I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) einen Anspruch auf Ausschüttung einer Dividende zum Ende des Streitjahrs ("phasengleich") aktivieren darf, obwohl die Gesellschafterversammlung der ausschüttenden Gesellschaft (nachfolgend: H-AG) den Gewinnverwendungsbeschluss erst im Folgejahr gefasst hat. Die Einzelheiten des Sach- und Streitstands ergeben sich aus dem Beschluss des Senats vom 16. Dezember 1998
Mit dem vorgenannten Beschluss hatte der Senat verschiedene Fragen, die die Problematik der "phasengleichen Aktivierung" betreffen, dem Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Entscheidung vorgelegt. Der Große Senat hat über die Vorlage mit Beschluss vom 7. August 2000 GrS 2/99 (BFHE 192, 339, BStBl II 2000,
Die Klägerin hat im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats an ihrem im Vorlagebeschluss (BFHE 187,
II. Die Revision ist unbegründet. Das Finanzgericht (FG) hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der streitige Ausschüttungsanspruch in der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1985 nicht aktiviert werden darf und dass deshalb der im Jahr 1986 ausgeschüttete Betrag den Gewinn der Klägerin für dieses Jahr erhöht. Die hiernach materiell-rechtlich gebotene steuerliche Erfassung des Vorgangs scheitert entgegen der Ansicht der Klägerin nicht an § 176 der Abgabenordnung (AO 1977):
1. Nach dem Beschluss des Großen Senats (BFHE 192, 339, BStBl II 2000,
2. Wie der Große Senat weiter entschieden hat, ist es allerdings denkbar, dass eine Dividendenforderung als wirtschaftlich verselbstständigtes Wirtschaftsgut nicht erst mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern schon zu einem früheren Zeitpunkt entsteht (Beschluss in BFHE 192, 339, BStBl II 2000,
3. Eine Dividendenforderung kann nach Auffassung des Großen Senats am Bilanzstichtag zum einen nur insoweit als eigenständiges Wirtschaftsgut entstanden sein, als zum Bilanzstichtag ein Gewinn der beherrschten Gesellschaft auszuweisen und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn bekannt ist. Zum anderen muss anhand objektiver Gesichtspunkte nachgewiesen sein, dass die Gesellschafter jener Gesellschaft am Bilanzstichtag endgültig entschlossen waren, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Diese Voraussetzungen müssen anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien festgestellt werden können, die weder unterstellt noch vermutet werden dürfen (Beschluss in BFHE 192, 339, BStBl II 2000,
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, dass die H-AG im Jahr 1985 über erhebliche freie Rücklagen verfügt habe. Ebenso muss nicht dem weiteren Vorbringen der Klägerin nachgegangen werden, sie --die Klägerin-- habe im Streitjahr 1985 Abschlüsse auf Monatsbasis erstellt und deshalb am Bilanzstichtag 31. Dezember 1985 ihren Jahresüberschuss sehr genau voraussagen können. Denn auch wenn beides zutrifft, ergibt sich hieraus nicht, dass die Klägerin als Gesellschafterin der H-AG zur Ausschüttung eines bestimmten Betrags unwiderruflich entschlossen war und dass dies durch objektiv nachprüfbare Umstände belegt ist. Dessen bedürfte es aber für die Annahme, dass schon am 31. Dezember 1985 der Dividendenanspruch gegenüber der H-AG als selbstständiges Wirtschaftsgut entstanden ist.
a) Bei dieser Würdigung geht der Senat zum einen davon aus, dass ein zivilrechtlich noch nicht entstandener "Anspruch auf Ausschüttung" nur dann zum Wirtschaftsgut erstarkt sein kann, wenn die --nachweisbar endgültig gefasste-- Ausschüttungsabsicht des beherrschenden Gesellschafters (Alleingesellschafters) sich auf einen genau festgelegten Betrag bezieht. Insbesondere reicht es hierfür nicht aus, dass die Höhe des auszuschüttenden Betrags nur ungefähr feststeht und seine exakte Bezifferung von erst in der Zukunft erkennbaren Umständen abhängig ist. Denn eine in diesem Sinne unbestimmte Forderung würde ein fremder Kaufmann nicht entgeltlich erwerben, was das maßgebliche Kriterium für die Verselbstständigung des Dividendenanspruchs ist (Beschluss des Großen Senats in BFHE 192, 339, BStBl II 2000,
Denn es ist weder vom FG festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, dass an dem hier maßgeblichen Bilanzstichtag die Höhe der zu beschließenden Gewinnausschüttung endgültig feststand. Sowohl die Interessenlage der Klägerin als auch die spätere Entwicklung zeigen vielmehr, dass der Ausschüttungsbetrag letztlich danach bestimmt wurde, welchen (zusätzlichen) Ertrag die Klägerin zum Ausgleich ihres Verlustvortrags benötigte. Die hierfür maßgeblichen Umstände waren jedoch, wie der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss (BFHE 187,
