I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist ein Kreditinstitut. Sie schloß in den Streitjahren auf eigene Rechnung Bausparverträge ab, die nicht für eigene Finanzierungszwecke, sondern zur Veräußerung an Kunden bestimmt waren (sog. Bausparvorratsverträge). Dem jeweiligen Erwerber eines Bausparvertrages wurde neben dem Bausparguthaben und einer Zinsausfallentschädigung regelmäßig auch die Abschlußgebühr in Rechnung gestellt.
Während die Klägerin die an die Bausparkasse geleisteten Bauspareinlagen in ihren Bilanzen als Forderungen auswies, behandelte sie die bei Vertragsabschluß fällige Abschlußgebühr in Höhe von 1 v.H. der Bausparsumme als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.
Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) die Auffassung, daß die Abschlußgebühren zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens gehörten und ließ sie in den auf den Feststellungen der Außenprüfung beruhenden Änderungsbescheiden für die Streitjahre nicht mehr zum sofortigen Abzug zu.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) in diesem Punkte statt. Die Entscheidung des FG ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 38 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 6 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1968 (KStG).
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit der Klage stattgegeben worden ist, und zur Abweisung der Klage auch insoweit (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Abschlußgebühren für die Bausparvorratsverträge rechnen ebenso wie die Bauspareinlagen zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut.
1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Wirtschaftsgüter nicht nur Gegenstände im Sinne des bürgerlichen Rechts, sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten läßt und die einen wesentlichen und über die Dauer des einzelnen Steuerabschnitts hinausreichenden Wert für das Unternehmen haben und gesondert bewertbar sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 9. Februar 1978
Diese Merkmale treffen auf die von der Klägerin abgeschlossenen Bausparvorratsverträge zu. Der in diesen Vertragsverhältnissen verkörperte Vermögenswert, für den die Klägerin Aufwendungen in Form der Abschlußgebühren und der Bauspareinlagen getätigt hat, ist einer besonderen Bewertung zugänglich und bei einer Veräußerung greifbar.
2. Die besondere Bewertungsfähigkeit der Bausparvorratsverträge ergibt sich bereits aus deren Sinn und Zweck. Diese Verträge bilden im Wirtschaftsverkehr ein Handelsobjekt; sie waren auch von der Klägerin mit der Absicht der Weiterveräußerung abgeschlossen worden.
a) Bausparverträge sind gegenseitig verpflichtende Verträge, aufgrund deren der Bausparer das aufschiebend bedingte Recht erhält, nach Leistung von Bauspareinlagen und nach Ablauf einer Wartefrist ein Bauspardarlehen zu erhalten (vgl. die gesetzliche Definition in § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Bausparkassen vom 16. November 1972, BGBl I 1972, 2097). Mit Abschluß des Bausparvertrages erhält der Bausparer zunächst nur eine Anwartschaft auf Darlehensgewährung, die sich nach Erreichung der Mindestsparsumme zu einem durch die Zuteilung aufschiebend bedingten Rechtsanspruch verdichtet (vgl. Lehmann/Schäfer, Kommentar zum Bausparkassengesetz, 2.Aufl., § 1 Anm. 13). Nach Vertragsabschluß ist eine Abschlußgebühr zu entrichten, aus der die Bausparkasse die Werbe- und Abschlußkosten bestreitet (Laux, Die Bausparfinanzierung, 5.Aufl., S. 45).
b) Bausparverträge können grundsätzlich auf einen anderen Inhaber übertragen werden. Hierbei werden entweder die Ansprüche aus dem Vertrag abgetreten oder das gesamte Vertragsverhältnis auf den Dritten übertragen (Lehmann/Schäfer, a.a.O., § 5 Anm. 36; vgl. zur rechtsgeschäftlichen Übertragung eines Schuldverhältnisses im ganzen auch Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 45.Aufl., § 398 Anm. 10).
