I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden.
Die Klägerin war durch Ehe- und Erbvertrag ihrer Adoptiveltern als Alleinerbin des länger lebenden Elternteils eingesetzt worden. Nachdem der Adoptivvater, der zugleich leiblicher Vater der Klägerin war, im Jahr 1975 verstorben war, übertrug die Adoptivmutter ohne Gegenleistung erhebliche Vermögenswerte, darunter auch Wertpapiere und Sparbücher bei schweizerischen Banken, auf X. Nach dem Tod der Adoptivmutter am 3. Juni 1980 wurde die Klägerin als deren Alleinerbin festgestellt.
X verweigerte die Herausgabe der ihm von der Erblasserin geschenkten Werte. Die Klägerin erhob daraufhin Klage auf Herausgabe der Schenkungen einschließlich Auskunft über gezogene Nutzungen und Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Betrags seit dem Tod der Adoptivmutter. Das Verfahren endete am 29. November 1982 durch einen gerichtlichen Vergleich. In ihm verpflichtete sich X, die Schweizerische Y-Bank anzuweisen, die Konten zum 31. Dezember 1982 abzurechnen und auf die Klägerin zu übertragen sowie ihr die Sparhefte auszuhändigen. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits, an X 1/5 des sich aus der Abrechnung ergebenden Betrags zu zahlen. Der Klägerin wurden aufgrund des Vergleichs 4/5 des in der Schweiz angelegten Vermögens mit Wirkung vom 31. Dezember 1982 übertragen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) vertrat in dem geänderten und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1982 vom 11. September 1985 die Auffassung, daß die anteiligen Zinserträge für die Zeit vom 3. Juni 1980 bis 31. Dezember 1982 in Höhe von 18.637 DM (4/5 des gesamten Zinsertrags) bei der Klägerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu behandeln seien. Die Klägerin ist der Ansicht, daß sie vor dem 1. Januar 1983 keine Nutzungen aus dem im Eigentum des X befindlichen Kapitalvermögen bezogen habe. Die Zinsen bis zu diesem Zeitpunkt habe X erhalten; er müsse sie daher auch versteuern. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führt aus, der Teilbetrag von 18.637 DM, der von der gesamten Vergleichssumme betragsmäßig unstreitig auf Nutzungen entfällt, die der Beschenkte während der Zeit vom 3. Juni 1980 bis 31. Dezember 1982 aus den geschenkten Wertpapieren und Sparbüchern gezogen hat, sei bei der Klägerin im Streitjahr den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzurechnen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987,
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von § 20 EStG. Das FG weiche zu Unrecht vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. März 1982
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es hält daran fest, daß die strittigen Zinsen den Klägern als Einnahmen aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überläßt (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 24. April 1990
2. Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht nicht nur derjenige, der ursprünglich Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlassen hat, sondern auch dessen Nachfolger in dem Rechtsverhältnis, das der Überlassung des Kapitals zur Nutzung zugrunde liegt, soweit ihm die Einnahmen aus Kapitalvermögen gebühren (ständige Rechtsprechung des BFH, Beschluß des Großen Senats vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, 438, BStBl II 1983, 272, 274; Urteile vom 9. März 1982
An der Berücksichtigung des § 101 BGB im Steuerrecht ist im Schrifttum Kritik geübt worden (u.a. Heinicke, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft -DStJG-- Bd.10, 99, 129; Voß, Der Betrieb -DB- 1985,
Vereinbarungen nach § 101 BGB setzen stets voraus, daß die Beteiligten fruchtziehungsberechtigt sind. Es sind Regelungen, die zwischen mehreren Berechtigten getroffen werden. Jeder Beteiligte überläßt -auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen bezogen- zeitlich versetzt Kapital gegen Entgelt zur Nutzung. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Sach- und Rechtslage grundlegend von den Fällen, in denen ein Kapitalertrag oder eine Anwartschaft auf einen Kapitalertrag an einen Dritten abgetreten wird, der nie Stammrechtsinhaber war. Hierauf ist bereits in BFHE 136,
3. Die Berücksichtigung von § 101 BGB führt im Streitfall zu einem angemessenen Ausgleich zwischen den Beteiligten. Die Vorschrift ist auch im Verhältnis zwischen dem Vertragserben und dem Beschenkten anwendbar, wenn der Beschenkte aufgrund von § 2287 i.V.m. § 818 BGB an den Vertragserben Nutzungen herauszugeben hat, weil der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht hat. Nach dem Ehe- und Erbvertrag der Adoptiveltern der Klägerin war diese Alleinerbin des länger lebenden Elternteils. Bis zum Tod der Adoptivmutter am 3. Juni 1980 standen der Klägerin die bis dahin zufließenden Zinsen nicht zu. Zinsen gebührten ihr vielmehr erst von diesem Zeitpunkt an. Dementsprechend erfaßt der Bereicherungsanspruch nach § 2287 BGB auch nur Zinsen, die nach dem Erbanfall am 3. Juni 1980 zufließen.
Der Anspruch der Klägerin wurde durch den gerichtlichen Vergleich vom 29. November 1982 bestätigt. In ihm verpflichtete sich X, die Schweizerische Y-Bank anzuweisen, die Konten zum 31. Dezember 1982 abzurechnen und auf die Klägerin zu übertragen sowie ihr die Sparhefte auszuhändigen. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits, an X 1/5 des sich aus der Abrechnung ergebenden Betrags zu bezahlen.
Der Senat hält es für sachgerecht, daß der Klägerin die ihr zugeflossenen anteiligen Zinsen für die Zeit vom 3. Juni 1980 bis 31. Dezember 1982 zugerechnet und von ihr versteuert werden, denn sie ist in den Genuß der Nutzungen aus der Kapitalüberlassung für diese Zeit gelangt. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, X müsse an ihrer Stelle die Zinsen versteuern und könne die Rückzahlung der Zinsen nicht einkommensmindernd berücksichtigen, weil es sich um eine steuerlich unbeachtliche Vermögensverwendung handle, wird der Sach- und Rechtslage nicht gerecht. X sind die Zinsen für die Zeit vom 3. Juni 1980 bis 31. Dezember 1982 insoweit nicht verblieben. Sie erhöhten nicht seine Leistungsfähigkeit, so daß es auch nicht gerechtfertigt ist, die Zinsen bei X zur Einkommensteuer heranzuziehen.
4. Anhaltspunkte, daß im Streitfall das Steuergesetz durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts umgangen werden sollte (§ 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -), sind nicht ersichtlich.