I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Tochtergesellschaft der S-AG.Am 18. Mai 1993 stellte die S-AG beim zuständigen Amtsgericht Konkursantrag wegen Zahlungsunfähigkeit. Noch am selben Tag ordnete das Amtsgericht zwecks Sicherung und Feststellung der Masse die Sequestration des Vermögens der S-AG gemäß §
Am 30. Juli 1993 "verkaufte" die S-AG an die Klägerin ca. 18 100 t Fertigmaterial Werkzeugstahl, ca. 2 500 t geschmiedeten Stabstahl und Gesenke sowie ca. 2 200 t Freiformschmiedestücke zu einem "Kaufpreis" von zusammen 50 439 000 DM zuzüglich 7 565 850 DM Umsatzsteuer; aufgrund einer "Korrektur des Erlösansatzes" um 8 359 446 DM verringerte sich der Umsatzsteuerbetrag aus dem vorgenannten Verkauf auf 6 311 993 DM.
Am 31. Juli 1993 eröffnete das Amtsgericht das Konkursverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der S-AG.
Bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer für das Jahr 1993 versagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Klägerin den begehrten Vorsteuerabzug aus dem "Kauf" vom 30. Juli 1993 und setzte gegen sie eine Umsatzsteuer von ./. 7 852 709 DM fest.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage führte zur ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Bescheids, da das Finanzgericht (FG) eine Organschaft zwischen der Klägerin und der S-AG annahm, so daß die Klägerin überhaupt nicht zur Umsatzsteuer zu veranlagen sei. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 971 veröffentlicht.
Das FG hat die Konkursverwalter der S-AG zum Verfahren beigeladen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung von formellem und materiellem Recht. Die Klägerin meint, das FG habe mit der ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids gegen das sich aus §
Das Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 6 311 993 DM anzusetzen.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Die Beigeladenen sind ebenfalls der Ansicht, daß eine Organschaft nicht gegeben sei.
Alle Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung (§
1. Das FG hat den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1993 zu Unrecht aufgehoben, da die Klägerin --ab Eröffnung des Konkursverfahrens am 31. Juli 1993-- selbständige Unternehmerin war.
Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 -- UStG --). Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG).
Die Klägerin war zwar finanziell und wirtschaftlich in die S-AG --auch nach der Eröffnung des Konkurses-- eingegliedert. Hieraus folgt aber nicht notwendig die organisatorische Eingliederung; letztere setzt vielmehr voraus, daß die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird (Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133). Entscheidend ist, ob durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft sichergestellt ist, daß eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht stattfindet (BFH in BFH/NV 1993, 133).
Dem zitierten Urteil lag der Sachverhalt zugrunde, daß ein gemeinnütziger Verein ein Behindertenwohnheim ihrer Tochtergesellschaft (GmbH) zu dessen Betrieb vermietete; trotz finanzieller und wirtschaftlicher Eingliederung verneinten FG und BFH eine Organschaft (organisatorische Eingliederung) mit Rücksicht darauf, daß die Geschäftsführer der GmbH weder der Geschäftsführung noch dem Vorstand des Vereins angehörten.
Ähnlich ist es, wenn die Organgesellschaft in Konkurs fällt, da der Organträger mit der Eröffnung des Konkurses den maßgeblichen Einfluß auf die frühere Organgesellschaft an deren Konkursverwalter verliert (allgemeine Ansicht, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. März 1997 V R 96/96, BFHE 182, 426, BStBl II 1997, 580; Schiffer, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1998, 1989).
