Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war zusammen mit ihrem im Verlauf des Klageverfahrens verstorbenen Ehemann, dessen Rechtsnachfolge sie angetreten hat, Miteigentümerin eines Wohngrundstücks; des weiteren war sie Alleineigentümerin des angrenzenden unbebauten Grundstücks. Über beide Grundstücke führte bereits im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin bzw. die Eheleute eine 1919 errichtete 110 kV-Leitung der B-AG (Überspannung mit einer Freileitung), die im Interesse einer sicheren Stromversorgung erneuert werden sollte. Die bisherige Inanspruchnahme der Grundstücke änderte sich dadurch nicht. Der B-AG lag jedoch daran, das Überspannungsrecht dinglich zu sichern. Die Eheleute erklärten sich gegen Entschädigung zur Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit bereit.
Nach dem Inhalt der schriftlichen Vereinbarung vom 24./28. April 1987 berechtigte die Dienstbarkeit die B-AG dazu, "die genannten Grundstücke mit einer elektrischen Leitung zu überspannen und nach Fertigstellung die gesamte Leitungsanlage zu betreiben, zu unterhalten und zu diesen Zwecken obige Grundstücke zu nutzen". Hinsichtlich der Bebauung der Grundstücke ist festgehalten, daß die Errichtung von Bauwerken innerhalb eines festgelegten Schutzstreifens nur unter Wahrung des nach den VDE-Vorschriften einzuhaltenden Sicherheitsabstandes und nach Zustimmung der B-AG gestattet ist.
Den Vereinbarungen beigefügt sind Lagepläne; daraus ergibt sich, daß das Wohngrundstück von der Freileitung zwar nicht überspannt ist, jedoch innerhalb des östlichen Schutzstreifens liegt; die Freileitung überspannt die südwestliche Ecke des unbebauten Grundstücks, das im übrigen nur im nordöstlichen Schutzstreifen der Freileitung liegt.
Die B-AG bezahlte nach Abschn. III der Verträge als Gegenleistung für die Einräumung der "vorstehenden Rechte" für das Wohngrundstück eine Entschädigung von 25 850 DM und für das unbebaute Grundstück von 11 000 DM. Baum- und Flurschäden sollten nach Schätzung besonders vergütet werden.
Die 1987 zugeflossenen Beträge erklärten die Eheleute in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für dieses Jahr zunächst als Einkünfte aus Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte im Einkommensteuerbescheid den Angaben der Kläger. Mit der Sprungklage, der das FA zugestimmt hat, vertraten die Kläger die Auffassung, die Entschädigung sei für eine eigentumsbeschränkende Maßnahme gewährt worden. Sie hätten sich nur angesichts der sonst drohenden Enteignung zu dieser Vereinbarung bereit erklärt. Die Voraussetzungen des § 22 Nr. 3 EStG seien nicht erfüllt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und ausgeführt:
Im Zeitpunkt des Erwerbs der Grundstücke durch die Eheleute bzw. die Klägerin seien diese Grundstücke bereits mit der 1919 errichteten 110 kV-Freileitung überspannt gewesen. Der wirtschaftliche Sinn der Vereinbarung zwischen den Klägern und der B-AG sei deshalb nur die dauerhafte dingliche Sicherung der bisher zivilrechtlich nicht abgesicherten Überspannung. Auch wenn mit der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit eine endgültige, die Kläger in ihren Eigentumsrechten beschränkende Regelung hinsichtlich der Überspannungsrechte verbunden gewesen sei, bedeute dies nicht die endgültige --teilweise-- Aufgabe eines Vermögenswertes in seiner Substanz, denn die Kläger hätten die Grundstücke auch nach der Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht anders als zuvor als Eigentümer nutzen, nach Maßgabe der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften und bei Beachtung der Überspannung bebauen sowie an Dritte veräußern können.
Die dingliche Absicherung des bisherigen Zustandes durch Einräumung der Grunddienstbarkeit und der damit verbundene Verzicht auf u.U. bestehende Widerrufsrechte der Kläger sei vergleichbar dem Verzicht auf die Ausübung von Nachbarrechten. Ein solcher Rechtsverzicht zähle nach der Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Oktober 1982
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 22 Nr. 3 EStG.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Einkommensteuerbescheid 1987 vom 3. Januar 1989 in der Weise zu ändern, daß der Gesamtbetrag der Einkünfte um 36 850 DM gemindert und die Einkommensteuer um 15 476,40 DM herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zu Unrecht hat das FG das an die Klägerin gezahlte Entgelt für die Belastung des ihr allein gehörenden Grundstücks für Zwecke der öffentlichen Stromversorgung als sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 EStG beurteilt. Hinsichtlich des der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann als Miteigentümer gezahlten Entgelts für die Belastung des angrenzenden Grundstücks verletzt die Entscheidung § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO 1977).