Während jedoch die Übertragung gewöhnlicher Bausparverträge nach den Allgemeinen Bausparbedingungen erschwert ist und einer Übertragung auf fremde Personen grundsätzlich nicht zugestimmt wird, wird bei Vorratsbausparverträgen bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen Bank und Bausparkasse vereinbart, daß die Verträge spätestens vor Inanspruchnahme des Baudarlehens geteilt und auf Kunden der Bank übertragen werden (Laux, a.a.O., S. 65). Die Klägerin unterlag jedoch vor der Übertragung derselben Einschränkung in der Verfügungsfreiheit über die Bausparsumme wie jeder andere Bausparer auch.
3. Das Rechtsverhältnis Bausparvorratsvertrag ist -entsprechend seiner Zweckbestimmung im Betrieb der Klägerin- als Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens zu bilanzieren. Die Bauspareinlagen stellen hierbei lediglich einen unselbständigen Bestandteil dieses Wirtschaftsguts dar.
a) Als Wirtschaftsgut greifbar und damit zum Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinn wird ein Gegenstand spätestens dann, wenn er verwertet werden soll (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1982
b) Die Vorratsbausparverträge sind als Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG mit den Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten anzusetzen. Hierzu rechnen alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß angefallen sind, sowie alle Aufwendungen, die dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983
c) Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß der sich hiernach ergebende Wertansatz nicht den tatsächlichen Wert der Bilanzposition Bausparvorratsverträge wiedergibt, der wesentlich durch die Zuteilungsreife wie aber auch durch die Kapitalmarktsituation mitbestimmt wird. Diese Einflußfaktoren berühren die Höhe der Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten nicht, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG die Wertobergrenze bilden. Der Ausweis eines höheren Wertes kommt nach den auch für das Steuerrecht maßgeblichen handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht in Betracht, solange er nicht durch ein Veräußerungsgeschäft verwirklicht ist (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 4.Aufl., § 5 Anm. 60). d) Zu Unrecht hat das FG für seine Auffassung die Grundsätze über die Bewertung von Forderungen herangezogen. Die Bausparvorratsverträge sind keine reinen Geldwertpositionen mit Nennwertcharakter. Im übrigen kann die Abschlußgebühr auch nicht als Aufwand angesehen werden, der ausschließlich im Zusammenhang mit der Begründung der Forderung "Bauspareinlage" entstanden ist. Die Abschlußgebühr ist vielmehr Gegenleistung sowohl für den Spar-, wie auch für den Kreditvertrag (vgl. hierzu Beschluß des erkennenden Senats vom 3. November 1982
4. Aus der Behandlung der Abschlußgebühren im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kann, wie auch das FG zutreffend ausgeführt hat, für den Streitfall nichts hergeleitet werden. Für die Frage, ob die Abschlußgebühren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind, falls alleiniger Zweck des Vertragsabschlusses die Erlangung des Baudarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist (so ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 8. Februar 1983
Schließlich kann im Streitfall offenbleiben, ob die Anwartschaft auf die Gewährung eines Bauspardarlehens für sich genommen ein Wirtschaftsgut darstellt, für das Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten aufgewandt werden können (verneinend Urteil in BFHE 138,
5. Die Vorentscheidung war aufzuheben, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Aufhebung des FG-Urteils umfaßt auch die vom FA nach Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vorgenommene Betragsberechnung. Im Streitfall kann offenbleiben, ob die Betragsberechnung als Steuerbescheid i.S. des § 155 der Abgabenordnung (AO 1977) zu werten ist (vgl. hierzu Wassermeyer in Deutsches Steuerrecht 1985, 76 und 273). Denn das FA hat in den Erläuterungen zu dieser Berechnung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich hierbei lediglich um den Vollzug des Urteils und um keine Entscheidung nach § 132 AO 1977 über die Rücknahme, Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Bescheide handelt. Die (angefochtenen) Änderungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung treten damit wieder in Kraft.