Auch im Streitfall war ab Konkurseröffnung der maßgebliche Einfluß der S-AG auf die laufende Geschäftsführung der Klägerin nicht mehr sichergestellt. Zwar gehörten die Geschäftsführer der Klägerin dem Vorstand der S-AG an. Mit der Konkurseröffnung hatte die S-AG aber die Befugnis verloren, ihr zur Konkursmasse gehöriges Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen; das Verwaltungs- und Verfügungsrecht ging auf die Konkursverwalter über (vgl. §
Gegen die Eingliederung der Klägerin "in das Unternehmen" der Gemeinschuldnerin S-AG spricht auch der Umstand, daß konkursrechtlich zwischen dem Vermögen der S-AG und dem Vermögen der Klägerin zu unterscheiden ist. Das Vermögen der S-AG fiel in die Konkursmasse (§
Da das Konkursverfahren der gemeinsamen Befriedigung der Konkursgläubiger aus der Konkursmasse dient (vgl. §
Der Senat kommt deshalb zum Ergebnis, daß eine Organschaft ausnahmsweise mit dem Konkurs des Organträgers enden kann, wenn sich der Konkurs nicht auf die Organgesellschaft erstreckt und der Konkursverwalter auf ihre laufende Geschäftsführung keinen Einfluß nimmt.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist somit zu Recht an die Klägerin ergangen; in ihm war die von der Klägerin in der Zeit vom 31. Juli 1993 (Eröffnung des Konkursverfahrens bei der S-AG) bis zum 31. Dezember 1993 ausgeübte Tätigkeit als Unternehmerin zu erfassen. Der Bescheid war entgegen der Ansicht des FG nicht aufzuheben.
2. Vor Eröffnung des Konkursverfahrens lagen jedoch die Voraussetzungen einer Organschaft zwischen der S-AG und der Klägerin vor. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin auch organisatorisch in das Unternehmen der S-AG eingegliedert, da deren Vorstandsmitglieder F und P gleichzeitig Geschäftsführer der Klägerin waren.
Bis zu diesem Zeitpunkt war der Vorstand befugt, die S-AG unter eigener Verantwortung zu leiten (vgl. §
Nach dem Urteil in BFHE 182, 426, BStBl II 1997, 580 endet die Organschaft --beim Konkurs der Organgesellschaft-- nur dann bereits vor Eröffnung des Konkursverfahrens mit der Anordnung der Sequestration, wenn der Sequester den maßgeblichen Einfluß auf die Organgesellschaft (spätere Gemeinschuldnerin) erhält und ihm eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft möglich ist; ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ähnliches muß auch im Konkurs des Organträgers gelten. Solange dem Sequester eine vom Willen des Vorstands abweichende Willensbildung beim Organträger nicht möglich ist, steht die Sequestration der Organschaft nicht entgegen. Hiervon ist auch im Streitfall trotz der dem Sequester eingeräumten Geschäftsführungsbefugnis auszugehen. Wie die Klägerin selbst in der Revisionsbegründung betont, handelt es sich bei dem gerichtlich bestellten Sequester nicht um den "Verwalter des Organträgers"; er verdrängte nicht den Vorstand aus der Leitung der S-AG; vielmehr war der Vorstand lediglich gehalten, sich mit dem Sequester abzustimmen. So wurde bei der S-AG auch tatsächlich verfahren. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen erfordert die Organschaft nicht, daß die Geschäftsführung der Muttergesellschaft mit derjenigen der Tochtergesellschaft personenidentisch ist. Die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft muß nicht auf allen drei Gebieten vollkommen sein; eine organisatorische Eingliederung kann auch dann vorliegen, wenn nur einzelne Geschäftsführer des Organträgers Geschäftsführer der Organgesellschaft sind (BFH in BFH/NV 1993, 133).
Die Klägerin war demnach zur Zeit des "Kaufs" am 30. Juli 1993 keine selbständige Unternehmerin; ihr steht der begehrte Vorsteuerabzug nach § 15 UStG nicht zu.
3. Da die Revision der Klägerin teilweise Erfolg hat, sind die Kosten des Revisionsverfahrens verhältnismäßig zu teilen (§
Im Streitfall war die Organgesellschaft bewußt aus der Muttergesellschaft ausgegliedert worden, damit sie nicht von dem Konkursverfahren erfaßt wurde. In diesem Fall kommt der BFH zu dem Ergebnis, daß die Organschaft mit dem Konkurs der Muttergesellschaft endet, wenn der Konkursverwalter keinen Einfluß auf die laufende Geschäftsführung der Organgesellschaft nimmt.