I. Die Entschädigung von 11 000 DM für die Belastung des der Klägerin allein gehörenden Grundstücks unterliegt nicht der
Einkommensteuer.
1. Das FG geht im Ergebnis zutreffend davon aus, daß das Entgelt für die Einräumung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört.
a) Nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken. Grundsätzlich kann das Entgelt für die zeitlich begrenzte Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu beurteilen sein. Durch die Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -- BGB -kann der Eigentümer dem Berechtigten die Befugnis einräumen, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu nutzen. Hat eine solche Belastung keinen endgültigen Rechtsverlust (Eigentumsverlust) zur Folge, kann das Entgelt hierfür als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu beurteilen sein, wenn es sich nach seinem wirtschaftlichen Gehalt als Gegenleistung für die Nutzung eines Grundstücks des Privatvermögens darstellt (BFH-Urteil vom 19. April 1994 IX R 19/90, BFHE 174, 342, BStBl II 1994, 640 für die befristete Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; vgl. auch BFH-Urteile vom 14. Oktober 1982
b) Inhalt einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit kann auch die Verpflichtung des Eigentümers sein, auf dem belasteten Grundstück gewisse Handlungen zu unterlassen (§ 1090 BGB i.V.m. § 1018 BGB), etwa, das Grundstück in bestimmter Weise nicht zu bebauen (ausführlich Falckenberg in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--, 2. Aufl., § 1018 Rz. 35 ff.). Die Hinnahme einer Gebrauchsminderung des Grundstücks, ohne daß einem Dritten eine Nutzung eingeräumt wird, kann nicht als Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG qualifiziert werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. September 1985
c) Durch eine persönliche Dienstbarkeit kann dem Berechtigten eine Nutzungsbefugnis eingeräumt werden. Zusätzlich kann sich der Eigentümer zu einer Nutzungsbeschränkung verpflichten, die nicht lediglich die Kehrseite der Nutzungsüberlassung selbst darstellt. Kommt die steuerliche Zuordnung des Entgelts aus ein und demselben Rechtsgeschäft zu mehreren Einkunftsarten in Betracht, richtet sich, wenn beide Inhalte eng miteinander verflochten sind, die Qualifizierung grundsätzlich nach dem Teil der Leistung des Steuerpflichtigen, der der Gesamtleistung das Gepräge gibt (BFH-Urteile vom 26. August 1975
d) Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet bei dem streitbefangenen Grundstück der Klägerin eine Zuordnung des Entgelts zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus.
Nach dem vom FG festgestellten Inhalt des Vertrages über die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit war die B-AG berechtigt, in den Grenzen der bisherigen --dinglich allerdings noch nicht abgesicherten-- tatsächlichen Grundstücksinanspruchnahme durch die bereits 1919 errichtete Freileitung, das Grundstück "mit einer elektrischen Leitung zu überspannen", diese zu "betreiben, zu unterhalten und zu diesem Zweck das Grundstück zu benutzen". Neben dem Nutzungsinhalt der Dienstbarkeit steht der Verbotsinhalt, wonach auf dem Grundstück innerhalb des Schutzstreifens die Errichtung von Bauwerken, die Unterhaltung von Anlagen und Anpflanzungen nur in bestimmtem Umfang und nur mit Zustimmung der B-AG zulässig sind. Insoweit fehlt es an einer entsprechenden Nutzungsbefugnis der B-AG. Hinsichtlich des konkreten Umfanges der Inanspruchnahme beziehen sich der Vertrag und die --für die Auslegung von Dienstbarkeiten maßgebliche (vgl. Falckenberg in MünchKomm, § 1018 Rz. 14, 17, m.w.N.)-- Eintragsbewilligung auf den beigefügten Lageplan. Danach liegt das Grundstück überwiegend im Schutzbereich der Leitung. Nur die südöstliche Ecke des Grundstücks ist geringfügig von der bestehenden Leitung überspannt. Diese Belastung fällt angesichts des Umfangs der Belastung durch die Baubeschränkung ohne hiermit korrespondierende Überspannung nicht ins Gewicht. Danach kommt eine Zuordnung der Einnahme zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht in Betracht.
Der Senat weicht nicht von der Entscheidung des IX. Senats in BFHE 174, 342, BStBl II 1994, 640 ab. Abgesehen davon, daß dort anders als im Streitfall eine befristete Dienstbarkeit eingeräumt wurde, führte die Leitungstrasse einschließlich dazugehörender Masten und Zubehör über die Grundstücke. Der Nutzungsinhalt der Dienstbarkeit war danach --anders als im Streitfall-- nicht unwesentlich.
