Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 11. Mai 2016
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I.
Der Ehemann (E) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Es handelte sich um einen Hof i.S. der
Mit notariell beurkundetem Hof-Überlassungsvertrag von November 2002 übertrug E den Hof an seinen Sohn (S). E behielt sich auf seine Lebensdauer das unentgeltliche Nießbrauchsrecht an dem überlassenen Grundbesitz vor. Darüber hinaus behielt sich E für die Klägerin ein durch seinen Tod aufschiebend bedingtes unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem überlassenen Grundbesitz vor, das S der Klägerin in dem Hof-Überlassungsvertrag einräumte.
E erhielt aufgrund des Nießbrauchs auch nach Abschluss des Hof-Überlassungsvertrags die Pachteinnahmen, die er weiterhin als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft versteuerte.
E verstarb im Jahr 2006. Mit seinem Tod stand der Klägerin das ihr in dem Hof-Überlassungsvertrag eingeräumte Nießbrauchsrecht vollen Inhalts zu. Auch sie erklärte als Nießbrauchsberechtigte aus der Verpachtung Einkünfte aus § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die sie durch Betriebsvermögensvergleich für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr ermittelte.
Mit Vertrag von Dezember 2008 veräußerte S die Hofstelle sowie einen Teil des Grund und Bodens (insgesamt ... ha) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 an H. Der Vertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass sich H mit der Klägerin über die Entlassung des verkauften Grundbesitzes aus der Pfandhaft für ihr Nießbrauchsrecht einigte. Mit weiterem Vertrag von Dezember 2008 vereinbarten H und die Klägerin, dass diese den von H erworbenen Grundbesitz gegen Zahlung eines im Wirtschaftsjahr 2009/2010 fälligen Betrags von ... € aus der Pfandhaft entließ.
Die Klägerin erfasste die von H geleistete Zahlung in ihrer Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 nicht als Betriebseinnahme. Sie vertrat die Auffassung, es handele sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, das nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe.
Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) jedoch zu der Ansicht, der Gewinn der Klägerin sei um die im Wirtschaftsjahr 2009/2010 vereinnahmte Zahlung des H zu erhöhen und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre (2009 und 2010).
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017,
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2009 und 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass anstelle der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesetzt und diese für 2009 und 2010 um jeweils ... € herabgesetzt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Zahlung von ... €, die die Klägerin für die Entlassung des Grundbesitzes aus der Pfandhaft erhalten hat, gewinnerhöhend bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen war.
1. Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen und den Senat daher bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war E Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Betriebsgrundstücke verpachtet waren.
Das FG hat ferner festgestellt, dass E diesen ruhenden, verpachteten Betrieb unter Nießbrauchsvorbehalt auf S übertrug. Die Beteiligten haben auch hiergegen keine Revisionsrügen vorgebracht.
Die Betriebsübertragung erfolgte unentgeltlich. Eine Gegenleistung hatte S nach dem vom FG festgestellten Inhalt des Hof-Überlassungsvertrags nicht zu leisten. Insbesondere stellte die Bewilligung des Nießbrauchs keine Gegenleistung des S als Erwerber dar (s. Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 25. Januar 2017 X R 59/14, BFHE 257, 227, Rz 37, m.w.N.).
2. Die unentgeltliche Übertragung des ruhenden Verpachtungsbetriebs auf S unter Vorbehalt des Nießbrauchs führte bei E nicht zu einer Betriebsaufgabe.
a) Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unentgeltlich (im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) übertragen, so liegt weder eine Entnahme noch eine Betriebsaufgabe vor. Der Betrieb wird vielmehr steuerrechtlich unverändert durch den Rechtsnachfolger fortgeführt (BFH-Urteil vom 26. Februar 1987 IV R 325/84, BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772, unter 1., m.w.N.). Der Rechtsnachfolger ist an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG). Auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb kann Übertragungsgegenstand i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG sein (BFH-Urteil in BFHE 257, 227, Rz 39, m.w.N.).
b) Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hat die Bestellung eines Nießbrauchs nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (des Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers (z.B. Senatsurteil vom 23. Oktober 2018 VI R 5/17, BFHE 262, 425, Rz 31; BFH-Urteil vom 7. April 2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016,
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Soweit der X. Senat des BFH für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb eine abweichende Auffassung vertritt (BFH-Urteil in BFHE 257, 227), hat der Senat erhebliche Bedenken, ob er sich dem anschließen könnte. Dies kann hier jedoch dahinstehen. Denn die Rechtsprechung des X. Senats führt im Streitfall zu keinem abweichenden Ergebnis. Der X. Senat geht nämlich ebenfalls davon aus, dass die Betriebsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt —auch bei einem Verpachtungsbetrieb— keine Aufgabe des Betriebs des vormaligen Eigentümers und nunmehrigen Nießbrauchsberechtigten auslöst (BFH-Urteil in BFHE 257, 227, Rz 40,
c) Die Rechtsprechung des IV. und des erkennenden Senats zur (unentgeltlichen) Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs ist auch bei der Übertragung eines Verpachtungsbetriebs anwendbar. Es ist insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein ruhender Betrieb übertragen wird. Eine Zwangsbetriebsaufgabe tritt auch bei Übertragung eines Verpachtungsbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt nicht ein.
