A. Anrufungsbeschluß des X. Senats
I. Vorgelegte Rechtsfrage
Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluß vom 25. April 1990
1. Sind Altenteilsleistungen beim Verpflichteten als dauernde Last (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) abziehbar?
2. Für den Fall, daß die Rechtsfrage zu 1. zu bejahen ist:
Sind bare Altenteilsleistungen auch dann in vollem Umfang als dauernde Last abziehbar, wenn die Vertragspartner keine besonderen Vereinbarungen über die Abänderbarkeit der Leistungen der Höhe nach -z.B. durch "Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung"- getroffen haben?
Der Beschluß ist in BFHE 160,
II.Sachverhalt
Der Vater des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) übertrug diesem im Jahre 1978 ein Grundstück und das auf dem Grundstück betriebene Möbelgeschäft (Gewinne 1979 68.588 DM; 1980 68.950 DM, 1981 74.823 DM).
Er verpflichtete sich, seinen Eltern als Gesamtberechtigten auf Lebenszeit eine monatliche Rente in Höhe von 1.500 DM zu zahlen. Diese Rente war durch eine an den Lebenshaltungskostenindex gekoppelte Wertsicherungsklausel gesichert und sollte als Reallast im Grundbuch eingetragen werden. Der Kläger räumte seinen Eltern ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht auf dem übertragenen Grundstück und ein Mitbenutzungsrecht an einer Ferienwohnung ein. Er verpflichtete sich, die Krankenkassenbeiträge für seine Eltern in der jeweils sich ergebenden Höhe zu übernehmen. Den Wert der Leistungen hat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) mit insgesamt 112.136 DM berechnet (Rente 89.388 DM, Wohnrecht 13.810 DM, Krankenversicherungsbeiträge 8.938 DM). Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28. Januar 1981 vereinbarte der Kläger mit seinen Eltern folgendes:
"Die Rentenvereinbarung ... wird wie folgt klargestellt bzw. ergänzt: Die Möglichkeit einer Abänderung nach §
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1981 beantragte der Kläger, eine dauernde Last in Höhe von 18.638 DM zum Abzug als Sonderausgaben zuzulassen. Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid die Rentenzahlung in Höhe von 18.000 DM als Leibrente mit einem Ertragsanteil von 9 v.H. ( = 1.620 DM) und einen Betrag in Höhe von 638 DM als dauernde Last. Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machte der Kläger geltend: Bei Abschluß des Grundstücksüberlassungsvertrages im Jahre 1978 sei mündlich vereinbart worden, daß die Zahlungen an den Vater zwar fest vereinbart sein sollten, die Änderungsmöglichkeit nach der jeweiligen Geschäftslage des überlassenen Unternehmens jedoch ausdrücklich vorbehalten bleiben sollte. Die schriftliche Vereinbarung sei nur versehentlich unterblieben und am 28. Januar 1981 nachgeholt worden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt. Die Zahlung des Kläger sei, soweit sie nach dem 28. Januar 1981 geleistet worden sei, eine dauernde Last.
Der vorlegende Senat möchte die Revision des FA schon deswegen als unbegründet zurückweisen, weil Altenteilsleistungen vorlägen und diese (einschließlich sämtlicher Barleistungen) in vollem Umfang dauernde Lasten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG seien. Er sieht sich durch Entscheidungen des I., IV., VIII. und IX. Senats gehindert.
Er hat deswegen gemäß § 11 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Großen Senat angerufen. Er stützt seine Anrufung zusätzlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage (§ 11 Abs. 4 FGO).
Der vorlegende Senat hat bei den betroffenen Senaten angefragt. Der I. und VIII. Senat haben der beabsichtigten Abweichung nicht zugestimmt. Der IX. Senat hat erklärt, daß er es begrüßen würde, wenn der X. Senat die Entscheidungen des Großen Senats herbeiführen würde. Der IV. Senat hat die Anfrage nicht beantwortet.
