die Beförderung von Personen im Kraftdroschkenverkehr (Doppelbuchst. aa) innerhalb einer Gemeinde oder (Doppelbuchst. bb), wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt (ab UStG 1999: § 12 Abs. 2 Buchst. b).
Gemeinschaftsrechtliche "Grundlage" für diese --bereits vor Erlass der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) bestehende-- Regelung ist Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Danach können die Mitgliedstaaten auf die in Anhang H bezeichneten Lieferungen und Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz anwenden. Nach Anhang H Kategorie Nr. 5 gehört dazu auch die "Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks".
Mit der Steuerbegünstigung sollen die Beförderungen im öffentlichen Nahverkehr, zu denen auch der besonderen Anforderungen unterliegende Betrieb von "Kraftdroschken" gehört, gleichermaßen erfasst werden. Die Regelung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 11. Februar 1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238).
a) Bei den streitigen Beförderungsleistungen handelt es sich um Beförderungen von Personen im Kraftdroschkenverkehr. Denn die Klägerin beförderte ihre Kunden mit Kfz, für die ihr die behördliche Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nach §
b) Die Beförderungsstrecke betrug in den streitigen Fällen nicht mehr als 50 km.
aa) Ob eine --einheitliche-- oder mehrere Beförderungsleistungen vorliegen, ist nach den allgemein geltenden Grundsätzen zur Beurteilung von Leistungen, die aus mehreren Leistungsteilen bestehen, zu entscheiden. Für die Annahme einer einheitlichen Leistung sind im Wesentlichen folgende gemeinschaftsrechtlich geklärten Grundsätze zu berücksichtigen (vgl. z.B. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 27. Oktober 2005 C-41/04, Levob, BFH/NV Beilage 2006,
bb) Die Würdigung durch das FG, dass im Streitfall keine einheitliche Beförderungsleistung vorliegt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Werden bei Fahrtantritt Hin- und Rückfahrt vereinbart, wartet aber das Taxi nach Durchführung der Hinfahrt zum Bestimmungsort vereinbarungsgemäß nicht auf den Kunden, sondern holt der Unternehmer den Kunden später --sei es aufgrund vorheriger Vereinbarung über den Abholzeitpunkt oder aufgrund erneuter telefonischer Bestellung-- mit einem (ggf. auch anderen) Taxi ab und befördert ihn zum Ausgangsort zurück, ist mit der Ablieferung des Kunden die (erste) Beförderung rechtlich und wirtschaftlich abgeschlossen. Hin- und Rückfahrt dieser Art können aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers regelmäßig als zwei getrennte Beförderungsleistungen und nicht als eine (einheitliche) Leistung zu beurteilen sein. Im Übrigen kommt die Finanzverwaltung in Abschn. 174 Abs. 3 Satz 6 der Umsatzsteuer-Richtlinien (
cc) Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich aus dem Senatsbeschluss vom 24. Oktober 1990 V B 60/89 (BFH/NV 1991, 562) nichts anderes, weil sich der diesem Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt vom vorliegenden Streitfall unterscheidet. Dort ging der Senat mit dem FG davon aus, dass eine einheitliche Beförderungsleistung mit einer Gesamtbeförderungsstrecke vorliegt, wenn die Beförderung eines Fahrgastes von dessen Wohnung zum Krankenhaus und zurück durch denselben Beförderungsunternehmer erfolgt und wenn die Fahrt während der Krankenhausbehandlung des Fahrgastes zwar kurz unterbrochen wird, wenn der Fahrer aber vereinbarungsgemäß auf den Fahrgast wartet und also die Beförderung "auf einen Zug" geschuldet wird (Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 UStG Rz 520; so wohl auch Schumann in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 12 Rz 387). Damit ist der vorliegende Streitfall nicht vergleichbar.
2. Zu Recht geht das FG auch davon aus, dass "Beförderungsstrecke" i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG 1993 bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG 1999 nicht auch Leerfahrten umfasst, sondern nur die Strecke ist, auf der der Unternehmer einen Fahrgast befördert. Diese betrug nach den nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen (§