Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe ist die am 6. September 1965 geborene Tochter Ilona Martina hervorgegangen. In dem auf die Scheidungsklage der Klägerin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 1977, der vor dem Kammervorsitzenden als Einzelrichter stattfand, war der Beklagte nur zeitweise anwaltlich vertreten. Da die Parteien eine Vereinbarung über die Scheidungsfolgen treffen wollten, wurde der Vorsitzende durch Beschluß "mit dem Abschluß der Vereinbarung beauftragt". Sodann schlossen die Parteien - und zwar der Beklagte ohne anwaltliche Vertretung - folgende Vereinbarung, die nach dem ursprünglichen von dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin formulierten Entwurf für den Fall einer Scheidung aus dem Verschulden des Beklagten, nach der endgültigen Fassung hingegen "für den Fall der rechtskräftigen Scheidung" der Ehe gelten sollte:
1.... (Vorschlag zur Übertragung der elterlichen Gewalt über die Tochter Ilona Martina auf die Klägerin.)
2. a) Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin für das gemeinsame Kind, die Tochter Ilona Martina geboren am 6.9.1965, vom 1.7.1977 an einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 300 DM, jeweils im voraus bis zum 5. des Monats zu zahlen. Der Beklagte verpflichtet sich weiter, das gemeinsame Kind in seiner Krankenversicherung mitversichern zu lassen. Dafür soll dem Beklagten das gesetzliche Kindergeld allein zustehen.
b) Der Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin vom 1.7. 1977 an einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 900 DM, jeweils im voraus bis zum 5. des Monats zu zahlen. Der Beklagte verzichtet auf seine Rechte aus §
c) Bei den Beträgen von 900 DM für die Klägerin und 300 DM für das gemeinsame Kind gehen die Parteien von den Angaben des Beklagten über sein Nettoeinkommen aus, das der Beklagte auf im Augenblick ca. 3 500 DM netto monatlich schätzt, das aber nach erfolgter Scheidung nur noch ca. 3 000 DM netto monatlich betragen dürfte.
3)... (Hausrat)
4)... (Zugewinnausgleich)
5)... (Kostenregelung)
6)...
Danach wurde die Ehe nach §
In der Folgezeit zahlte der Beklagte bis Ende 1980 die vereinbarte Unterhaltsrente von monatlich 900 DM an die Klägerin. Anfang 1981 stellte er die Zahlungen ein. Er vertrat die Ansicht, der gesamte in der Vereinbarung vom 27. Juni 1977 zugesagte Unterhaltsbetrag habe letztlich der Tochter zukommen sollen und sei auf Anraten des damaligen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nur pro forma auf diese und die Tochter verteilt worden. Die Unterhaltsregelung zugunsten der Klägerin habe aus laufen sollen, wenn die Tochter eine Lehre beginne, spätestens mit Vollendung ihres 15. Lebensjahres. Inzwischen sei die Tochter selbständig und bedürfe keiner Betreuung mehr durch die Klägerin. Diese könne daher eine ganztägige Berufstätigkeit aufnehmen, um ihren Unterhalt zu verdienen.
Der Beklagte ist seit Oktober 1979 wieder verheiratet und hat aus der Ehe eine im Dezember 1980 geborene Tochter. Sein Einkommen ist nach der Darstellung der Klägerin inzwischen auf monatlich rund 10 000 DM netto gestiegen.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Weiterzahlung der ihr in der Vereinbarung vom 27. Juni 1977 zugesagten Unterhaltsrente von monatlich 900 DM ab Januar 1981 in Anspruch. Sie tritt dem Vorbringen des Beklagten über die behauptete Einschränkung der ihr erteilten Unterhaltszusage und über ihre angeblich nicht mehr bestehende Unterhaltsbedürftigkeit entgegen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Vereinbarung vom 27. Juni 1977 als Prozeßvergleich für unwirksam erklärt, weil der Beklagte bei ihrem Abschluß nicht anwaltlich vertreten gewesen sei; das in dem Prozeßvergleich gleichzeitig liegende materiell-rechtliche Rechtsgeschäft hat es jedoch für wirksam gehalten und auf dieser Grundlage den Beklagten verpflichtet, weiterhin die vereinbarte Unterhaltsrente an die Klägerin zu zahlen.
Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der er sich in erster Linie auf die Unwirksamkeit des Prozeßvergleichs berufen und als Folge hiervon auch die Unwirksamkeit der materiell-rechtlichen Vereinbarung behauptet hat. Einen außergerichtlichen Vergleich hätten die Klägerin und er nicht geschlossen, da zu keinem der geregelten Punkte ein Streit oder eine Ungewißheit bestanden habe.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Die Zulässigkeit der erhobenen Leistungsklage - und das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin - sind von den Vorinstanzen zu Recht bejaht worden. Die Parteien haben zwar in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 1977 im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens die Scheidungsfolgenvereinbarung in der Form eines Prozeßvergleichs geschlossen. Gegen dessen prozessuale Wirksamkeit bestehen jedoch (wie unten näher ausgeführt wird) Bedenken, da der Beklagte bei seinem Abschluß nicht anwaltlich vertreten war. Infolgedessen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin ohne weiteres die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich betreiben könnte (§§
II. 1. Das Oberlandesgericht hat die Vereinbarung der Parteien vom 27. Juni 1977 als Prozeßvergleich im Sinne von §
Die hiermit von dem Oberlandesgericht - auf der Grundlage der bis zum Inkrafttreten des 1. EheRG geltenden Vorschriften - im Sinne der Unwirksamkeit des Prozeßvergleichs entschiedene Rechtsfrage war seit Jahrzehnten in der Rechtsprechung und im Schrifttum erheblich umstritten. So wurde einerseits die Meinung vertreten, der Abschluß eines Prozeßvergleichs im Scheidungsverfahren unterliege grundsätzlich dem Anwaltszwang; wenn eine Partei nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten sei, könne kein prozessual wirksamer Vergleich zustande kommen (Brühl/Göppinger/Mutschler Unterhaltsrecht 3. Aufl. 2. Teil Rdn. 1474; Rosenberg/Schwab aaO. § 132 III 2 g S. 779; Hoffmann/Stephan Ehegesetz 2. Aufl. § 72 Rdn. 91; OLG München NJW 1962, 351; OLG Hamburg MDR 1950, 292 - Ausnahme bei Vergleichsabschluß in einem besonderen Sühnetermin). Andererseits wurde der Anwaltszwang für Prozeßvergleiche in Scheidungsverfahren auch generell verneint (
Die Streitfrage braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden; denn der geltend gemachte Unterhaltsanspruch der Klägerin hängt nicht ab von der prozessualen Wirksamkeit des Vergleichs vom 27. Juni 1977 als Vollstreckungstitel im Sinne von §
2. Diese hat das Oberlandesgericht im Ergebnis zutreffend - auch - für den Fall bejaht, daß die Vereinbarung den formellen Erfordernissen eines Prozeßvergleichs nicht genügen sollte.
Der Prozeßvergleich hat eine rechtliche Doppelnatur: Er ist einerseits Prozeßhandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts bestimmt, und andererseits privates Rechtsgeschäft, für das die Regeln des materiellen Rechts gelten (BGHZ 79, 71, 74 m.N. - herrschende Meinung; vgl. auch Senatsbeschluß vom 18. Januar 1984 - IVb ZB 53/83 - FamRZ 1984,
Die hiernach gebotene Auslegung der Vereinbarung vom 27. Juni 1977 mit ihren Begleitumständen zum Zwecke der Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens für den Fall der prozessualen Unwirksamkeit des Vergleichs hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht hervorhebt, nicht vorgenommen. Es ist allerdings im Ergebnis davon ausgegangen, daß der Beklagte rechtswirksam eine bindende Unterhaltsverpflichtung zugunsten der Klägerin eingegangen ist, die dem beiderseitigen Parteiwillen entsprach. Soweit indessen eine das Revisionsgericht bindende tatrichterliche Auslegung nicht vorliegt, kann der Senat diese selbst vornehmen, da nach dem - ersichtlich erschöpfenden - Tatsachenvortrag der Parteien zum Zustandekommen und zum Inhalt des Vergleichs weitere für die Auslegung erhebliche Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (vgl. Senatsurteil vom 17. September 1980 - IVb ZR 550/80 - FamRZ 1980, 1104, 1105 m.N.).
