I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen.
Im Februar des jeweiligen Jahres bestellen Kunden (Landwirte) beim Kläger den von ihnen benötigten Saatmais. Im April wird der Mais dann vom Kläger gebeizt und anschließend ausgeliefert. Die Lieferung des Saatguts wird vom Kläger gesondert in Rechnung gestellt. Dabei berechnet er beim Verkauf des Saatguts lediglich einen Aufschlag von 5 % (gemessen am Einkaufspreis).
Neben der Lieferung des Saatguts übernimmt der Kläger bei den meisten Kunden (ca. 90 %) die Einsaat des zuvor gelieferten Saatguts mittels einer Maisdrillmaschine, einem Spezialgerät, das wegen seines Anschaffungspreises (ca. 25 000 DM) nur von wenigen Landwirten vorgehalten wird.
Bei der Einsaat wird dem Saatgut ein Pflanzenschutzmittel und ein vom Landwirt zu beschaffender Dünger beigemischt. Die Einsaat wird vom Kläger gesondert abgerechnet.
Der Kläger erklärte die Maislieferungen zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetz (UStG 1993). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unterwarf die Maislieferungen im Anschluss an eine Außenprüfung unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 16. November 1993 (BStBl I 1993, 956) der Regelbesteuerung. Er verwies darauf, dass nach diesem BMF-Schreiben der ermäßigte Steuersatz bereits dann nicht in Betracht komme, wenn neben der Lieferung (z.B. von Pflanzen) weitere sonstige Leistungen ausgeführt werden (z.B. Einsetzen der Pflanze in das Erdreich und damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten).
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Es bejahte eine Werklieferung des Saatguts, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 i.V.m. Nr. 13 der Anlage ermäßigt zu besteuern sei. Entsprechend dem Klageantrag beließ es das FG aber bei der vom Kläger vorgenommenen Aufteilung der ausgeführten Leistungen in die ermäßigt besteuerte Getreidelieferung und die mit dem Regelsteuersatz versteuerten Dienstleistungen.
Hiergegen wendet sich das FA mit der vorliegenden Revision. Es rügt in erster Linie falsche Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993. Hierzu meint es, das umsatzsteuerlich zu beurteilende Werk sei nicht allein das "eingesäte Saatgut", sondern der --unter Verwendung von Saatgut und Pflanzenschutzmittel (Beize) sowie des vom Landwirt gestellten Düngemittels-- "eingesäte Acker".
Außerdem rügt das FA mangelnde Sachaufklärung. Das FG habe unter Verletzung der Vorschrift des §
Das FA beantragt unter Aufhebung der Vorentscheidung die durch das Urteil festgesetzte Umsatzsteuer
für 1995 um 5 873,81 DM auf 39 375 DM,
für 1996 um 6 375,42 DM auf 29 795 DM,
für 1997 um 7 126,03 DM auf ./. 4 456 DM
zu erhöhen.
Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.
II. Die Revision hat keinen Erfolg; die Vorentscheidung stellt sich im Ergebnis als richtig dar.
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 i.V.m. Nr. 13 der Anlage unterliegen die Lieferung von Getreide dem ermäßigten Steuersatz und die Lieferung von Pflanzenschutzmitteln nach § 12 Abs. 1 UStG 1993 dem Regelsteuersatz.
2. Zum Getreide i.S. der Nr. 13 der Anlage zum UStG 1993 gehört auch Mais. Dabei ist gleichgültig, ob er zum Verbrauch oder zur Saat bestimmt ist. Nach allgemeiner Meinung fällt unter die Getreidelieferung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993, Nr. 13 der Anlage auch die Lieferung von Saatgetreide (vgl. z.B. Husmann in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Anm. 65; Schlienkamp/Rondorf in Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Rz. 187/3b; Schlienkamp in Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1974, 61 Beispiel 4; Langer in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Rz. 18). Dasselbe muss für die Lieferung gebeizten Saatgetreides gelten.
Dies steht im Einklang mit Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) in Verbindung mit Kategorie 1 und 10 des Anhangs H. Danach fallen Saatgut (Kategorie 1) und Gegenstände und Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, mit Ausnahme von Investitionsgütern und Maschinen (Kategorie 10) unter die Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewendet werden können.
