Die Vollziehung folgender Bescheide vom 04. August 2009 wird ab dem Fälligkeitszeitpunkt ausgesetzt:
Bescheid für 2006 über Körperschaftsteuer,
Bescheid für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag,
Bescheid für 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag,
Bescheid für 2007 über Umsatzsteuer.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte zu tragen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
I.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 30. Oktober 2006 gründete die in R. ansässige B.GmbH die Antragstellerin. Auf die in den Akten des Antragsgegners befindliche Kopie der Urkunde des Notars R. mit Sitz in E. (Nr. … der Urkundenrolle für 2006) wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. Am selben Tag schlossen die B.GmbH und die Antragstellerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Unter anderem wurde in § 3 des Vertrages vereinbart, dass die B.GmbH entsprechend den Vorschriften des §
Zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer, der die Befugnis hatte, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, wurde Dr. P. bestellt. Weitere Geschäftsführer wurden bis zur Auflösung der Gesellschaft im Jahr 2009 nicht bestellt.
Nach dem Inhalt der vom Antragsgegner vorgelegten Vertragsakte hatte der Notar dem Antragsgegner am 8. November 2006 (Eingang beim Antragsgegner) Abschriften der Gründungsurkunde, des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages und des zustimmenden Gesellschafterbeschlusses (Nummern … bis … seiner Urkundenrolle für 2006), alle vom 30. Oktober 2006, übersandt.
Im Jahr 2009 fand bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung statt. Die Prüfung wurde durch das vom Antragsgegner beauftragte Finanzamt B. durchgeführt (Prüfungsauftrag vom 27. Januar 2009). Hierbei gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass sowohl die körperschaftsteuerliche wie auch die gewerbesteuerliche Organschaft nicht anerkannt werden könnten. Gemäß §
Hinsichtlich einer umsatzsteuerlichen Organschaft führte der Prüfer aus, dass eine solche zwischen dem Einzelunternehmen des Dr. P. als Organträger und der A. GmbH sowie der Antragstellerin als Organgesellschaften bestehe. Mangels steuerlicher Auswirkungen erfolge für den Prüfungszeitraum keine Änderung im Bezug auf die vorliegende umsatzsteuerliche Organschaft. Die Konsequenzen der steuerlichen Organschaft seien ab dem Jahr 2008 zuziehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Prüfungsfeststellungen wird auf den Prüfungsbericht vom 26. Juni 2009 Bezug genommen.
In Auswertung der Prüfungsfeststellungen ergingen unter dem Datum vom 04. August 2009 erstmalige bzw. geänderte Bescheide mit folgenden Festsetzungen:
Körperschaftsteuer 2006 | 279,00 EUR (= zu zahlender Betrag) |
Körperschaftsteuer 2007 | 7.760,00 EUR (= zu zahlender Betrag) |
Gewerbesteuermessbetrag 2006 | 55,00 EUR |
Gewerbesteuermessbetrag 2007 | 1.530,00 EUR |
Umsatzsteuer 2007 | 2.445,37 EUR (noch zu zahlen 335,67 EUR). |
Die Änderung der Festsetzung von Körperschaftsteuer 2006 und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2006 erfolgte nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO); geändert wurde nach den Erläuterungen zu den geänderten Festsetzungen ein Bescheid vom 24. Juli 2008. Bei dem Bescheid über Körperschaftsteuer 2007 und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2007 handelte es sich um erstmalige Festsetzungen.
Zum geänderten Bescheid für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag war § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO als Änderungsvorschrift angegeben; geändert wurde nach den Erläuterungen des Änderungsbescheids ein Bescheid vom 24. Juli 2008. Der Gewerbesteuermessbetrag 2007 wurde erstmals festgesetzt.
Der Umsatzsteuerbescheid für 2007 war ein erstmaliger Jahresbescheid. Nach Aktenlage (Umsatzsteuer-Überwachungsbogen 2007) waren monatliche Voranmeldungen abgegeben worden (Jahressumme Umsatzsteuer: 2.445,37 EUR; Jahressumme Vorsteuern: 335,73 EUR).
Die Antragstellerin legte durch ihre Prozessbevollmächtigte am 02. September 2009 gegen die Änderungsbescheide Einspruch ein mit Ausnahme des Bescheides über Körperschaftsteuer 2007 und Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2007 (ein Einspruchsschreiben hierzu gibt es nach Aktenlage nicht).
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2009 beantragte die Prozessbevollmächtigte für die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung. Auch in diesem Schreiben ist der Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag nicht erwähnt. Die Antragstellerin verwies hinsichtlich der körperschaftsteuerlichen Organschaft auf das Rechtsbehelfsverfahren der A. GmbH. Im Übrigen führte sie aus, dass die sonstigen Wertpapiere vom Antragsgegner doppelt erfasst worden seien. Die Stückzahl von 2009 bei der zweiten Ausschüttung ergebe sich lediglich dadurch, dass die erste Ausschüttung wieder angelegt worden sei. Der Abzugsbetrag nach §
Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 08. Dezember 2009 ab, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte bestünden. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Auffassung des Beklagten wird auf ein gesondertes Schreiben des Antragsgegners vom 08. Dezember 2009 an die Prozessbevollmächtigte Bezug genommen.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02. Februar 2010 hat die Antragstellerin um Aussetzung der Vollziehung „in vollem Umfang ab Fälligkeit” der „Bescheide vom 04.08.2009 für 2006 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag, für 2007 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag, für 2006 und 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag, für 2007 über Umsatzsteuer” durch das Gericht nachgesucht. Zur Antragsbegründung verweist auf das laufende Rechtsbehelfsverfahren.