III. Begründung der Vorlage
1. Zur Vorlagefrage 1
Vermögensübergaben gegen angemessene Altenteilsleistungen seien aus dem Bereich der teilentgeltlichen Rechtsgeschäfte auszugrenzen und dem durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern (
2. Zur Vorlagefrage 2
Auch Altenteilsleistungen in Geld, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, seien wie die Naturalleistungen ohne besondere Abänderungsvereinbarung als dauernde Last abziehbar. Ein dem Versorgungsberechtigten gezahlter Geldbetrag gehöre auch dann noch zum Inbegriff des Altenteils, wenn er dem Betrag nach ein Taschengeld übersteige. Eine Leibrente liege hier gerade dann nicht vor, wenn für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Leibrente" in § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a EStG das bürgerliche Recht maßgebend sei. Denn diese Versorgungsleistung in Geld könne bei Änderung der persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse (insbesondere: der Leistungsfähigkeit und der Bedürftigkeit) der Höhe und der Art nach in einem Umfang angepaßt werden, der mit der herkömmlichen Deutung der bürgerlich- rechtlichen Rechtsnatur des Leibrentenvertrages nicht vereinbar wäre. Zwar könne auch in Unterhaltsverträgen eine Leibrente vereinbart werden; eine solche vom gesetzlichen Regelstatut abweichende Vertragsklausel müsse aber ausdrücklich vereinbart werden. Würde man die hier fraglichen baren Versorgungsleistungen als Leibrenten behandeln, so würde der durch die Entstehungsgeschichte belegte Regelungsplan des
Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Beschluß in BFHE 160,
IV. Stellungnahme der Beteiligten
Die Beteiligten haben im Verfahren vor dem Großen Senat nicht Stellung genommen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren nicht beigetreten.
B. Entscheidungen des Großen Senats zu den Verfahrensfragen
I. Entsendungsrecht
Der Große Senat beschließt in seiner Stammbesetzung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 FGO) vorab darüber, welche Senate berechtigt sind, einen weiteren Richter zu entsenden (BFH-Beschluß vom 26. November 1979
1. Der X. Senat hat den Großen Senat wegen Divergenz (§ 11 Abs. 3 FGO), hilfsweise wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage (§ 11 Abs. 4 FGO) angerufen. Damit ist der X. Senat gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 FGO entsendungsberechtigt.
2. Der I., IV., VIII. und IX. Senat sind entsendungsberechtigt, da der vorlegende Senat mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung u.a. von den BFH-Urteilen vom 21. Dezember 1977
3. Der Annahme der Abweichungen i.S. des § 11 Abs. 3 FGO steht nicht entgegen, daß der X. Senat jetzt für Sonderausgaben und sonstige Einkünfte zuständig ist. Der I., IV., VIII. und IX. Senat können trotz der geänderten Zuständigkeit bei Streitfragen mit mehreren Streitpunkten nach Abschn.II der Ergänzenden Regelungen zum Geschäftsverteilungsplan des BFH für 1991 jederzeit in die Lage kommen, die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage erneut entscheiden zu müssen (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 28. November 1988
4. Die beteiligten Senate haben von ihrem Entsendungsrecht Gebrauch gemacht.
II. Weitere Verfahrensfragen Über die weiteren Verfahrensfragen entscheidet der Große Senat in seiner erweiterten Besetzung.
1. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wird entsprechend Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlastG) abgesehen. Die maßgebenden Gesichtspunkte sind in dem Vorlagebeschluß eingehend dargestellt. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Äußerung. Eine mündliche Verhandlung erscheint deshalb nicht erforderlich; sie ist von keinem Verfahrensbeteiligten beantragt worden.
2. Die Vorlage ist zulässig.
a) Der vorlegende Senat will von den bezeichneten Entscheidungen der entsendungsbefugten Senate abweichen; hierzu bedarf es der Vorlage gemäß § 11 Abs. 3 FGO.
b) Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des X. Senats entscheidungserheblich. Verneint man die Vorlagefrage zu 1, wäre ein zumindest teilentgeltliches Rechtsgeschäft anzunehmen. Der Kläger hätte in Höhe des Teilentgelts Anschaffungskosten für das Grundstück und den Gewerbebetrieb. Die Sache wäre an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO), damit es die Höhe der auf abschreibbare Wirtschaftsgüter entfallenden Anschaffungskosten feststellt. Bejaht man die Vorlagefrage zu 1, hängt die Entscheidung davon ab, ob die monatlichen Rentenbezüge eine in vollem Umfang abziehbare dauernde Last oder eine nur mit dem Ertragsanteil abziehbare Leibrente sind. Der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage steht nicht entgegen, daß der vorlegende Senat in seinem Sinne entscheiden könnte, indem er auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zur Abgrenzung der Leibrenten und dauernden Lasten eine dauernde Last mit der Begründung annimmt, nachträgliche Änderungen des Übergabevertrages seien bei der steuerrechtlichen Abgrenzung zu beachten. Es liegt in der Zuständigkeit eines jeden Senats, die übergeordneten Rechtssätze zu bestimmen, aus denen er seine Entscheidung ableitet (BFH-Beschlüsse vom 26. November 1973
C. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegten Rechtsfragen
I. Rechtsentwicklung / bisheriger Meinungsstand
1. Nach preußischem Einkommensteuerrecht konnten "Renten" und "auf besonderen Rechtstiteln beruhende dauernde Lasten" vom (Gesamt-)Einkommen abzogen werden (§ 9 Abs.I Nr. 2 und Nr. 3 Preuß EStG 1891 bzw. § 8 Abs.II Nr. 2 Preuß EStG 1906). Diese Vorschriften waren u.a. auf Betriebs- und Vermögensübergabeverträge anwendbar (Art. 23, 24 der Anweisung des Finanzministers vom 25. Juli 1906, zitiert nach Fuisting/Strutz, Die preußischen direkten Steuern, 8.Aufl. 1916, S. 1182 ff., 1222, 1225). Dieselbe Rechtslage ergab sich nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1920, § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2 EStG 1925 (Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, § 15 Anm. 13) und § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1934, welche die auf besonderem (bis 1934: privatrechtlichen, öffentlich-rechtlichen oder gesetzlichem) Verpflichtungsgrund beruhenden Renten und dauernden Lasten zum Abzug zuließen. Vom Abzug ausgeschlossen waren Aufwendungen des Steuerpflichtigen für den Unterhalt von Angehörigen auch dann, wenn sie aufgrund einer besonderen privatrechtlichen Verpflichtung getätigt wurden (§ 8 Abs.III Nr. 2 Preuß EStG 1906; § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1920; § 15 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG 1925). Nach § 12 Nr. 2 EStG 1934 durften unbeschadet der Vorschrift des § 10 EStG 1934 freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhten, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Die Abziehbarkeit der im Zusammenhang mit Vermögensübergabeverträgen vereinbarten Versorgungsleistungen war durch diese Abzugsverbote nicht berührt.
Beim Bezugsberechtigten waren "Renten" als "Rechte auf periodische Hebungen" steuerbar (§ 7 Nr. 4 Preuß EStG 1891, § 6 Nr. 4 Preuß EStG 1906). Nach § 11 Nr. 1 EStG 1920, § 6 Abs. 1 Nr. 7, § 40 Nr. 2 Satz 1 EStG 1925 und § 22 Nr. 1 Buchst.b EStG 1934 unterlagen "Leibrenten, Leibgedinge, Zeitrenten und andere unvererbliche Renten" der Einkommensteuer.
Die Fassung des EStG 1934 bestand bis zum EStG i.d.F. des
2. Diezu den EStG 1925 und 1934 ergangene Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) sah den Grund für die Besteuerung der sonstigen wiederkehrenden Bezüge in der äußeren Form des Einkünftebezugs (grundlegend RFH-Urteil vom 7. Mai 1930
Mit Urteil vom 18. September 1952
3. Der Entwurf des
a) Der Entwurf sah vor, alle auf die Lebenszeit einer Person gezahlten Renten (Leibrenten) nur insoweit zu besteuern, als in den einzelnen Bezügen "Einkünfte aus Erträgen des Stammrechts" enthalten sind (BTDrucks II/481, S. 85 ff.), und die Vermögensumschichtung als nichtsteuerbar zu belassen. Auf Empfehlung des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (BTDrucks II/961 S. 4) wurde die Formulierung "Erträge des Rentenrechts" gewählt. Die Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a Satz 3 EStG i.d.F. des
b) Nach den dem Regierungsentwurf zugrunde liegenden Vorstellungen waren nicht nur entgeltlich erworbene Renten einschließlich der Sozialversicherungsrenten, sondern auch "unentgeltliche" Leibrenten lediglich mit einem Ertragsanteil abziehbar bzw. steuerbar. Unter "unentgeltlichen" Leibrenten verstand der Entwurf Versorgungsleibrenten, die anläßlich der Übertragung von Vermögen -namentlich landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe- im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden. Die Einbeziehung dieser unentgeltlich erworbenen Renten sei zwar nicht wirtschaftlich, aber aus systematischen Gründen geboten (BTDrucks II/481, S. 87 f.). Hierbei ging der Entwurf davon aus, daß die von der beabsichtigten Regelung betroffenen Leibrenten einschließlich der privaten Versorgungsrenten stets Rechtsfrüchte eines Leibrentenstammrechts seien. Auf dieser dogmatischen Grundlage sah der Entwurf als § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG eine Bestimmung des Inhalts vor, daß zu den Leibrenten "auch die bei dem unentgeltlichen Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebs übernommenen Altenteilsleistungen" gehören. Diese sollten -entgegen der Rechtsprechung des RFH (Urteil vom 12. September 1934
c) Der Entwurf eines § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (BTDrucks II/961, S. 27) nicht als Gesetz beschlossen. Nicht Gesetz wurde ferner ein vom Bundesrat vorgeschlagener § 4 Abs. 4 EStG, wonach zu den Betriebsausgaben auch die bei einem entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebes übernommenen Altenteilsleistungen gehören (BTDrucks II/481, S. 121); eine solche Vorschrift sollte die Rechtslage in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung klarstellen.