Die Klägerin hatte die Ehescheidungsklage am 23. Juni 1977 bei Gericht eingereicht mit dem Ziel, die beabsichtigte Scheidung noch vor Inkrafttreten des 1. EheRG auf der Grundlage des früher geltenden Rechts zu erreichen. Zuvor hatten sich die Klägerin und ihr damaliger Prozeßbevollmächtigter Anfang Juni 1977 mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt, um die Einzelheiten des Scheidungsverfahrens mit ihm zu besprechen. Dabei hatte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin angeregt, eine Scheidungsfolgenvereinbarung zu treffen, weil das Gericht andernfalls die Scheidung möglicherweise nicht mehr kurzfristig, noch vor Anfang Juli 1977, aussprechen würde. Dem Beklagten war dies nach seiner eigenen Einlassung (Schriftsatz vom 26. November 1980) "nur recht"; denn es war ihm "daran gelegen, im Scheidungsverfahren ohne großen Streit auseinanderzukommen". Er äußerte deshalb gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, er sei "auch daran interessiert, eine Vereinbarung abzuschließen". Diese wurde sodann inhaltlich besprochen und von dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin entworfen. Die Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten auf seiner Seite hielt der Beklagte nicht für erforderlich. Er erklärte vielmehr nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin (Schriftsatz vom 1. Juni 1982) auf wiederholte Fragen ihres Bevollmächtigten, er brauche keinen eigenen Anwalt, "was er zu sagen habe, könne er alleine sagen".
Der Beklagte verzichtete also für die Durchführung des Scheidungsverfahrens bewußt auf eine rechtliche Beratung durch einen von ihm hinzuzuziehenden Prozeßbevollmächtigten, weil er davon ausging, die Bedeutung und Tragweite seiner abzugebenden Erklärungen selbst zu überblicken. Soweit die unterhaltsrechtlichen, allgemein vermögensrechtlichen und sonstigen Folgen der Scheidung zu regeln waren, legte der Beklagte, ebenso wie die Klägerin, Wert auf den Abschluß einer Vereinbarung, durch die die regelungsbedürftigen Fragen verbindlich geklärt werden sollten. Dabei spielte die Form, in der die Vereinbarung zu treffen war, nach dem beiderseitigen Parteivorbringen ersichtlich keine ausschlaggebende Rolle. Das Verhältnis der Eheleute zueinander war erkennbar nicht so gespannt, daß die Klägerin aus diesem Grund auf den Erwerb eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels angewiesen gewesen wäre. Andererseits war die Scheidungsfolgenvereinbarung - anders als ein Prozeßvergleich in sonstigen Zivilprozessen - nicht Mittel zur Beendigung des Scheidungsprozesses, sondern sie diente nur der Regelung der im Zusammenhang mit der Scheidung zu lösenden ehe- und familienrechtlichen Fragen. Demgemäß hing die - möglichst reibungslose - Beendigung des Scheidungsprozesses auch für den Beklagten nicht von dem Zustandekommen eines formell wirksamen Prozeßvergleichs ab. Das Interesse beider Eheleute war vielmehr maßgeblich auf die inhaltliche Regelung und Festlegung der Scheidungsfolgen gerichtet. Das führt zu der Feststellung, daß die getroffene Vereinbarung für den Fall ihrer prozessualen Unwirksamkeit nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien jedenfalls als materiell rechtlicher Vertrag wirksam und verbindlich bleiben sollte.
Dem steht nicht entgegen, daß die Vereinbarung in Nr. 2 b einen Verzicht des Beklagten auf die Rechte aus §
3. Bei der materiell-rechtlichen Beurteilung der Vereinbarung hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen eines Vergleichs nach §
4. Die von dem Beklagten erklärte Anfechtung des Vergleichs wegen Irrtums hat das Oberlandesgericht zu Recht nicht durchgreifen lassen. Ebenso ist es rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß kein Anhaltspunkt für die Annahme einer Sittenwidrigkeit der Vereinbarung bestehe. Insoweit erhebt auch die Revision keine Bedenken.
5. Soweit sich der Beklagte auf einen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung berufen hat, weil die Klägerin nach Treu und Glauben verpflichtet sei, ihren vollen Unterhalt nunmehr selbst zu verdienen, ist das Oberlandesgericht dem nicht gefolgt. Es hat ausgeführt, nach dem Sinn der getroffenen Vereinbarung vom 27. Juni 1977 sei der Klägerin jedenfalls zur Zeit allenfalls eine Halbtagsbeschäftigung zuzumuten, bei der sie nicht mehr als monatlich 1 100 DM netto verdienen könne; im übrigen sei zu bedenken, daß das Nettoeinkommen des Beklagten inzwischen auf mehr als monatlich 10 000 DM gestiegen sei, während die Parteien bei Abschluß der Vereinbarung im Jahre 1977 von einem Einkommen des Beklagten von rund 3 000 DM netto ausgegangen seien.
Diese tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung durch das Oberlandesgericht ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird auch von der Revision nicht angegriffen.
Nach alledem hat das Berufungsgericht den Beklagten zu Recht für verpflichtet erklärt, die in der Vereinbarung vom 27. Juni 1977 zugesagten Unterhaltsbeträge nach wie vor an die Klägerin zu leisten.