3. Der Senat teilt nicht die Ansicht des FG, dass der Kläger mit der Einsaat des Getreides eine einheitliche nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993, Nr. 13 der Anlage ermäßigt zu besteuernde Getreidelieferung ausgeführt hat. Er ist vielmehr der Auffassung, dass der Kläger über die Lieferung des Getreides und seine Einsaat als sonstige Leistung getrennt abrechnen durfte.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1993 sind Lieferungen eines Unternehmers Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter einen Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstandes übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt; das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden sind (§ 3 Abs. 4 UStG 1993). Sonstige Leistungen sind gemäß § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG 1993 Leistungen, die keine Lieferungen sind.
b) Ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen (sonstige Leistungen) sind, richtet sich nach ihrem Wesen. Dieses ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln; maßgebend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --
c) Bei einer Leistung, die sowohl Lieferungselemente als auch Elemente sonstiger Leistungen aufweist, hängt die Qualifizierung als einheitliche Lieferung oder sonstige Leistung davon ab, welche Leistungselemente unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bestimmen (BFH-Urteile vom 19. Dezember 1991 V R 107/86, BFHE 166, 411, BStBl II 1992, 449; vom 26. September 1991 V R 33/87, BFHE 166, 407, BStBl II 1992, 313; vom 25. November 1976 V R 71/72, BFHE 120, 568, BStBl II 1977, 270, m.w.N.). In der Regel ist jede Lieferung und jede Dienstleistung (sonstige Leistung) als eigene selbständige Leistung zu betrachten (vgl.
So sind nach Auffassung des
d) Der Senat ist der Auffassung, dass es regelmäßig ohne Schwierigkeiten möglich ist, die (dem ermäßigten Steuersatz unterliegende) Lieferung des Getreides von der (dem Regelsteuersatz unterliegenden) Einsaat zu trennen. Auf den Vortrag des Klägers, der Landwirt entscheide erst nach Anlieferung des Saatguts, ob er es ihn, den Kläger, oder ggf. einen günstigeren Lohnunternehmer einsäen lasse, kommt es nicht an. In jedem Fall ist die getrennte Abrechnung beider Leistungen durch den Kläger nicht zu beanstanden.
Die Einsaat von Getreide ist anders zu beurteilen, als die Grabpflegeleistungen, die Gegenstand des Urteils in BFHE 195, 440 waren. Bei jenen maß der BFH der Lieferung der Pflanzen keinen selbständigen rechtlichen Gehalt bei; im Streitfall ist die Getreidelieferung bereits vom Preis her so gewichtig, dass sie nicht in einer einheitlichen Dienstleistung aufgeht. Umgekehrt hat auch die Einsaat für den Landwirt eine derartige Bedeutung, dass sie keine bloße Nebenleistung zur Getreidelieferung ist.
Dass der Kläger gleichzeitig mit dem gelieferten Getreide auch noch ein von ihm gestelltes Pflanzenschutzmittel eingesät hat, hindert die selbständige Beurteilung der Getreidelieferung nicht.
e) Da das FG trotz anderer Auffassung mit Recht (vgl. §
4. Die vom FA erhobene Rüge mangelnder Sachaufklärung greift nicht durch. Wird --wie im Streitfall-- die Revision darauf gestützt, dass das FG seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts (§
1. welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist,
2. welche Beweismittel das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat,
3. warum der Revisionskläger --vor allem, wenn er wie hier fachkundig vertreten war-- nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat bzw. wann und mit welchem Inhalt ein entsprechender Beweisantrag gestellt worden ist,
4. warum sich die Beweiserhebung dem FG --ggf. auch ohne Antrag-- hätte aufdrängen müssen,
5. inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und
6. weshalb er, der Revisionskläger, --wenn er (wie hier) fachkundig vertreten war-- in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich auf der von ihm angeregten Beweiserhebung bestanden hat.
Diesen Anforderungen genügt die vom FA erhobene Verfahrensrüge nicht. Es fehlen bereits Ausführungen dazu, warum das FA in der mündlichen Verhandlung nicht beantragt hat, Beweis über Art, Umfang und Wertigkeit des Pflanzenschutzmittels zu erheben.
Im Streitfall war es ohne Schwierigkeiten möglich, die (dem ermäßigten Steuersatz unterliegende) Lieferung des Getreides von der (dem Regelsteuersatz unterliegenden) Einsaat zu trennen. Im Ergebnis konnte von einer einheitlichen sonstigen Leistung oder Lieferung nicht ausgegangen werden, weil die Getreidelieferung bereits vom Preis her so gewichtig war, dass sie nicht in einer einheitlichen Dienstleistung aufging. Umgekehrt hatte auch die Einsaat für den Landwirt eine derartige Bedeutung, dass sie keine bloße Nebenleistung zur Getreidelieferung war. Die Einsaat von Getreide ist damit anders zu beurteilen als die Lieferung von Pflanzen im Zusammenhang mit Grabpflegeleistungen. In BFHE 195, 440 hat der BFH der Lieferung von Pflanzen nämlich keinen selbständigen rechtlichen Gehalt beigemessen und ist von einer einheitlichen sonstigen Leistung ausgegangen.