2. Der Entschädigungsbetrag gehört auch nicht zu den Einkünften i.S. des § 22 Nr. 3 EStG.
a) Nach dieser Vorschrift sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6) noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird; ausgenommen sind Veräußerungsvorgänge --Veräußerungen eines Wirtschaftsgutes i.S. von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 EStG (BFH-Urteil vom 14. November 1978
b) Entgelte für wertmindernde Einschränkungen der Rechte eines Grundstückseigentümers werden nach der Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen nach § 22 Nr. 3 EStG erfaßt. Hierzu führt der BFH in BFHE 145,
c) Eine Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG liegt auch nicht darin, daß der Steuerpflichtige zur Vermeidung einer förmlichen Enteignung daran mitwirkt, eine dem Ergebnis eines Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung hinzunehmen (vgl. bereits Senatsurteil vom 10. August 1994
Eine Enteignung ist nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BVerfG-Urteil vom 18. Dezember 1968
Aus den Entscheidungen des IV. Senats vom 24. März 1982
d) Entgegen der Auffassung des FG ist es ohne Bedeutung, daß die Einräumung der Dienstbarkeit einen bereits bei Erwerb des Grundstücks bestehenden Zustand und für die Zukunft die Wartung und Erneuerung der bereits bestehenden Freileitung sichern sollte. Die frühere Gestattung der Voreigentümer begründet keinen --entschädigungslosen-- Duldungsanspruch der Kläger (z.B. BGH-Urteil vom 19. Dezember 1975
e) Die Entschädigung ist schließlich auch nicht nach § 24 Nr. 3 EStG steuerbar. Danach gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG auch die Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke. Diese Vorschrift erweitert die Steuerpflicht nicht (BFH-Urteil vom 21. April 1966
II. Die Vorentscheidung, die teilweise von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, ist aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Hinsichtlich der Entschädigung für die Belastung des der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann als Miteigentümer gehörenden Grundstücks hätte das FG das Verfahren gemäß § 74 FGO aussetzen und den Abschluß des Verfahrens über die gesonderte Feststellung abwarten müssen.
1. Nach § 179 Abs. 2 S. 2 und § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.a AO 1977 werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind, gesondert und einheitlich festgestellt. Die Regelung enthält zwingendes Recht und läßt keinen Dispositionsspielraum für die Rechtsanwendung. Eine gesonderte und einheitliche Feststellung ist nach diesen Vorschriften schon dann erforderlich, wenn zweifelhaft ist, ob einkommensteuerpflichtige Einkünfte vorliegen, an denen mehrere Personen beteiligt bzw. ob sie mehreren Personen zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 12. November 1985
2. Die Notwendigkeit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung durfte nicht mit der Begründung verneint werden, es handele sich um einen Fall von geringer Bedeutung (§ 180 Abs. 3 AO 1977 i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986). Ein Fall von geringer Bedeutung ist nur anzunehmen, wenn es sich um einen leicht überschaubaren Sachverhalt handelt, die Ermittlung der Einkünfte hinsichtlich Höhe und Zurechnung einfach ist und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nahezu ausgeschlossen ist (BFH in BFHE 145,
3. Für die Frage, ob Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.a AO 1977 gesondert und einheitlich festzustellen sind, kommt es schon wegen der Bedeutung dieser Vorschrift für das materielle Abgabenrecht, vor allem wegen der Festsetzungsverjährung (vgl. § 171 Abs. 10 AO 1977) allein auf die Verhältnisse im jeweiligen Feststellungszeitraum an. Dementsprechend stellt § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst.b AO 1977 i.d.F. des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993,
Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus dem Urteil des IX. Senats in BFHE 174, 342, BStBl II 1994, 640. Die Frage der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte der Miteigentümer ist in dieser Entscheidung nicht thematisiert worden. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt ist nicht erkennbar, warum eine gesonderte Feststellung nicht erforderlich war. Es kann nicht unterstellt werden, daß der IX. Senat stillschweigend von der bisherigen Rechtsprechung abweichen wollte.
4. Das FG hat in einem solchen Fall das Klageverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid gemäß § 74 FGO auszusetzen und den Abschluß eines Verfahrens der gesonderten Feststellung abzuwarten. Der Verstoß hiergegen berührt die Grundordnung des Verfahrens; er stellt einen wesentlichen auch ohne entsprechende Rüge im Revisionsverfahren zu beachtenden Verfahrensmangel dar (BFH in BFHE 145,
Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO durfte auch nicht im Hinblick auf § 155 Abs. 2 AO 1977 unterbleiben. Hiernach darf das FA einen Folgebescheid mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen erlassen, wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht ergangen war (§ 162 Abs. 3 AO 1977 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 20. August 1980, BGBl I 1980,