d) Als dauernde Last abziehbare Beträge waren und sind beim Bezieher als sonstige Einnahmen bzw. als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) steuerbar. In den EStG 1920 bis 1934 war das Leibgedinge (Altenteil) als Erscheinungsform dieser Einkünfte eigens erwähnt. Das
4. Auf der Grundlage des EStG i.d.F. des
a) Der BFH geht seit dem Urteil vom 29. März 1962
Aus einem "Begriff des Leibrentenstammrechts" wird gefolgert, daß bei einer Leibrente "gleichbleibende" Leistungen vorliegen müßten, "die Früchte eines einheitlich nutzbaren Stammrechts sind" (BFH-Urteil in BFHE 75,
Das Reichsgericht (RG) hat eine Leibrente u.a. verneint bei nicht fest bestimmten lebenslänglich wiederkehrenden Bezügen (z.B. Altenteil und allgemein gehaltene Unterhaltszusagen; vgl. RG-Urteile vom 5. April 1922
b) Hauptanwendungsfall der dauernden Last sind seit jeher lebenslängliche Versorgungsleistungen, die anläßlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden. Für die dauernde Last setzt die Rechtsprechung -zur Abgrenzung gegenüber "gleichbleibenden" Leibrenten-- voraus, daß die Möglichkeit einer Abänderung der Leistungen der Höhe nach ausdrücklich vorbehalten ist (BFH-Urteile vom 1. August 1975
Bei der Anknüpfung des Leibrentenbegriffs an das bürgerliche Recht hat der "Vorbehalt der Rechte aus §
c) Da nach § 759 BGB als Leibrente nur Geld oder vertretbare Sachen geschuldet sein können, ist nach herrschender Meinung bei verschiedenartigen Leistungsinhalten grundsätzlich für jede Leistung gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer nur mit dem Ertragsanteil steuerbaren Leibrente gegeben sind (vgl. im einzelnen Abschn.167 Abs. 1 Satz 12 Nr. 2 Buchst.b
d) Die Abziehbarkeit / Steuerbarkeit ist eingeschränkt bei allen Renten und dauernden Lasten / wiederkehrenden Bezügen aus "kauf- und darlehensähnlichen Vorgängen" (BFH-Urteil vom 13. August 1985
Bei landwirtschaftlichen Altenteilsleistungen und ähnlichen dauernden Lasten kommt eine Verrechnung mit dem übertragenen Vermögen nicht in Betracht (Urteil in BFHE 83,
5. Zur Rechtslage vor dem EStG 1975 hatte die Rechtsprechung bei "reinen Unterhaltsverträgen auf Grund des §
6. Unterhaltsrenten sind wiederkehrende Leistungen, die aus dem Rechtsgrund des § 12 Nr. 1 und 2 EStG nicht abziehbar sind. Eine Unterhaltsrente liegt dann vor, wenn der Unterhaltscharakter -auch unter Berücksichtigung einer etwa erbrachten Gegenleistung- offensichtlich überwiegt. Im Anschluß an das Urteil vom 23. Januar 1964
II. Stellungnahme des Großen Senats zu den vorgelegten Rechtsfragen
1. Das Recht der Renten und dauernden Lasten ist geregelt in § 10 Abs. 1 Nr. 1 a, § 22 Nr. 1, § 12 Nr. 1 und 2 EStG, § 7 Abs. 1, § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).
a) Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG sind Sonderausgaben die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. "Renten und dauernde Lasten" sind beim Bezieher Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören (§ 22 Nr. 1 Satz 1). Die Leibrente ist beim Verpflichteten nur mit dem gesetzlich umschriebenen Ertragsanteil abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2) und beim Bezieher in diesem Umfang steuerbar (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a EStG). Der Ertragsanteil von Renten, deren Dauer von der Lebenszeit mehrerer Personen oder einer anderen Person als des Rentenberechtigten abhängt, sowie von Leibrenten, die auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind (abgekürzte Leibrenten), ergibt sich aus der Tabelle des § 55 Abs. 2 EStDV.