b) Zum anderen fehlt es im Streitfall an der Endgültigkeit eines etwa bestehenden Ausschüttungswillens, die nach der Entscheidung des Großen Senats ebenfalls Vorbedingung für die "phasengleiche Aktivierung" eines Dividendenanspruchs ist. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass und wodurch die Klägerin gehindert gewesen wäre, einen vor dem 31. Dezember 1985 gefassten Entschluss im weiteren Verlauf aufzugeben oder zu modifizieren. Eine solche Entwicklung mag zwar unwahrscheinlich gewesen sein, zumal die Klägerin die Beteiligung an der H-AG erkennbar in der Absicht erworben hatte, durch die Aktivierung eines Dividendenanspruchs ihren Verlustvortrag zu "retten". Allein daraus kann indessen, wie der Große Senat ausdrücklich ausgeführt hat, die Entstehung eines Wirtschaftsguts "Dividendenforderung" nicht geschlossen werden. Vor diesem Hintergrund greift im Streitfall zusätzlich die Erwägung durch, dass ein fremder Dritter der Aussicht auf die Ausschüttung schon deshalb keinen eigenständigen Wert beigemessen hätte, weil er mit einem späteren Meinungswandel der Klägerin hätte rechnen müssen (Beschluss in BFHE 192, 339, BStBl II 2000,
4. Im Ergebnis durfte die Klägerin mithin den Anspruch gegen die H-AG, der durch den im Jahr 1986 gefassten Gewinnverwendungsbeschluss entstand, nicht in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1985 aktivieren. Die Entstehung dieses Anspruchs erhöht deshalb nicht ihren im Streitjahr 1985 entstandenen steuerlichen Gewinn. Vielmehr ist sie bei der Veranlagung der Klägerin für das Streitjahr 1986 gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dem entspricht die Sachbehandlung durch das FA und das FG, die deshalb materiell-rechtlich zutreffend ist.
5. Die auf dieser Basis erlassenen Bescheide sind nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes rechtsfehlerhaft. Insbesondere greift § 176 AO 1977, auf den sich die Klägerin in diesem Zusammenhang beruft, im Streitfall nicht ein.
a) Nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Diese Vorschrift hält die Klägerin deshalb für im Streitfall einschlägig, weil das FA im ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheid für 1985 den Ausschüttungsanspruch gegen die H-AG gewinnerhöhend berücksichtigt hatte und hiervon erst in einem später erlassenen --auf § 164 Abs. 2 AO 1977 gestützten-- Änderungsbescheid abgerückt ist. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen:
aa) Allerdings kann der Klägerin insoweit gefolgt werden, als die Berücksichtigung des Dividendenanspruchs in dem ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheid 1985 auf der zuvor veröffentlichten Rechtsprechung zur phasengleichen Aktivierung beruhte (ebenso bereits Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 187,
bb) Durch die im vorliegenden Verfahren ergangene Entscheidung des Großen Senats ist zwar die Rechtsprechung zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen --nunmehr-- geändert worden. Dies führt jedoch ebenfalls nicht zur Anwendung des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977. Wie schon aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ("Bei der Aufhebung oder Änderung ...") hervorgeht, greift diese nämlich nur dann ein, wenn sich die Rechtsprechung in der Zeit zwischen dem Erlass des ursprünglichen Bescheids und dem Erlass des Änderungsbescheids geändert hat (BFH-Urteile vom 11. Januar 1991
b) Im Ergebnis dasselbe gilt im Hinblick auf § 176 Abs. 2 AO 1977, auf den sich die Klägerin ebenfalls berufen hat. Diese Vorschrift setzt voraus, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Die betreffende Erklärung muss ebenfalls zeitlich nach dem Erlass des geänderten, aber vor dem Erlass des Änderungsbescheids erfolgt sein (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1988
Die Entscheidung geht zurück auf den Beschluss des Großen Senats vom 7.8.2000 (BStBl II, 632). Es ist allerdings auch nach dieser Rechtsprechung denkbar, dass eine Dividendenforderung als wirtschaftlich verselbständigtes Wirtschaftsgut nicht erst mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern schon zu einem früheren Zeitpunkt entsteht. In diesem Fall muss er in der Bilanz der beteiligten Gesellschaft aktiviert werden.
Eine Dividendenforderung kann am Bilanzstichtag aber nur insoweit als eigenständiges Wirtschaftsgut entstanden sein, als zum Bilanzstichtag ein Gewinn der beherrschten Gesellschaft auszuweisen und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn bekannt ist. Zum anderen muss anhand objektiver Gesichtspunkte nachgewiesen sein, dass die Gesellschafter jener Gesellschaft am Bilanzstichtag endgültig entschlossen waren, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Diese Voraussetzungen müssen anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien festgestellt werden können. Maßgebliches Kriterium für die Verselbständigung des Dividendenanspruchs ist, dass ein fremder Kaufmann die Forderung entgeltlich erwerben würde.