BVerfG - Beschluß vom 13.05.1986
1 BvR 1542/84
Normen:
BGB § 1629 Abs. 1 § 1643 § 1822 Nr. 3 ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BB 1986, 1248
BVerfGE 72, 155
DNotZ 1986, 629
DRsp I(167)349a-b
DRsp II(210)345a
DRsp-ROM Nr. 1992/285
FamRZ 1986, 769
JZ 1986, 632
JuS 1986, 806
MDR 1986, 728
NJW 1986, 1859
RdL 1986, 264
Rpfleger 1986, 377
WM 1986, 828
Vorinstanzen:
BGH, vom 08.10.1984 - Vorinstanzaktenzeichen II ZR 223/83

Verfassungswidrigkeit der unbegrenzten finanziellen Verpflichtung von Kindern durch ihre Eltern im Rahmen deren gesetzlichen Vertretungsmacht

BVerfG, Beschluß vom 13.05.1986 - Aktenzeichen 1 BvR 1542/84

DRsp Nr. 1992/285

Verfassungswidrigkeit der unbegrenzten finanziellen Verpflichtung von Kindern durch ihre Eltern im Rahmen deren gesetzlichen Vertretungsmacht

»Es ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Minderjähriger (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) nicht vereinbar, daß Eltern ihre Kinder kraft elterlicher Vertretungsmacht (§ 1629 BGB) bei Fortführung eines ererbten Handelsgeschäfts in ungeteilter Erbengemeinschaft finanziell unbegrenzt verpflichten können.«

Normenkette:

BGB § 1629 Abs. 1 § 1643 § 1822 Nr. 3 ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 ;

Gründe:

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, daß Eltern ihre Kinder im Rahmen der gesetzlichen Vertretungsmacht finanziell in unbegrenzter Höhe verpflichten können.

I. 1. Das Recht und die Pflicht, für das minderjährige Kind zu sorgen, steht bei ehelichen Kindern grundsätzlich den Eltern zu. Die dafür maßgeblichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979 (BGBl. I S. 1061) lauten:

§ 1626

(1) Der Vater und die Mutter haben das Recht und die Pflicht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfaßt die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) ...

§ 1629