Die Antragstellerin hat ihrem Antrag die Kopie einer Zahlungsaufforderung vom 21. Januar 2010 beigefügt. Aufgrund dieser Zahlungsaufforderung sieht sie die Zugangsvoraussetzungen als erfüllt an.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2007 sei der Antrag unzulässig, denn die Antragstellerin habe gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2007 weder einen Einspruch eingelegt noch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Die der Antragsschrift beigefügte Zahlungsaufforderung vom 21. Januar 2010 betreffe die Körperschaftsteuer 2007. Die Antragstellerin hat hierauf nicht erwidert.
Im Übrigen sei der Antrag zulässig, jedoch unbegründet. Der Antragsgegner verweist auf seine Ausführungen in seinem Schreiben vom 08. Dezember 2009.
II.
1. Der Antrag bedurfte der Auslegung.
a) Die Antragstellerin hat bei der Bezeichnung der Bescheide, bezüglich derer sie Aussetzung der Vollziehung begehrt, auch die Bescheide über den Solidaritätszuschlag genannt. Bei diesen Bescheiden handelt es sich um Folgebescheide der Körperschaftsteuerbescheide (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Solidaritätszuschlaggesetzes). Da die Vollziehung eines Folgebescheides von Amts wegen auszusetzen ist, wenn die Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides angeordnet wird (§
Das Gericht versteht die Erwähnung der Festsetzungen des Solidaritätszuschlages jedoch als bloßen Hinweis auf §
b) Soweit die Antragstellerin die Formulierung verwendet, dass sie Aussetzung der Vollziehung „in vollem Umfang” begehre, versteht der Senat dies hinsichtlich der Steuerfestsetzungen so, dass es ihr um die Aussetzung der Vollziehung geht, soweit sich aufgrund der angefochtenen Bescheiden noch zu zahlende Steuerbeträge ergeben.
2. Der Antrag ist teilweise unzulässig.
a) Der Antrag ist unzulässig, soweit die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 04. August 2009 über Körperschaftsteuer 2007 begehrt wird, weil die Antragstellerin nach Aktenlage insoweit keinen Einspruch eingelegt hat. Nach §
b) Der Antrag ist zulässig hinsichtlich der Bescheide über Körperschaftsteuer 2006, Gewerbesteuermessbetrag 2006, Gewerbesteuermessbetrag 2007 und Umsatzsteuer 2007.
3. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet.
a) Gemäß §
b) Es bestehen in Anwendung vorstehender Grundsätze ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides für 2007 über Umsatzsteuer vom 04. August 2009.
Der Prüfer nahm eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zwischen der Antragstellerin als Organgesellschaft und dem Einzelunternehmen des Dr. P. als Organträger an (Tz. 16 des Prüfungsberichtes). Er vertrat allerdings die Auffassung, dass „mangels steuerlicher Auswirkungen” für den Prüfungszeitraum keine Änderungen in Bezug auf die vorliegende umsatzsteuerrechtliche Organschaft zu treffen seien. Die Konsequenzen seien erst ab dem Jahr 2008 zu ziehen. Diese Vorgehensweise unterliegt ernstlichen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit.
Aus der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG folgt, dass die von der Organgesellschaft bewirkten Umsätze an Dritte dem Organträger zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 21. Juni 2001 V R 68/00, BFHE 195, 446, BStBl II 2002, 255, zu II. 5. a). Gleiches gilt für den Vorsteuerabzug auf Grund von Leistungsbezügen der Organgesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, zu II. 2. b aa); Leistungen zwischen Organträger und Organgesellschaft (Innenleistungen) sind nicht steuerbar (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG; vgl. BFH-Urteil vom 11. Januar 1990 V R 156/84, BFH/NV 1990, 741, zu II. 1. c). Diese eintretenden Rechtsfolgen können nicht im Hinblick darauf negiert werden, dass die Umsatzsteuer (im Voranmeldungsverfahren) durch die Organgesellschaft bereits entrichtet ist und sich das Umsatzsteueraufkommen im Ergebnis nicht verändert, ob man nun Umsätze und Vorsteuern dem Organträger oder der Organgesellschaft zurechnet. Wenn die Voraussetzungen der Organschaft vorliegen, sind auch vollumfänglich die rechtlichen Konsequenzen zu ziehen, d.h. von den Feststellungen des Prüfers ausgehend hätte für das Jahr 2007 gegenüber die Antragstellerin als Organgesellschaft gar kein Umsatzsteuerjahresbescheid ergehen dürfen. Mithin ist die Vollziehung dieses Bescheides auszusetzen.
c) Auch an der Rechtmäßigkeit des Körperschaftsteueränderungsbescheides 2006 vom 04. August 2009 bestehen ernstliche Zweifel.
aa) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Antragsgegner zu Recht die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft als nicht gegeben ansieht. Die Auffassung des Antragsgegners, dass der streitbefangene Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 30. Oktober 2006 nicht den Anforderungen der §§
Nach §
(1) Nach bisheriger ständiger BFH-Rechtsprechung setzt eine körperschaftsteuerliche Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft nach §
(2) Die Verjährung des Verlustausgleichsanspruchs war in §
Da der Gesetzgeber an dem Inhalt des Verlustausgleichsanspruchs nach §
Die Auffassung der Finanzverwaltung folgt auch nicht notwendigerweise aus dem Wortlaut des §
bb) Da sich aufgrund der Rechtsfolge der Organschaft (Zurechnung des Einkommens der Antragstellerin auf den Organträger, §
d) Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die gewerbesteuerrechtliche Organschaft (§
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §
5. Die Beschwerde wurde nach §§
rechtskräftig