Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 10. April 2013
Die Einkommensteuer wird unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 16. Dezember 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 30. Juni 2010 auf den Betrag festgesetzt, der sich bei Minderung der Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit um 761.554 € ergibt.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin ihres im Jahr 2008 verstorbenen Ehemannes A, mit dem sie im Streitjahr (2002) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurde. A war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der A–GmbH sowie der A–Sport–GmbH, die 1996 durch eine "Ausgründung" aus dem Vermögen der A–GmbH entstanden war.
Mit Verträgen vom 12. Januar 1990 und 30. Dezember 1991 hatte die A–GmbH dem A eine Pensionszusage erteilt. Am 28. Juni 2002 traf A mit der A–GmbH folgende Vereinbarung:
"Die Gesellschafter der A–GmbH beabsichtigen, die Anteile an der A–GmbH zu veräußern. Es entspricht der allgemeinen Erfahrung, dass es schwierig sein wird, einen Käufer für die Anteile zu finden, der bereit ist, die bestehende Pensionsverpflichtung zu Gunsten von Herrn A mit zu übernehmen. Aus diesem Grunde vereinbaren die beiden Parteien Folgendes:
Die Herrn A erteilte Versorgungszusage wird auf den Anspruch, den Herr A bis zum 30. Juni 2002 erdient hat, begrenzt. D.h. Herr A wird für die Anwendung des Versorgungsvertrages so gestellt, als ob er mit Ablauf des 30. Juni 2002 aus den Diensten der Gesellschaft ausgeschieden wäre."
Ebenfalls am 28. Juni 2002 vereinbarten die A–Sport–GmbH und die A–GmbH, jeweils vertreten durch A, Folgendes:
"... 2. Die A–Sport–GmbH übernimmt die vorgenannte Pensions-verpflichtung [= der A–GmbH gegenüber A] mit Ablauf des 30.06.2002 unter Schuldbefreiung der A–GmbH.
3. Als Gegenleistung für die Schuldübernahme zahlt die A–GmbH an die A–Sport–GmbH EUR 761.554,00. Dieser Betrag ist am 01.07.2002 fällig.
4. Herr A und Frau A als Begünstigte der Pensionszusage stimmen der Schuldübernahme ausdrücklich zu. Ihnen ist bekannt, dass alleiniger Schuldner zukünftig nur die A–Sport–GmbH ist."
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) gelangte im Anschluss an eine u.a. bei der A–Sport–GmbH durchgeführte Außenprüfung zu der Ansicht, der Schuldübernahmevertrag mit der Übertragung der Pensionszusage führe zum Zufluss von Arbeitsentgelt in Höhe von 761.554 € im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge. Das FA erließ dementsprechend am 16. Dezember 2009 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013,
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie beantragt,
das Urteil des FG Köln vom 10. April 2013
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der A–GmbH als Gegenleistung für die Übernahme der Pensionszusage an die A–Sport–GmbH gezahlte Ablöse bei A zu einem Zufluss von Arbeitslohn geführt hat.
1. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung —EStG—). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei und begründet damit auch noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 1993
Demzufolge sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunfts-sicherung gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn sich die Sache —wirtschaftlich betrachtet— so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beträge zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet hätte (Senatsurteil vom 15. Juli 1977 VI R 109/74, BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761). Kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, sondern eine Versorgungszusage liegt demgegenüber vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt; in diesem Fall unterliegen erst die späteren aufgrund der Zusage geleisteten Versorgungszahlungen der Lohnsteuer (Senatsurteil in BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761; BFH-Urteil vom 19. Mai 1993
2. Nach diesen Grundsätzen hat die von der A–GmbH als Gegenleistung für die Schuldübernahme an die A–Sport–GmbH geleistete Zahlung in Höhe von 761.554 € nicht zu zusätzlichem Arbeitslohn bei A geführt.