aa) Der Steuerpflichtige hat nach ständiger Rechtsprechung im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder (ob und wie lange er) das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will (grundlegend Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963
bb) Diese Grundsätze der Betriebsverpachtung sind auch bei unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragenen ruhenden Verpachtungsbetrieben anwendbar. Entsprechend hat der IV. Senat des BFH anerkannt, dass die Hofübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch und gleichzeitiger Verpachtung des Betriebs an den Hofnachfolger (sog. Rheinische Hofübergabe) den Betriebsverpachtungsgrundsätzen unterliegt (BFH-Urteil vom 24. Februar 2005 IV R 28/00, BFH/NV 2005, 1062, unter II.1., m.w.N.). Für die Verpachtung des Betriebs an Dritte gilt nichts anderes. Denn für die Möglichkeit der Wiederaufnahme der aktiven Bewirtschaftung des ruhenden Betriebs, die für die Einräumung des Wahlrechts zur Betriebsaufgabe entscheidend ist, ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Verpachtung an den neuen Eigentümer und Hofnachfolger oder an Dritte erfolgt. Wie bereits unter II.2.b dargelegt, hat die Bestellung des Nießbrauchs an einem aktiv bewirtschafteten Betrieb grundsätzlich zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, ein ruhender in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (und Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender in der Hand des Nießbrauchsberechtigten. Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem verpachteten Betrieb führt zwar dazu, dass drei Betriebe entstehen, ein ruhender in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (und Nießbrauchsverpflichteten) sowie ein ruhender in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers und ein wirtschaftender in der Hand des Pächters. Diese Dreiteilung zwingt aber nicht zu der Annahme, dass der bisherige Betriebsinhaber dadurch seinen ruhenden Verpachtungsbetrieb zwangsweise aufgegeben hat. Der BFH hat eine Betriebsaufgabe bei der Bestellung eines Nießbrauchs im Rahmen der Generationennachfolge an einem aktiv bewirtschafteten Eigentumsbetrieb verneint, weil er von einer lediglich vorübergehenden Aufspaltung des Betriebs in einen ruhenden und einen wirtschaftenden ausgegangen ist, der sich mit dem späteren Wegfall des Nießbrauchs in der Person des Rechtsnachfolgers wiedervereinigt. Beide Vorgänge hat er dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG unterstellt (BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016,
cc) Die in der Literatur gegen die Rechtsprechung zur Hofübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch bei gleichzeitiger Verpachtung des Betriebs erhobenen Bedenken (z.B. Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 253; ablehnend auch FG Köln, Urteil vom 23. August 1990
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772 nichts anderes. Soweit der BFH dort —und in weiteren Urteilen— von dem wirtschaftenden Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und vormaligen Eigentümers gesprochen hat, beziehen sich diese Ausführungen ersichtlich auf den Regelfall der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt, bei dem der Nießbraucher die (aktive) Bewirtschaftung des Hofs fortsetzt. Ein solcher Sachverhalt lag auch dem BFH-Urteil in BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772 zugrunde. Jenes Urteil betraf somit nicht den hier vorliegenden Fall einer Betriebsverpachtung durch den Nießbrauchsberechtigten. Demzufolge hat sich der BFH zu einer solchen Konstellation in seinem Urteil in BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772 auch nicht verhalten.
Das BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 95/87 (BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863) führt für den hier zu beurteilenden Fall der unentgeltlichen Betriebsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Zwar erzielt der Erwerber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, der nur das Eigentum erwirbt, aber zu keinem Zeitpunkt als Land- und Forstwirt tätig wird, im Fall der sofortigen Verpachtung des erworbenen Betriebs nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (ebenso Senatsurteil vom 29. März 2017
3. Da weder E noch S die Aufgabe des Verpachtungsbetriebs erklärt haben, ging dieser mit dem Tod des E im Jahr 2006 unentgeltlich auf die Klägerin über.
a) Zwar erlosch der Nießbrauch des E gemäß § 1061 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit dessen Tod. Gleichzeitig erstarkte aber der aufschiebend bedingte Nießbrauch der Klägerin, den sich E in dem Hof-Überlassungsvertrag ebenfalls vorbehalten und der Klägerin unentgeltlich zugewandt hatte, zum Vollrecht.
Zum (notwendigen) Betriebsvermögen des hiernach (fortbestehenden) land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs der Klägerin gehörte insbesondere der ihr von E zugewandte Nießbrauch. Denn die Klägerin konnte den auf sie unentgeltlich übergegangenen Verpachtungsbetrieb nur aufgrund des ihr zugewandten Nießbrauchs betreiben (s. BFH-Urteile vom 4. November 1980 VIII R 55/77, BFHE 132,
b) Die Klägerin konnte in ihrer Bilanz für das Nießbrauchsrecht jedoch keinen Wert ansetzen. Sie trat, was die Nutzung des Betriebsvermögens zur Einkunftserzielung betraf, wie ein Rechtsnachfolger an die Stelle des die Nutzungsberechtigung Überlassenden. Der in § 6 Abs. 3 EStG zum Ausdruck gebrachte Grundsatz findet auch auf die unentgeltliche Übertragung des Rechts zur Nutzung eines Betriebs in der Form der Bestellung eines dinglichen Nießbrauchs am Unternehmen entsprechende Anwendung (BFH-Urteile in BFHE 132,
c) Schließlich ist der Verpachtungsbetrieb von S auch nicht durch die Veräußerung der Hofstelle an einen Dritten aufgegeben worden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 8. März 2007
4. Nach alledem war die Zahlung für die (teilweise) Ablösung des zum (notwendigen) Betriebsvermögen der Klägerin gehörenden (Zuwendungs-)Nießbrauchs in Höhe von ... € im Wirtschaftsjahr 2009/2010 betrieblich veranlasst. Sie erhöhte folglich das land- und forstwirtschaftliche Betriebsvermögen der Klägerin. Da die Klägerin für den Nießbrauch in ihrer Bilanz keinen Buchwert ansetzen konnte, war wegen der Entlassung des verkauften Grundbesitzes aus der Pfandhaft andererseits keine Betriebsvermögensminderung eingetreten.
Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass der Gewinn der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 um ... € zu erhöhen war und ihre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Streitjahre deshalb um jeweils ... € höher angesetzt werden mussten.