b) Die in § 12 EStG genannten nicht abziehbaren Ausgaben dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit u.a. "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 bis 8 EStG " nichts anderes bestimmt ist. Vom Abzugsverbot erfaßt sind u.a. die vom Steuerpflichtigen für den Unterhalt seiner Angehörigen aufgewendeten Beträge (§ 12 Nr. 1 EStG) und nach näherer Maßgabe des § 12 Nr. 2 EStG freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht. Hiermit korrespondierend gilt für die Behandlung beim Empfänger der Bezüge: Werden die wiederkehrenden Bezüge freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt, so sind sie dem Empfänger nach dem Grundsatz des § 22 Nr. 1 Satz 2, 1.Halbsatz EStG nicht zuzurechnen, wenn der Geber unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist.
c) Ein Steuerpflichtiger, der Vermögen unter der Zusage von Versorgungsleistungen übernimmt, erwirbt auch i.S. der §§ 7 Abs. 1, 11d Abs. 1 EStDV unentgeltlich; die Versorgungsleistungen stellen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten dar (Beschluß in BFHE 161,
d) Der Große Senat hält es für notwendig, die genannten gesetzlichen Bestimmungen unter größtmöglicher Wahrung ihres tradierten und anerkannten Regelungsgehalts auszulegen (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 5. Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, 350, BStBl II 1990, 837, 845, m.w.N.). Bei der Auslegung älterer Gesetzesbestimmungen, die im Laufe der Zeit durch eine gefestigte Rechtsprechung ausgeformt sind, kommt den Rechtswerten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes besondere Bedeutung zu (vgl. Bundesgerichtshof -BGH-, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluß vom 4. Oktober 1982
2. "Leibrenten" sind nach allgemeiner Auffassung Renten (wiederkehrende Zahlungen), die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden. Sie sind insoweit steuerbar, als in den einzelnen Bezügen "Einkünfte aus den Erträgen des Rentenrechts" enthalten sind (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a Satz 1 EStG). Als Ertrag des Rentenrechts gilt für die gesamte Dauer des Rentenbezugs der Unterschied zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf ihre voraussichtliche, nach biometrischen Durchschnittswerten bemessene Laufzeit ergibt; dabei ist der Kapitalwert nach dieser Laufzeit zu berechnen (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a Satz 2 EStG). Der "Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil)" ist der Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst.a Satz 3 EStG zu entnehmen.
Wie aus der oben (C.I.3.) dargestellten Entstehungsgeschichte des
Der bisherigen Rechtsprechung ist darin zu folgen, daß der steuerrechtliche Begriff der Leibrente gleichbleibende Leistungen / Bezüge voraussetzt. Die nach dem dargelegten Gesetzeszweck einschlägigen Fälle der Leibrente -vor allem die Verrentung der Höhe nach feststehender Vermögensansprüche- sind dadurch gekennzeichnet, daß eine Versorgung des Bezugsberechtigten allenfalls Motiv für den Leistungsaustausch ist, nicht aber Vertragsinhalt in dem Sinne, daß die Höhe der Leistungen bei Änderungen in der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und / oder des Versorgungsbedürfnisses des Berechtigten schwanken könnte. Die Leibrente ist insoweit nicht anders als ein langfristig gestundeter Kaufpreis zu behandeln; bei einem reinen Austauschvertrag hat der Erwerber grundsätzlich das wirtschaftliche Geschäftsrisiko zu tragen (vgl. Pecher in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 759 Rdnr.30).
3. In sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte wiederkehrende Sach- und Geldleistungen sind dauernde Lasten, wenn sie nicht gleichbleibend sind.
a) Wie der Große Senat in seinem Beschluß in BFHE 161,
b) Die anläßlich der Übergabe von Vermögen vereinbarten Versorgungsleistungen sind Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Last; sie sind beim Bezieher nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar. Auch soweit Geldleistungen Inhalt eines solchen Versorgungsvertrages sind, haben die Vertragschließenden die rechtlich anerkannte Möglichkeit, diese als abänderbar und damit als dauernde Last zu vereinbaren. Allerdings setzt die bisherige Rechtsprechung voraus, daß die Abänderbarkeit ausdrücklich vereinbart ist. Im rechtstatsächlichen Normalfall ist durch kautelarjuristische Gestaltung, insbesondere durch "Bezugnahme auf §