a) Die A von der A–GmbH in den Jahren 1990 und 1991 erteilte Direktzusage hat bei ihm nach ständiger Rechtsprechung vor Eintritt des Versorgungsfalles noch keinen Lohnzufluss ausgelöst. Denn aufgrund der Pensionszusage floss A als Gesellschafter-Geschäftsführer (noch) kein Vermögenswert zu, da ihm die A–GmbH als Arbeitgeberin eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagte (vgl. Senatsurteil in BFHE 123, 37, BStBl II 1977, 761). Die Pensionsvereinbarung gewährte A nur einen Anspruch aus der Pensionszusage gegenüber der Gesellschaft (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171,
b) Die Ablösungszahlung im Rahmen der Schuldübernahme hat bei A im Streitjahr gleichfalls nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn geführt (im Ergebnis ebenso Otto in Blomeyer/Otto/ Rolfs,
Im Fall der Übernahme einer Versorgungszusage nach §
Auch wenn A als Alleingesellschafter-Geschäftsführer der A–GmbH nach §
c) Dem steht die Rechtsprechung nicht entgegen, nach der ein Zufluss von Arbeitslohn zu bejahen ist, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft (z.B. Senatsurteil in BFHE 188,
Zum anderen hat die A–GmbH den Anspruch des A auf die künftigen Pensionszahlungen mit der Zahlung an die A–Sport–GmbH vorliegend auch noch nicht wirtschaftlich erfüllt. Über den zur Übertragung der Pensionsverpflichtung auf die A–Sport–GmbH verwendeten Betrag konnte A nicht verfügen. Im Streitfall kann nicht davon ausgegangen werden, die Sache stelle sich wirtschaftlich betrachtet so dar, als ob die A–GmbH A den Betrag zur Verfügung gestellt und dieser ihn zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet habe. Insbesondere begründet der Umstand, dass A alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer (auch) der A–Sport–GmbH war, keine eigene Verfügungsmacht des A über den an die A–Sport–GmbH gezahlten Ablösebetrag. Zwar gelten für einen beherrschenden Gesellschafter einer GmbH hinsichtlich des Zuflusses Besonderheiten. So fließen ihm Beträge, die ihm die GmbH schuldet, nach ständiger Rechtsprechung des BFH bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zu (z.B. BFH-Urteile vom 14. Februar 1984
d) Nichts anderes ergibt sich aus dem Senatsurteil in BFHE 217,
Ein solches Wahlrecht war A vorliegend nicht eingeräumt. Es kann entgegen der Ansicht des FG und der Finanzverwaltung auch nicht allein deshalb angenommen werden, weil es A als Alleingesellschafter-Geschäftsführer "faktisch" in der Hand hatte, darüber zu entscheiden, wie die A–GmbH das Verkaufshindernis "Pensionszusage" beseitigen sollte. Eine solche Auffassung missachtet das sowohl im Gesellschaftsrecht als auch im Steuerrecht allgemein anerkannte Trennungsprinzip zwischen einer Kapitalgesellschaft als selbständigem Rechtsträger und ihren Gesellschaftern.
Weiter begründete die Zustimmung des A zur Übertragung der Pensionsverpflichtung von der A–GmbH auf die A–Sport–GmbH noch keine Verfügungsmacht über den Ablösebetrag. Diese war vielmehr (lediglich) Voraussetzung für die Befreiung der A–GmbH von der Pensionsverpflichtung, die damit inhaltlich unverändert auf die A–Sport–GmbH überging und fortbestand.
Ohne die Einräumung eines Wahlrechts erfolgte die Zahlung der Ablöse an die A–Sport–GmbH als Gegenleistung für die Schuldübernahme nicht "auf Verlangen" des A. Anders als im Urteilsfall in BFHE 217,
3. Ob A im Streitjahr durch die Übernahme der Pensionszusage seitens der A–Sport–GmbH ohne Vereinbarung eines Risiko- oder Sicherheitszuschlags eine verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen ist, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
4. Nach alledem sind die Einkünfte des A aus nichtselbständiger Arbeit um 761.554 € zu mindern. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO).
5. Da die Revision schon mit der Sachrüge Erfolg hat, braucht der Senat über die Verfahrensrüge der Klägerin nicht zu entscheiden.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
7. Die Entscheidung, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist daher das FG als Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2010