Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten. Sie sind beide Angestellte eines Kinder- und Jugendhilfe-Vereins (V), und zwar als Sozialpädagoge bzw. Erzieherin. Die Klägerin leitet eine sog. "beziehungsorientierte Wohngruppe", eine sonstige betreute Wohnform i.S. des §
Der V ist ein privater Träger der Kinder- und Jugendhilfe, der ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken der Kinder- und Jugendhilfe dient und insbesondere Heime, Jugendwohngemeinschaften, erlebnispädagogische Projekte und familienanaloge Wohngruppen betreibt. Er schließt mit der Pflegesatzkommission, vertreten durch das Jugendamt der Stadt, jährlich im Wege der vereinfachten Fortschreibung eine Pflegesatzvereinbarung. Der Pflegesatz ist das Entgelt für die Erfüllung eines Betreuungsauftrags. Er betrug bei Unterbringung in einer stationären Wohngruppe im Streitjahr täglich 198,67 DM, davon entfielen auf Personalkosten 141,59 DM und auf Sachkosten 57,08 DM. Darüber findet eine Abrechnung im Einzelfall nicht statt.
Im Streitjahr (1996) zahlte der V der Klägerin pro Kind und Monat neben dem Gehalt einen Betrag von 1 110 DM zum Ausgleich der Sachkosten. Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen:
Telefon 25,00 DM
Porto 5,00 DM
Energiekosten 110,00 DM
Reinigungskosten 30,00 DM
Mieten u. Pachten 300,00 DM
Ersatzbeschaffung 70,00 DM
Lebensmittel 270,00 DM
Päd. Betreuung 80,00 DM
Bekleidung 70,00 DM
Fahrtkosten Außenst. 150,00 DM
Gesamt 1 110,00 DM
Die erstatteten Sachkosten waren nach Angaben der Kläger mit Ausnahme der Positionen Reinigung und Bekleidung unabhängig von den individuellen Umständen des Betreuers.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger im Zusammenhang mit der Wohngruppenbetreuung negative Einkünfte in Höhe von 391 DM aus Vermietung und Verpachtung geltend, weil sie dem V zwei Kinderzimmer vermietet hätten (Einnahmen 7 200 DM, Werbungskosten 7 591 DM). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte diese negativen Einkünfte nicht an und setzte stattdessen positive Einkünfte aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit in Höhe von 8 640 DM an (Einnahmen 12 x 2 x 1 110 DM = 26 640 DM abzgl. Werbungskosten pauschal 12 x 2 x 750 DM).
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage weitgehend statt, indem es weder die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch Einkünfte aus selbständiger Arbeit ansetzte. Die Sachkostenpauschale sei als steuerfreier Auslagenersatz i.S. des § 3 Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002,
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA geltend, die Voraussetzungen für einen steuerfreien Auslagenersatz seien nicht erfüllt, weil die Klägerin über die tatsächlichen Aufwendungen nicht abrechne. Außerdem führe die Bereitstellung von Wohnraum zu steuerpflichtigen Einkünften.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Der erkennende Senat kann den vom FG getroffenen Feststellungen nicht entnehmen, ob die Klägerin mit der Betreuung der Kinder in der häuslichen Wohngruppe selbständig oder als Arbeitnehmerin des V tätig ist. Unstreitig ist die Klägerin Arbeitnehmerin des V und dort als Erzieherin beschäftigt. Aus der Vorentscheidung ergibt sich aber nicht, ob sich diese Beschäftigung ausschließlich auf die Wohngruppenbetreuung bezieht oder ob die Klägerin auch noch andere Tätigkeiten als Erzieherin für den V ausübt. Darüber gibt auch der in den beigezogenen Akten befindliche Dienstvertrag keine eindeutige Auskunft. Die steuerrechtliche Würdigung der Betreuungstätigkeit unterliegt unterschiedlichen Regelungen, je nach dem, ob die Klägerin bei der Wohngruppenbetreuung selbständig oder nichtselbständig tätig war.
a) War die Klägerin mit der Wohngruppenbetreuung als Arbeitnehmerin des V tätig, bezog sich ihr Gehalt auf die Betreuungstätigkeit. Die Pauschale von 1 110 DM je Monat und Kind war dann eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers, die entweder als Arbeitslohn oder als durchlaufende Gelder bzw. Auslagenersatz i.S. des § 3 Nr. 50 EStG zu beurteilen sein kann. Handelt es sich um Arbeitslohn, liegen Einnahmen i.S. des § 19 EStG vor. Bei der Ermittlung der Einkünfte sind andererseits die durch die Betreuung veranlassten und von der Klägerin getragenen Kosten als Werbungskosten abzuziehen. Werden die Pauschalen als Leistung i.S. des § 3 Nr. 50 EStG beurteilt, gehen sie in die Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit überhaupt nicht ein.
b) War die Klägerin außerhalb der Wohngruppenbetreuung für den Arbeitgeber tätig, bezog sie ihr Gehalt für jene Tätigkeit. Die Betreuung würde sich dann als eine zusätzliche Betätigung der Klägerin darstellen, die mit der pauschalen Zahlung vergütet wurde. Soweit die Klägerin mit Gewinnerzielungsabsicht tätig war, bezog sie dann Einkünfte i.S. des § 18 EStG. Dabei würde es sich nicht um Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG handeln, wie das FA angenommen hat, sondern um Einkünfte aus einer erzieherischen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, wenn die Erziehung der Gesamtheit der Betreuungsleistung das Gepräge gegeben hat (Senatsurteile vom 17. Mai 1990
2. Der Senat verweist das Verfahren an das FG zurück, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können. Sollte das FG danach zu der Auffassung gelangen, dass die Klägerin mit der Wohngruppenbetreuung als Arbeitnehmerin tätig war, wird es zu berücksichtigen haben, dass sich aus der Pflegesatzvereinbarung des Jugendamtes mit den Trägern von Jugendpflegeeinrichtungen noch nicht ergibt, dass in der vereinbarten Höhe in jedem Einzelfall auch tatsächlich entsprechende Sachkosten entstehen. Dies zeigt sich im Streitfall schon dadurch, dass die Aufteilung der Kostenpauschale durch den V nicht mit den im Pflegesatz enthaltenen Einzelbeträgen für die betreffenden Kostenpositionen übereinstimmt. Es erscheint danach --ganz abgesehen von der absoluten Höhe der Pauschale-- zweifelhaft, ob nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. August 1995
Ist die Pauschale nicht als Auslagenersatz i.S. des § 3 Nr. 50 EStG anzusehen und deshalb als Arbeitslohn zu betrachten, muss das FG im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO Feststellungen zur Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen der Klägerin treffen. Soweit sich dem Grunde nach feststehende Kosten der Höhe nach nicht mehr genau feststellen lassen, kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen von seiner Schätzungsbefugnis Gebrauch machen.
3. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Denn sowohl das FA als auch der zwischenzeitlich verstorbene Prozessbevollmächtigte der Kläger haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. An den Verzicht sind die Kläger auch nach dem Wechsel des Prozessbevollmächtigten gebunden (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1988
Aus der Pflegesatzvereinbarung des Jugendamtes mit den Trägern von Jugendpflegeeinrichtungen ergibt sich noch nicht, dass in der vereinbarten Höhe in jedem Einzelfall auch tatsächlich entsprechende Sachkosten entstehen. Soweit Zweifel daran bestehen, dass im Großen und Ganzen Aufwendungen in Höhe der Pauschale angefallen sind, gehen diese nach allgemeinen Grundsätzen zu Lasten der Steuerpflichtigen.